Zurück im Land der Zeitlosen

Mario Götze feierte gegen Werder Bremen sein Comeback beim FC Bayern
© Getty

Mario Götze feiert beim 5:0-Erfolg des FC Bayern über Werder Bremen nach langer Verletzungspause sein Comeback. Hinter der freudigen Fassade türmen sich aber bereits wieder erste Wolken auf. Der Faktor Zeit spielt eine wichtige Rolle - und kommt dem WM-Helden nicht zugute.

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"Wir brauchen Torschützen wie Thomas Müller oder Robert Lewandowski. Wir brauchen die Eins-gegen-eins-Situationen von Coman, Ribery, Robben oder Costa. Das ist wichtig für unsere Offensive", lautete Pep Guardiolas Fazit nach dem Sieg über Werder, was gleichzeitig auch sein Ausblick auf das wichtige Champions-League-Spiel gegen Juventus am Mittwoch war.

Bayerns Coach wird Mario Götze nicht bewusst aus seiner Auflistung herausgelassen haben - jedenfalls nicht, um damit indirekt ein Statement über die Wichtigkeit des deutschen WM-Helden im aktuellen Bayern-Kader abzugeben.

Genau das tat er damit jedoch unbewusst. Er machte klar: Im temporeichen Ballbesitzspiel des Katalanen ist Götze zur Zeit außen vor. Das hatten schon die vergangenen Wochen klar gemacht, in denen der 23-Jährige trotz Fitness keine Minute Einsatzzeit erhalten hatte. Das machte auch das Spiel gegen Werder klar - in vielerlei Hinsicht.

Betrübte Freude

Dabei war der 5:0-Sieg der Bayern für Mario Götze in erster Linie positiv konnotiert. Nach gut vier Monaten Verletzungspause feierte der Offensivmann sein lang ersehntes Comeback. Er durfte endlich wieder Fußball spielen und - zumindest für fast 54 Minuten - die Verletzungs- und Alltags-Sorgen vergessen.

Alle beim FCB waren gewillt, dem Rückkehrer ein Gefühl der Unterstützung zu vermitteln: "Er macht einen sehr, sehr guten Eindruck, nachdem er lange verletzt war. Mario war vor der Zwangspause in einer tollen Verfassung - und das ist er jetzt auch wieder. Ich denke, es ist für jeden Spieler schön, auf dem Platz zu stehen. Das tut einem gut", sagte Philipp Lahm etwa.

"Gerade nach so einer langen Zeit bin ich glücklich, dass ich wieder spielen konnte. Dass wir gewonnen haben, ist umso schöner. Für mich ist aber einfach wichtig, dass meine Verletzung gehalten hat und ich auf einem guten Niveau bin. Das ist für mich das alles Entscheidende", äußerte sich Götze selbst. Man kaufte ihm seine Worte ab und doch wirkte der lange als größtes Talent Deutschlands betitelte Kicker irgendwie auch betrübt.

Mittwoch wohl wieder auf der Bank

Grund dafür war vor allem sein Auftreten auf dem Platz. Götze lieferte keinesfalls eine Leistung, für die man sich schämen müsste. Da gab es schon einige, die sich beim Comeback nach so langer Zeit deutlich schwerer taten. Und doch fehlte Götze im FCB-Spiel jegliche Bindung. Bis zu seiner Auswechslung kam er gerade einmal auf 48 Ballaktionen - als zentraler Spieler in Bayerns Offensiv-Dreierreihe hinter Thomas Müller. Immerhin: Zweimal suchte er den Abschluss, beide male blieb ihm der Treffer nur knapp verwehrt.

"Es ist nicht einfach für ihn, nach vier Monaten Verletzungspause wieder reinzufinden und ein hohes Niveau zu spielen", nahm ihn Guardiola etwas in Schutz. Doch auch Götze selbst merkte: Vom Stammplatz ist er noch deutlich weiter weg als gehofft.

"Alle sind bereit für Juventus", schob Guardiola zwar hinterher. Dass Götze am Mittwoch mit großer Wahrscheinlichkeit aber nicht zur Startformation in der Allianz Arena gehören wird, musste der Trainer nicht explizit verraten. Daran änderte auch Götzes eigener Versuch, zumindest noch ein wenig Spannung aufrechtzuerhalten, nichts: "Die Aufstellung kenne ich noch nicht, das wird sich herausstellen", so der 23-Jährige.

Die Zeit spielt gegen Götze

"Viele Leute verstehen nicht, wie schwer es ist, auf engstem Raum ein Angriffsspiel aufzuziehen", erklärte Guardiola unterdessen. Indirekt brachte er damit auch seine Alternativlosigkeit zum Ausdruck: In verhältnismäßig leichten Spielen kann er einen rekonvaleszenten Götze problemlos aufbieten - in den großen und wirklich wichtigen Partien braucht er aber Spieler, die voll belastbar sind und sich nahtlos einreihen. Götze gehört aktuell nicht dazu.

Und genau diese Spiele warten in den kommenden Wochen in einer deutlich höheren Frequenz auf den Rekordmeister. Zeit ist ein wichtiger Faktor. Doch er spielt im Saison-Schlussspurt gegen Mario Götze - und nimmt ihm damit die Möglichkeit, schnell wieder "der Alte" zu werden.

"Natürlich braucht er Zeit. Wir haben in der Halbzeit gesprochen, dass er noch zehn, fünfzehn Minuten Spielzeit bekommen würde", verriet Guardiola bezüglich Götzes Auswechslung in der 54. Minute. Das frühe Vom-Platz-Nehmen soll zwar auch einer leichten Ellenbogen-Blessur geschuldet gewesen sein, vor allem gibt diese Auswechslung aber preis, wo Götze in seiner dritten Saison beim FC Bayern wirklich steht.

Zurück im Land der Zeitlosen

"Es ist schwierig, zu beziffern, wo ich genau stehe. Ich hatte eine lange Reha. Das war keine leichte Zeit mit einer sehr schwerwiegenden Verletzung. Was Spielrhythmus betrifft, würde ich sagen, dass ich vielleicht bei 80 oder 90 Prozent bin. Das kommt mit den Spielen wieder", versuchte Götze, seinen eigenen Stand selbst irgendwie einzuordnen.

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Bezüglich seiner Position attestierte ihm Guardiola immerhin eine ordentliche Leistung: "Er hat korrekt gespielt. Was ich an Mario am liebsten mag, ist, dass er immer in der richtigen Position steht, wenn er den Ball bekommt. Keine Bewegung von Mario Götze ist unangebracht. Wenn er sich zwischen den Linien bewegt, ist er besonders. Er hilft dadurch anderen Spielern zu mehr Ballbesitz." Es war eine nette Umschreibung des Trainers, sollte aber eigentlich ausdrücken: Glanzmomente hatte er keine.

Götze braucht in den kommenden Wochen jede Minute Spielpraxis, die er bekommen kann. Und er muss sie mit Einstellung und Leistung quittieren, wenn er in dieser Saison noch einmal auf den Zug der Big Moments aufsteigen möchte.

Das Zeug dazu hat er, der Zeitpunkt ist nur mal wieder nicht der beste. Und die Illusion, dass sich mit der Zeit alles von selbst richten wird, will man Götze beim FCB nicht mehr machen: "Es ist schwer, zu Einsatzzeiten zu kommen, wenn man den Rhythmus noch nicht hat", sagte Lahm deutlich. Willkommen zurück, Mario Götze.

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