BVB: Neuer, alter Versuch

Mit diesem Team geht Vizemeister Borussia Dortmund in die Spielzeit 2014/2015
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Vor dem Start der 52. Bundesliga-Saison stellt SPOX alle 18 Klubs vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: Borussia Dortmund.

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Die letzte Spielzeit hielt für den BVB einen wellenförmigen Ablauf parat. Dortmund lag nach elf Spieltagen nur einen Punkt hinter dem FC Bayern. Dann brach eine Verletzungsmisere aus, die es in dieser Form noch nie bei den Schwarzgelben gab und die sich bis in die Endphase der Saison hielt.

Durch den Ausfall mehrerer Leistungsträger verschob sich die Statik im Spiel der Borussia immer mehr. Das Team verlor an Sicherheit, man musste nach oben abreißen lassen.

Trotzdem hielten sich die Westfalen bis zum Viertelfinale in der Champions League und mussten im DFB-Pokalfinale eine Pleite mit bitterem Beigeschmack über sich ergehen lassen.

Zwei Mal nacheinander konnte nun man keine Silberware in den Händen halten. Beide Endspiele in dieser Zeit gingen gegen den sportlichen Erzrivalen aus München verloren, dem man dazu die beiden Meisterschalen überlassen musste.

Die Ernüchterung nach Berlin war im Mai groß, ließ jedoch die Bereitschaft, den Ausgang der kommenden Saison noch ertragreicher als zuletzt zu gestalten, ab Wiederbeginn im Juli anwachsen.

Dortmund unternimmt in der kommenden Saison somit einen neuen, alten Versuch. Die Ziele sind dieselben wie im Vorjahr - am Ende soll für den Supercupsieger jetzt aber schon mal wieder irgendeiner der drei möglichen Titel stehen.

Das ist neu:

Robert Lewandowski hat Dortmund nach vier erfolgreichen Jahren den Rücken gekehrt. Um den Alleinunterhalter im Sturm zu ersetzen, angelte sich der BVB drei unterschiedliche Spielertypen.

Im physisch-spielstarken Ciro Immobile holte man den Torschützenkönig der italienischen Serie A. Adrian Ramos, schnell und kopfballstark, kam von Hertha BSC und kennt sich in den deutschen Ligen bestens aus. Mit Augsburg wurde man sich zudem bei Dong-Won Ji einig, der bislang jedoch vor allem durch ein glänzendes Halbjahr beim FCA auffiel.

Nach zähen Verhandlungen bekam man auch bei Freiburgs Matthias Ginter den Zuschlag. Er erhöht die Kaderbreite vorrangig auf der Position Innenverteidiger und läutet dort so etwas wie die Generation nach Mats Hummels und Neven Subotic ein.

Als Neuzugang geht neben Nuri Sahin, der fest von Real Madrid verpflichtet wurde, auch noch Wintereinkauf Milos Jojic durch. Der Serbe absolvierte nach einem überraschend konstanten halben Jahr nun erstmals eine komplette Vorbereitung beim BVB.

Die kreuzbandgeschädigten Subotic und Jakub Blaszczykowski sind ebenfalls wieder mit an Bord, so dass Coach Jürgen Klopp insgesamt eine größere Manövriermasse zur Verfügung steht.

Die Taktik:

Der BVB hat in den vergangenen Jahren immer einen spielerisch dominanten Kicker verloren. Im Anschluss darin passte das Trainerteam die Spielweise jedes Mal punktuell an.

Nun ist in Lewandowski erstmals der Fixpunkt im Angriff fort, so dass das Spiel im letzten Drittel künftig zwangsläufig ein neues Gesicht erhält.

Klopp zog während der Vorbereitung mehrfach ein 4-4-2 aus dem Hut, das mal flach und mal als Raute interpretiert wurde. Die Variante mit einem Zehner scheint für den Bundesligaauftakt gesetzt zu sein.

Die Neuen Immobile und Ramos dürften zunächst jedoch nicht zusammen auflaufen, zu stark präsentierte sich Pierre-Emerick Aubameyang in den letzten Wochen.

