Irre! Phantom-Tor in Hoffenheim

Von Frank Oschwald
Eindeutig nicht drin! Kießlings Kopfball geht ans Außennetz
© getty

Bayer Leverkusen hat zumindest bis Samstag die Tabellenspitze übernommen. Bei Hoffenheim siegte die Werkself im Freitagsspiel des 9. Spieltags mit 2:1 (1:0). Dabei erzielte Kießling ein Phantom-Tor. Hoffenheim will das Ergebnis juristisch anfechten.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vor 25.000 Zuschauern in der Rhein-Neckar-Arena erzielten zunächst Sam (26.) und Kießling (72.) die Tore für Leverkusen. Schipplock verkürzte in der 88. Minute auf 1:2.

Dabei wurde Fußballgeschichte geschrieben. Kießling köpfte den Ball nach einer Ecke ans Außennetz. Durch ein Loch im Netz, das dem Schiedsrichter-Gespann bei der Kontrolle nicht aufgefallen war, ging der Ball durch und landete so im Tor.

Schiedsrichter Dr. Felix Brych gab den Treffer, trotz heftiger Proteste der Hoffenheimer. Die Bundesliga hat 19 Jahre nach Thomas Helmer das nächste Phantom-Tor.

Hoffenheim hat inzwischen wie angekündigt Einspruch gegen die Spielwertung eingelegt. Das bestätigte der DFB am Samstagnachmittag. Das Sportgericht wird den Einspruch Leverkusen zur Verfügung stellen und in den kommenden Tagen weitere Stellungnahmen des Schiedsrichters Felix Brych, der beiden Klubs und des Kontrollausschusses einholen.

Zudem stehe man in Kontakt mit dem Weltverband FIFA, erklärte der DFB, um die international gültige Rechtsgrundlage zu klären und die verbindlichen Vorgaben der FIFA zu berücksichtigen.

Nachdem der Stadionsprecher das irreguläre Tor nach Abpfiff verkündet hatte, kam es zu Rangeleien zwischen den Spielern und offenbar wüsten Beschimpfungen gegen Kießling.

Reaktionen:

Felix Brych (Schiedsrichter): "Ich hatte kleine Zweifel, aber die Reaktionen der Spieler waren eindeutig. Es gab kein Anzeichen, dass es ein irreguläres Tor sein könnte. Deshalb habe ich Tor gegeben. Ich habe mich mit Stefan Kießling ausgetauscht. Aber niemand, auch er nicht, hat mir gesagt, dass es kein Tor war. Der Ball lag im Netz, für alle auf dem Platz war es ein regulärer Treffer."

Stefan Kießling (Leverkusen): "Es fühlt sich blöd an, man wird hier richtig beleidigt. Ich habe im ersten Moment gedacht, dass der Ball nicht reingeht. Dann kamen alle auf mich zugestürmt. Was soll ich da machen? Ich bin schon ehrlich,wenn ich was sehe, ich kann das nicht richtig beurteilen. Das ist natürlich eine scheiß Situation. Es tut mir leid für alle Sportfans und den Verlauf des Spiels. So zu gewinnen ist natürlich nicht schön. Fairness ist wichtig für den Sport, bei uns im Verein und für mich ganz persönlich."

Markus Gisdol (Trainer Hoffenheim): "Es ist unglaublich viel, was wir dieses Jahr alles wegstecken müssen. Ich stehe total unter dem Eindruck dieses Tores, das keines war. Es ist schon bitter für uns, weil wir ein richtig gutes Spiel gemacht haben. Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung, es ist schwer zu akzeptieren, dass das Spiel so entschieden wird. Es gab ja schon mal diesen Fall, da gab es ein Wiederholungsspiel. Ich denke, das Spiel werden wir noch mal sehen. Alles andere wäre ein Witz. Wir können ja nicht ein Spiel von Bayern München wiederholen und von Hoffenheim nicht."

Sami Hyypiä (Trainer Leverkusen): "Ich habe nach dem Spiel gesehen, dass der Ball neben dem Pfosten war. Während des Spiels habe ich gejubelt, weil ich den Ball im Netz gesehen habe. Natürlich ist es ein bisschen unangenehm, so zu gewinnen. Ich kann da nichts dran machen, der Schiedsrichter fällt die Entscheidungen."

Rudi Völler (Sportchef Leverkusen): "Uns ist das auch sehr unangenehm, so wollen wir nicht gewinnen. Aber auch wir können nichts dafür. Was mich aber überrascht hat, ist, warum die Hoffenheimer nichts gesagt haben. Sie haben so viel Geld für ein tolles Stadion ausgegeben. Sie sollten das nächste Mal mehr in gescheite Netze investieren."

Alexander Rosen (Leiter Profi-Fußball Hoffenheim): "Wir werden definitiv Protest einlegen. Ich habe es von der Tribüne aus gesehen. Die Leverkusener haben ja auch gar nicht gejubelt. Es ist skandalös."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Auf dem Papier startet Hoffenheim mit drei defensiven Mittelfeldspielern (Polanski, Strobl und Salihovic). Süle ersetzt Vestergaard in der Innenverteidigung, Stürmer Modeste kann spielen.

Leverkusen wechselt im Vergleich zum Bayern-Spiel ordentlich durch: Spahic, Donati und der verletzte Bender pausieren, dafür spielen Hilbert, Wollscheid und Castro. Son wird auf dem linken Flügel durch Hegeler ersetzt.

