Es brennt lichterloh

Beim Hessen-Derby sorgten einige Eintracht-Anhänger für einen Eklat
© Getty

Die Talfahrt von Eintracht Frankfurt geht ungebremst weiter. Nach der zweiten Derby-Niederlage binnen einer Woche sind die Hessen nicht nur tabellarisch am Rande des Abgrunds. Die Stimmung ist im Keller, Besserung nicht in Sicht - ganz im Gegenteil.

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"Das... ähm...", holte Armin Veh kurz Luft, lächelte gequält ins Nirgendwo - und gab bei Sky schließlich zu Protokoll, dass es nicht die einfachste Aufgabe werde, kommende Woche gegen Borussia Dortmund zu bestehen. Geschweige denn, Punkte zu holen.

Derselbe Armin Veh, der vor der Saison "ein bisschen" von Europa träumen wollte, war nach der Derby-Niederlage gegen Underdog Darmstadt schon direkt nach Abpfiff mit dem Gedanken bei den Dingen, die da erst noch auf seine Eintracht zukommen werden. Und die nicht gerade rosig aussehen für die Adler.

"Wir haben eine schwere Krise", versuchte Veh die, nunja, schwere Krise, der Hessen gar nicht erst schön zu reden. Zwei Derby-Pleiten binnen einer Woche, den übermächtigen BVB vor der Brust, selbst keine Zuversicht, keine Erfolgserlebnisse, kein Personal. Die Wolken hängen dunkel über der Mainmetropole.

Die Euphorie ist lange weg

Die Euphorie, die ist am Main schon lange verflogen. Mit dem Traum Europa startete man in Frankfurt in die Spielzeit, nach einem mickrigen Sieg in den vergangenen zwölf Pflichtspielen - darunter auch das peinliche Aus im Pokal bei Drittligist Aue - ist es akuter Abstiegskampf, mit dem man herumschlagen muss.

Die Ernüchterung ist dementsprechend groß. Und Platz 13 nicht befriedigend. Der Mittlerweile nur noch ein Punkt kleine Vorsprung auf den Relegationsrang lässt im Lager der SGE die Alarmglocken schrillen.

In Frankfurt hat man sich bereits eingestanden, den Kader überschätzt zu haben. Trotz der zusätzlichen Millionen für den Kader, vom Coach vor der Saison als großer Pluspunkt des abermaligen Engagement ausgelobt, kündigte Heribert Bruchhagen direkt nach dem Spiel Wintertransfers an. Es fehlt am Fußballerischen, an Kreativität und Überraschungsmomenten. Es fehlt ein Alex Meier, der nach langer Verletzung seine Topform sucht. Es fehlt das Glück, das wichtige Neuzugänge wie Luc Castaignos verletzungsfrei bleiben. Es fehlt derzeit zu viel.

Viel Wille, keine Leistung

Auch an Erfolgserlebnissen, an die man sich klammern könnte, um Selbstvertrauen aufzubauen. Was die Eintracht an Fußball vermissen lässt, bringt sie auch in Sachen Mentalität nicht auf den Platz. Es gäbe "viele willige Spieler", sagt der Coach, die unter dem Druck der aktuellen Krise ihre Lösungsansätze aber nicht auf den Rasen bringen könnten.

"Wir haben kein Trainerproblem, wir haben ein Kopfproblem", sagte ein konsternierter Präsident Peter Fischer nach Abpfiff gegen Darmstadt. "Das ist verheerend, wir haben einfach enttäuscht", zeichnete Bastian Oczipka ein erschreckendes Bild der Frankfurter Psyche. Vor allem angesichts der Tatsachen, dass es sich um ein Derby handelte, bei dem mehr als 51.000 Zuschauer in der ausverkauften Arena eine irrsinnige Choreographie auf die Beine stellten. Am Ende bleibt kein fulminanter Derby-Auftritt, sondern, so Veh, eine "unheimlich bittere Niederlage".

"Wir sind hochgradig gefährdet"

Ein Niederlage, die auch am Vorstandsvorsitzenden Bruchhagen nicht spurlos vorbei gegangen ist. Der große Macher hinter der Eintracht, für den am Ende der Spielzeit nach 13 Jahren am Main Schluss sein wird - für ihn droht es den GAU zum Abschied zu geben. "So, wie wir gerade spielen", sagte er nach Abpfiff sichtlich angeschlagen, "sind wir hochgradig gefährdet."

Doch regte sich beim Eintracht-Boss, der die Adler auch durch dunkle Zeiten leitete, zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer. Im Misserfolg würde sich erst die wahre Qualität eines Vereins und seines Umfelds zeigen. "Wir haben im Abstiegskampf gelernt, Ruhe zu bewahren und zu analysieren."

Ruhe bewahren. Ein schwieriges Unterfangen in Frankfurt, das sich neben der sportlichen Krise auch weiterhin mit dem Nebenkriegsschauplatz seiner Fans herumplagen muss. Gegen Darmstadt zündeten Chaoten Fahnen und Banner des Gegners an, nach den 90 Minuten stürmten vermummte den Platz und redeten aggressiv auf die Spieler ein. "Wenn wir aus der Krise kommen wollen", sagte Bruchhagen nach Worten der harschen Kritik am Verhalten der Anhänger, "braucht es auch vernünftige Fans".

Keine Trainerdiskussion

Und am besten ein paar Punkte, um nicht in der roten Zone überwintern zu müssen. Gegen den BVB rechnet sich jedoch nicht einmal der Trainer Großes aus. Vielmehr geht schon jetzt die Angst vor einer bösen Abreibung um, zumal mit Carlos Zambrano, Marco Russ und Marc Stendera drei nicht unbedeutende Akteure gelbgesperrt zusehen müssen. Ob es für David Abraham, über dessen Adduktorenprobleme es am Montag genauere Auskunft geben soll, reicht, steht in den Sternen.

Eine Trainerdiskussion wird bei den Hessen aber nicht geführt. Das stellten nicht nur Fischer und Bruchhagen klar. Auch Veh selbst beteuerte, weiterzumachen. Und seinen Wunsch, die Eintracht wieder in ruhigere Fahrwasser zu führen. Wäre das nicht so, "wäre ich hier fehl am Platz".

Eintracht Frankfurt - Darmstadt: Daten zum Spiel