Plan B ist keine Lösung

Thiago Alcantara wird nach seinem Comeback von seinen Mitspielern beglückwünscht
© getty

Der FC Bayern beweist beim 1:0-Sieg in Dortmund, dass er unter Trainer Pep Guardiola sehr wohl mit einem alternativen Plan erfolgreich sein kann. Auch dank Robert Lewandowski. Eine Methode auf Dauer ist die defensive Ausrichtung aber nicht. Dafür lässt die Rückkehr von Thiago die Herzen aller höher schlagen.

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Pep Guardiola hat es am Samstag nicht gesagt. Er hat darauf verzichtet, seinen Lieblingssatz herunterzubeten, seitdem er in Deutschland ist. "Wir müssen die Konter kontrollieren", hat der Spanier als Schlüssel für den Erfolg seiner Mannschaft definiert.

Gegen Borussia Mönchengladbach vor zwei Wochen war das nach der Auftaktniederlage in Wolfsburg zum zweiten Mal in der Rückrunde nicht gelungen. Die Partie beim BVB war also auch ein Test für den Trainer und sein System. Nach den 90 Minuten musste der Trainer dann auch nicht noch einmal extra auf sein Leitmotiv hinweisen. Das Spiel zuvor war aufschlussreich genug.

Zum einen war ja schon spätestens seit dem Pokalfinale im Mai 2014 klar, wie viel Respekt Guardiola vor der "besten Kontermannschaft der Welt" hat und zweitens spielten die Bayern so defensiv und tief wie noch nie unter Guardiola, so dass dem BVB eigentlich kein Raum zum Kontern blieb.

Guardiola: "Ich würde gerne anders spielen"

Aber klar ist auch, dass diese Herangehensweise nicht nur ein taktischer Schachzug des Tüftlers Guardiola war, sondern auch der Verletzungsmisere geschuldet. Mit Arjen Robben, Franck Ribery und David Alaba musste er gleich auf drei offensivstarke und schnelle Spieler verzichten.

Guardiola sagte deshalb Sätze wie: "Ich würde gerne anders spielen, als wir heute gespielt haben. Aber ich muss natürlich so spielen, wie sich die Mannschaft aufstellt." Neben dem dynamischen Trio standen auch noch Holger Badstuber und Javi Martinez nicht zur Verfügung.

Guardiola entschied sich für ein eher defensives 5-3-2-System. Aus einer kompakten Defensive mit wenigen Stationen nach vorne kommen und dabei auch viele lange Bälle spielen, ist eigentlich nicht das Spiel der Münchner.

Es ist aber das Spiel, das derzeit am besten gegen den BVB greift. Das haben zuletzt auch der 1. FC Köln und Juventus Turin bewiesen. Guardiola sagte deshalb auch Sätze wie: "In der zweiten Hälfte haben wir sehr gut verteidigt, wir haben dagegengehalten, wir waren ein gutes Team."

Am liebsten 1000 Dantes

Weiter gratulierte er seiner Mannschaft zum Sieg, rühmte den nächsten Schritt Richtung Meisterschaft und widmete den Erfolg Dante, von dem er am liebsten gleich 1000 in seiner Mannschaft hätte.

Abgesehen davon, dass das sogar das Personalbudget der Münchner sprengen würde, darf man dem Spanier unterstellen, dass er da ein wenig geflunkert hat. Dante ist ein hervorragender Teamplayer, keiner, der sofort auf die Barrikaden geht, wenn er nicht spielt. Und Dante hat in dieser Saison in vielen wichtigen Spielen nicht gespielt.

Viel zu wenig Ballbesitz

Aber Guardiola liebt bekanntlich Mittelfeldspieler, klein und wendig, technisch stark und schnell im Kopf. So wie Philipp Lahm, der erstmals nach 147 Tagen wieder in der Startelf stand, oder Thiago Alcantara, der erstmals nach 371 Tagen wieder in einem Pflichtspiel eingesetzt wurde.

Deshalb kam Guardiola bei aller Freude zu dem Schluss: "Wir haben nicht gut gespielt."

Sein Schüler Lahm zog ein ähnliches Fazit: "Wir haben gut verteidigt, aber viel zu wenig Ballbesitz gehabt, das haben wir nicht gut gemacht." Es sei unangenehm gewesen, so lange dem Ball hinterherzulaufen. Ein Gefühl, dass normalerweise die Gegner der Münchner kennen.

Lewandowski: Der Plan-B-Spieler

Immerhin haben die Münchner mit diesem Spiel erstmal alle Diskussionen über einen angeblich fehlenden Plan B aus der Welt geschafft. Plan B ist da und er greift. Es war auch deutlich zu sehen, dass Robert Lewandowski, vor der Saison noch beim Gegner aktiv, mit dieser Art Fußball bestens vertraut ist und dafür der optimale Spieler.

Seine körperliche Präsenz, seine Arbeit mit dem Rücken zum Tor und seine Ballverarbeitung unter Bedrängnis waren grundlegend für die Offensivaktionen der Bayern. Es war sozusagen das erste Lewandowski-Spiel beim FC Bayern.

Im DFB-Pokal am Dienstag gegen Bayer Leverkusen könnte es ein weiteres geben, aber dann? Geht es nach den Chefstrategen der Bayern, verschwindet Plan B ganz schnell wieder in der Schublade. Die defensive Ausrichtung ist in der Liga gegen andere Mannschaften nicht durchzuziehen und auch in der Champions League gegen den FC Porto nicht zu erwarten.

Die Symbiose muss warten

Sie ist auch nicht der Anspruch der Bayern. Der Rekordmeister will dominieren, weit vom Tor weg verteidigen und sich viele Chancen erspielen. Mit diesem Auftrag ist Guardiola nach München geholt worden. Er ist davon überzeugt, dass das offensive, dominante Spiel auf Dauer eher zum Erfolg führt, als das defensive, passive wie aus dem Dortmund-Spiel.

Guardiola ging deshalb das Herz auf, als seine Mannschaft vergangene Saison im Halbfinale der Königsklasse ins Bernabeu fuhr und Real Madrid beherrschte - nur das Ergebnis passte nicht zum Spiel.

Die totale Symbiose von dominantem und erfolgreichem Spiel hat er sich deshalb in dieser Saison als Ziel gesetzt. Aufgrund der angespannten Personalsituation muss er aber wieder einen Umweg gehen. Plan B ist dabei keine Lösung, sondern in speziellen Momenten ein Mittel zum Zweck.

Thiago mit Tränen in den Augen

Umso freudiger nahmen die Münchner deshalb das Comeback von Thiago wahr. Der 23-Jährige spielt in Guardiolas Planungen eine entscheidende Rolle. Die Einwechslung in Dortmund war ein erster Schritt auf dem langen Weg zurück. Es bleibt abzuwarten, wann er wieder in der Startelf stehen wird und ob er sein vorheriges Niveau noch in dieser Saison erreichen kann.

An diesem Abend zählten aber erst einmal die Emotionen. Thiago selbst hatte nach dem Spiel Tränen in den Augen, die Mitspieler feierten seine Rückkehr noch ausgelassen auf dem Spielfeld. "Es war ein sehr emotionaler Moment. Fußball ist nicht nur ein Spiel, Fußball ist das Leben", meinte der Spanier.

Guardiola sagte: "Er hat Pech gehabt, nochmal Pech gehabt und nochmal Pech gehabt. Jetzt ist er wieder da. Das ist eine tolle Nachricht für uns."

Dortmund - Bayern: Die Statistik zum Spiel