Wat ne coole Socke, der Berliner!

Pal Dardai sah einen überzeugenden Sieg seiner Hertha über Schalke
© Getty

Die Hertha siegt am 26. Spieltag auch gegen FC Schalke 04 und festigt Platz drei. Es scheint langsam aber sicher Richtung Europa zu gehen, auch wenn Trainer Pal Dardai nicht will.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Gerade mit Hinblick auf die letzte Saison", leitete der verletzte Sebastian Langkamp in der Halbzeitpause bei Sky seine folgenden Worte zur Saison der Hertha ein. Der Innenverteidiger konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er an das letzte Jahr zurückdachte.

Vor wenigen Monaten, gar nicht so lange ist es her, da stand die Hertha mittendrin im Feuer. Auf Platz 15 schlossen Pal Dardai und Co. die Tore der Saison ab, mit einer langen Durststrecke wäre es beinahe noch tiefer gegangen. Letztlich profitierte man vom Unvermögen der Gegner, Freiburg ließ am letzten Spieltag entscheidende Punkte liegen.

Wer mit der Hertha nicht viel anfangen kann, der mag ihr das nun auch wieder vorwerfen. Der schlechteste Tabellendritte ist das Team aus der deutschen Hauptstadt seit Einführung der Drei-Punkte-Regel, gerade mal 42 Zähler sind es auf dem Konto. Beziehungsweise nun 45 Zähler. Und damit immerhin vier Punkte Vorsprung auf die Verfolger aus Gelsenkirchen oder Mainz (sogar 5).

Hertha überzeugt spielerisch

Doch wer das Spiel gegen Schalke gesehen hat, der muss doch einräumen: So ganz unverdient und nur aufgrund von schwächelnden Wolfsburgs, Gladbachs und Schalkes steht Hertha nicht dort, wo sie steht. Die Hertha hat sich das erarbeitet, jeder Tropfen Schweiß, den Dardai eingefordert hat, hat sich ausgezahlt.

Die Spielanlage der Berliner war nach der 0:2-Pleite gegen Hamburg wieder geschmiert wie im restlichen Verlauf der Saison. Während Schalke sich abmühte und doch keine Ideen gegen das engmaschige Hertha-Netz fand, kombinierten sich die Gastgeber Zug um Zug nach vorne, tiefer in die königsblaue Hälfte hinein.

Während Schalke sich abstrampelte, zu Chancen zu kommen, überzeugte die Dardai-Elf mit kreativen Positionswechseln, beweglichen Offensivspielern, gut abgestimmten Läufen hinter die Verteidigung und einer Spielfreude, wie sie Breitenreiter wohl derzeit eine Hand und einen Fuß wert wäre.

Bloß nicht über Europa reden

"Keine Fragen zu Champions League oder Europa League", keifte Dardai noch vor dem Spiel, im Anschluss hatte sich die Anspannung offenbar gelegt: "Hertha ist eine gute Mannschaft, wenn der heilige Rasen, dieser Teppich liegt", freute er sich über den guten Zustand des Rasens im Olympiastadion, der die Kombinationen erst ermöglicht hätte.

Ein Seitenhieb Richtung HSV, die ihre Gäste am vergangenen Wochenende nicht auf Rosen gebettet hatten. Doch die Hertha ist nicht nur gut, wenn man ihr einen roten Teppich ausrollt. Die Hertha kann auch Arbeit, das hat sie in dieser Saison zur Genüge unter Beweis gestellt.

Bleibt die Frage, wohin dieser Weg eigentlich führt, den das Team eingeschlagen hat. "Unser Gegner hat den Anspruch, Champions League zu spielen. Unser Anspruch ist ein anderer", hatte Dardai noch vor dem Spiel auf die Bremse getreten. Neun Spieltage vor Schluss wird er sich nicht mehr lange wehren können.

Ränge bleiben oft leer

Während der Trainer davon redet, den Rest "zu genießen" und zu "sehen, was für ein Platz rausspringt", hat das Team ganz offenbar doch Lust auf Europa. Warum auch nicht? Die Hymne der Champions League - und wenn es letztlich doch nur die Europa League wäre - könnte für die Berliner endlich ein Zeichen sein: Im Olympiastadion, da geht was ab.

Die Fußballwelt im Netz auf einen Blick - Jetzt auf LigaInsider checken!

Auch gegen Schalke blieben wieder zahlreiche Blöcke leer. Das Olympiastadion hat Platz für fast 75.000, das muss natürlich auch erst einmal gefüllt werden. Und doch ist die Hauptstadt nicht der größte Fußball-Fan, so scheint es. Gründe mag es dafür viele geben, etwa die Konkurrenz durch Alba Berlin und die Eisbären. Als eine Stadt der Einwanderer werden auch viele, viele Berliner lieber vor dem Fernseher sitzen und mit ihren Heimatteams mitfiebern.

Erinnerungen werden wach an die Saison 08/09. Damals begeisterte man mit Trainer Lucien Favre die Liga, Andriy Voronin, Marko Pantelic und Cicero ballerten die Hertha auf Rang vier.

Die Ränge füllten sich langsam, aber beständig, bis im Saisonendspurt doch eine Hauptstadt und nicht nur eine Stadt hinter dem Team stand. 74.244 Zuschauer - ausverkauft - waren es beim letzten Heimspiel gegen Schalke - damals das Duell Dritter gegen Achter.

"Schauen, was rauskommt"

Schöne Erinnerungen sind es an alte Zeiten, die dennoch auch als Mahnung verstanden werden können. 2009 gingen wichtige Spieler, die Dreifachbelastung traf das Team hart. Neuzugänge fanden nicht den Weg ins Team, der zuvor so gefeierte Trainer Lucien Favre packte im September seine sieben Sachen.

Letztlich stieg die Hertha ab. Womit man wieder bei Dardai wäre, der sagt: "Das Ziel Klassenerhalt ist erreicht. Der Rest ist egal. Wir arbeiten weiter und schauen was rauskommt." Es sind schöne Tage für die Hertha, die man tatsächlich einfach genießen sollte.

Doch während Team und Trainer sich, zumindest kurz, zurücklehnen können, haben andere gerade jetzt viel Arbeit vor sich. Die Hertha wird sich Transferanfragen erwehren müssen, wird Spielern (finanzielle) Perspektive und vollere Ränge aufzeigen müssen. Fraglich, ob das klappt. Aber bis dahin sollte man es vielleicht einfach mit Dardai halten. Denn der ist einfach 'ne coole Socke.

Hertha - Schalke: Daten zum Spiel