Im Spiel gegen den Ball positionierten sich der Gabuner und sein Nebenmann bislang extrem breit, der Zehner presst dann auf dieselbe Höhe vor.

Auch Henrikh Mkhitaryan ist gut in Form. Aus dem linken Mittelfeldhalbraum kommend bestätigte er den zuvor schon immer mal wieder aufgeblitzten Eindruck, dass er mit seinen Bewegungen Dortmunds Umschaltspiel enorm prägen wird.

Grundsätzlich sind beim BVB unterschiedliche Systemvarianten denkbar, in erster Linie das traditionelle 4-2-3-1. Ganz egal, in welcher Zahlenkombination man auftritt: Ziel ist es, das Spiel noch flexibler und variantenreicher zu machen.

Der Spieler im Fokus:

Ciro Immobile. Alleine die Tatsache, dass der BVB knapp 30 Millionen Euro für zwei Stürmer ausgegeben hat zeigt, dass es nicht den einen Lewandowski-Nachfolger im Kader der Borussen gibt.

Sollte dies irgendjemand nicht verstanden haben, halfen die sportlichen Verantwortlichen auf die Sprünge und erklärten zuletzt Woche für Woche, dass der Abgang des treffsicheren Polen im Verbund aufgefangen werden soll - und dem gehört Immobile an.

Es sollte aber nur wenig verwundern, würde der drittteuerste Transfer der Vereinsgeschichte eine holprige Saison mit vielen Aufs und Abs hinlegen.

Für den Italiener ist momentan noch vieles neu: Land, Sprache, Umfeld - und auf dem Platz die speziellen und intensiven Anforderungen, die es umzusetzen gilt, um für Borussia Dortmund Fußball spielen zu können.

Immobile wird man Zeit einräumen müssen, nicht nur Lewandowski explodierte erst in seinem zweiten Jahr beim BVB. In Ramos und Aubameyang, der zu Beginn seiner zweiten Saison in Schwarzgelb belegt, dass Geduld mit den BVB-Neuzugängen ein guter Ratgeber ist, hat Immobile aber auch zwei direkte Konkurrenten um sich.

Er ist also durchaus sofort aufgefordert, keinen eklatanten Rückstand zu den beiden anwachsen zu lassen. Wenn Immobile nicht den Fehler macht, sich zu sehr unter Druck zu setzen und den Lerneffekt zu schnell erzwingen zu wollen, wird er sich schon während der ersten Saison ans Dortmunder Spiel gewöhnen können. In Mkhitaryan steht ihm diesbezüglich ein geeigneter Gesprächspartner zur Verfügung.

Ciro Immobiles Statistiken der Saison 2013/14

Das Interview:

SPOX: Die Hoffnungen, dass Immobile Robert Lewandowski ersetzen kann, werden hoch sein.

Zorc: Es hängt nicht die komplette Erwartungshaltung an Ciro Immobile. Wir haben immer gesagt, dass wir niemanden holen, der Robert Lewandowski eins zu eins ersetzen soll. Das muss im Verbund geschehen. Darüber hinaus hat sich nach den Abgängen wichtiger Spieler in den letzten Jahren unser Spiel auch immer ein wenig verändert. Das wird wahrscheinlich auch in der kommenden Saison so sein.

SPOX-Interview: BVB-Manager Zorc über Erwartungshaltung und Ablösesummen

Die Prognose:

Im Vorjahr musste der BVB mit Manuel Friedrich sogar einen vertragslosen Spieler zu sich holen, um auf die Verletzungsseuche zu reagieren - und wurde am Ende dennoch souverän Zweiter.

Diese Platzierung ist auch jetzt wieder das Minimalziel. Das Auftaktprogramm ist machbar, um gut in die Saison zu finden und die WM-Nachzügler sowie die Neuzugänge nach und nach zu integrieren.

Für ganz oben wird es aber wohl nur reichen, wenn Dortmund in einer möglichen Bayern-Schwächephase kaum Punkte liegen lässt und konstant bleibt.

Der Kampf um die Meisterschaft wird erneut zwischen diesen beiden Klubs ausgetragen. 2015 wird es spannender zugehen als zuletzt.

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