Lektion fürs Überleben

Der FC Bayern gewann sein erstes Bundesliga-Heimspiel gegen den BVB seit 2010
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Der Sieg über Borussia Dortmund ist gut fürs Selbstwertgefühl des FC Bayern, aber auch ein Beispiel für die kommenden Wochen und Monate. Pep Guardiola sammelt weiter Argumente, um seine Mannschaft nach seinem Geschmack zu formen.

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Es war kein Lächeln, eher ein kleines Schmunzeln, das Jürgen Klopp übers Gesicht huschte. Mehr Freude oder Amüsement war für den Trainer von Borussia Dortmund nicht drin nach der 1:2-Niederlage beim FC Bayern. Aber in diesem Moment zeichnete sich zumindest ein wohlmeinender Gesichtsausdruck ab, während er seinen Kopf auf den rechten Arm legte und den Ausführungen seines Kollegen zur Linken lauschte.

Pep Guardiola war gerade dabei, seine Erklärungen für die Leistung seiner Mannschaft abzugeben. Es ist dann nicht immer ganz einfach, dem Spanier zu folgen, wenn die Worte wie ein Trommelfeuer aus ihm heraussprudeln - in einem Mix aus Deutsch, Spanisch und Englisch.

Klopp schien zumindest leicht fasziniert von der Art und Weise und möglicherweise auch vom versteckten Inhalt von Guardiolas Ausführungen. Ebenso wie Guardiola im Gegenzug sehr konzentriert und aufmerksam Klopps Einlassungen verfolgte. Der Respekt beider Trainer war im Presskonferenzraum der Allianz Arena deutlich spürbar.

"Spectators" des BVB

Guardiola hatte zwar wie die restlichen Besucher in der Allianz Arena auch eine erste Halbzeit gesehen, in der die Bayern von Beginn an viele Chancen hatten, aber Bayerns Trainer schraubte die offizielle Zuschauerzahl von 71.000 noch etwas in die Höhe, genauer gesagt um elf Personen.

"Spectators" des BVB seien seine Spieler in den ersten 45 Minuten gewesen, viele Fehlpässe und Ballverluste waren die Folge. Er konnte noch nicht hundertprozentig sagen, warum das so gewesen sei, aber er vermutete einen historischen Aspekt, immerhin standen sich beide Teams in den letzten Jahren mehrmals gegenüber und die Spiele liefen doch immer ziemlich ähnlich ab.

Bayern machte das Spiel, Dortmund konterte. "Vielleicht hatten wir Angst vor Ballverlusten und den Kontern des BVB", sagte Guardiola. Schließlich seien die Dortmunder noch immer die beste Mannschaft in dieser Disziplin.

Die Fehlpässe des FC Bayern im Spiel gegen Borussia Dortmund

Guardiola sieht Lektion für sein Team

Auf jeden Fall war Guardiola nicht zufrieden mit der Spielweise seiner Mannschaft - und die steht für den Spanier über allem, das hatte er auf der Pressekonferenz vor dem Spiel einmal mehr recht deutlich unterstrichen. Nur mit vollem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Stärken könne der FC Bayern erfolgreich sein.

"In der zweiten Halbzeit haben wir gespielt, was wir sind", sagte Guardiola und meinte damit ein mutiges Offensivspiel mit großer Leidenschaft und hoher Aggressivität, besonders im Gegenpressing.

"Uns fehlte in der ersten Halbzeit manchmal die Intensität, das darf gegen den BVB nicht passieren. Wir haben nicht aggressiv genug Druck nach vorne gemacht", analysierte Siegtorschütze Arjen Robben stellvertretend für seine Kollegen. Die Aussage zeigt, dass Guardiolas Vorstellungen bei den Spielern ankommen und sie ihm folgen.

Das Auftreten in der ersten Halbzeit war für Guardiola sogar "eine große Lektion für den Rest der Saison". Das negative Denken, die Angst vor Ballverlusten und die Folgen in Form von Kontern müssen seine Spieler ablegen. Besonders in den Spielen gegen die Großen. Die Erlebnisse gegen Dortmund und Real Madrid zum Ende der abgelaufenen Saison sind noch immer präsent.

Ein Spiel mit dem Stempel "Ausgerechnet"

Dass der zurzeit in überragender Form spielende Robben auch in dieser Hinsicht als Musterschüler gelten kann, offenbarte der spielentscheidende Elfmeter. Der Niederländer hätte genug Gründe gehabt, um nicht zum Elfmeter gegen Roman Weidenfeller anzutreten. Die Geschichte hat es in dieser Konstellation nicht immer gut gemeint mit Robben.

Aber Robben denkt, wie es sein Trainer will, in jeglicher Hinsicht nach vorne. Und so konnte man auch nach diesem Tor die alte Reporter-Floskel "ausgerechnet" hervorkramen. Wie schon beim Führungstreffer von Marco Reus, um den sich weiterhin Wechselspekulationen Richtung München halten. Und wie beim Ausgleich von Robert Lewandowski, der ja erst im Sommer das schwarz-gelbe gegen das rot-blaue Trikot getauscht hat.

Ribery bringt zusätzlich Schwung

Am Ende war es ein beispielhafter Abend für die hinzugewonnen Qualitäten des FC Bayern unter Guardiola in dieser Saison. Das Spiel ist von höherer Leidenschaft, mehr Flexibilität und größerer Zielstrebigkeit geprägt.

Wenn dann noch dazu Klasse-Spieler wie Claudio Pizarro oder Franck Ribery in der Endphase von der Bank kommen können, verringert das die Chancen auf erfolgreichen Fußball sicherlich nicht.

Der Franzose spielte nicht wie sonst auf der linken Außenbahn, sondern eher im Zentrum, während Lewandowski nach links auswich. Ribery war es dann auch, der mit zwei Aktionen beide Tore einleitete. "Er hat uns sehr geholfen", sagte Guardiola.

Gut fürs Selbstwertgefühl und die Zukunft

Es war aber auch ein Spiel, das dem Selbstwertgefühl der Bayern sichtlich gut getan hat. Selbst wenn beide Mannschaften mittlerweile 17 Punkte in der Tabelle trennen, halten die Münchner die Schwarz-Gelben nach wie vor für einen gefährlichen Gegner und werden in den direkten Duellen mit dem BVB auch stetig zu Höchstleistungen gezwungen.

In der Liga sollten sich die Bayern dem ärgsten Kontrahenten der letzten Jahre endgültig entledigt haben, aber es gibt ja mit der Champions League und dem DFB-Pokal noch zwei andere Wettbewerbe, in denen es zu Aufeinandertreffen kommen kann. Dort dürfte man sich in K.o.-Spielen keine Schwächephase leisten. Nach den Erlebnissen der ersten Halbzeit wissen die Bayern dann, was zu tun ist.

Bayern - Dortmund: Die Statistik zum Spiel