14.: Reinartz passt auf Castro, der will nochmal in die Mitte spielen, wird jedoch geblockt. Den Nachschuss nimmt Sam, Süle ist dazwischen.

19.: Volland mit einem starken Pass in die Spitze auf Modeste. Der Stürmer zieht im Liegen sofort ab, aber Leno fährt das Bein aus und lenkt die Kugel um den Pfosten.

26., 0:1, Sam: Leverkusen führt mit Castro den Ball aus der Abwehr heraus. Sam bekommt 20 Meter vor dem Tor das Leder und zieht in die Mitte. Süle bleibt viel zu passiv, sodass Sam Zeit zum Schießen hat. Rechts unten schlägt's ein.

36.: Bitter für Hoffenheim! Boenisch verliert in der Offensivbewegung blöd den Ball an Beck. Dieser flankt direkt in die Mitte. Firmino legt den Ball mit dem Kopf in die Mitte und Volland vollstreckt. Das Schiedsrichtergespann sah Firmino jedoch im Abseits - falsche Entscheidung.

52.: Schöner Angriff der Hoffenheimer, an dessen Ende Modeste mit einem Kopfball an Leno scheitert. Zuvor hatte Volland Beck auf rechts freigespielt, die Flanke des Rechtsverteidigers findet dann den Stürmer.

58.: Starker Außenristpass von Castro auf Kießling. Der Stürmer ist frei vor Casteels und kommt auch schneller an den Ball. Kießling kann den Ball aber nicht kontrollieren und der Keeper zieht gekonnt zurück.

72., 0:2, Kießling: Ist das irre! Nach einer Ecke von Castro köpft Kießling neben das Tor, durch ein Loch liegt der Ball aber im Tor und Brych zeigt zur Mitte. Die Bundesliga hat das nächste Phantom-Tor!

82.: Elfmeter für die TSG Hoffenheim. Firmino zieht an Hilbert vorbei, der trifft außerhalb den Ball. Das darf niemals ein Elfmeter sein.

83.: Der Wahnsinn geht weiter: Leno hält den Elfmeter von Firmino, im Anschluss landen die verunglückten Bälle von Spahic und Toprak zweimal am Pfosten. Das Pech hält an, auch wenn der Elfmeter ja gar keiner war.

88., 1:2, Schipplock: Herdling flankt, Spahic versucht zu klären, legt den Ball aber genau auf Schipplock und der Stürmer köpft zum Anschlusstreffer ein.

Fazit: Hoffenheim war in der ersten Halbzeit deutlich besser, bekam nach dem Wechsel allerdings kein Zugriff mehr zum Spiel. Bayer nutzte die kleinen Fehler von Hoffenheim eiskalt aus. Das Kießling-Tor führte das Spiel ad absurdum.

Der Star des Spiels: Stefan Reinartz hielt vor allem im zweiten Durchgang den Leverkusener Defensivverbund stark zusammen und sorgte für die nötige Ordnung. War erneut einer der lauf- und zweikampfstärksten Spieler auf dem Feld.

Der Flop des Spiels: Niklas Süle. Der Youngster bekam in der Innenverteidigung überraschend den Vorzug vor Vestergaard, stellte sich jedoch als Unsicherheitsfaktor heraus. Agierte beim 1:0 durch Sam deutlich zu passiv und kloppte zudem den Ball hin und wieder unbedacht aus der Gefahrenzone statt die Situation spielerisch zu lösen.

Der Schiedsrichter: Rabenschwarzer Abend für Felix Brych! Der Schiedsrichter machte drei fürchterliche Fehler und nahm somit enormen Einfluss ins Spiel. Brych erkannte ein reguläres Hoffenheimer Tor (36. Minute) ab, sah nicht, dass Kießlings Kopfball vor dem 2:0 durch ein Loch im Netz ins Tor ging und lag bei der Elfmeterentscheidung für 1899 ebenfalls falsch.

Das fiel auf:

  • Leverkusen war in der Offensive längst nicht so gefährlich wie noch zuletzt. Von den Flügelspielern Sam und Hegeler ging fast gar kein Druck aus. Da beide zudem zu häufig in die Mitte zogen, hing Kießling über weite Strecken des Spiels komplett in der Luft. Im ersten Durchgang kam die Werkself somit eigentlich nur zu einer richtigen Torchance - und die saß.
  • Hoffenheim agierte vor allem im ersten Durchgang aufgrund der massiven Bayer-Defensive oft mit hohen Bällen in die Spitze. Dadurch entstanden zwischen den Reihen große Räume, sodass die Offensive um Modeste, Volland und Firmino oft auf sich alleine gestellt war.
  • Beide Bayer-Innenverteidiger waren bereits nach 23 Minuten nach Fouls mit Gelb vorbelastet. Der eigentliche Plan, Spahic nach der WM-Quali für das CL-Spiel zu schonen, war somit gestorben. Der bosnische Nationalspieler kam zur Pause für Wollscheid.
  • Im zweiten Durchgang kam Leverkusen deutlich besser ins Spiel und formierte bei gegnerischem Ballbesitz drei massive Reihen. Das Umschaltspiel bei Ballgewinn war jedoch viel zu behäbig und unsauber, um gefährlich vor das gegnerische Tor zu kommen.

Hoffenheim - Leverkusen: Die Statistik zum Spiel

Artikel und Videos zum Thema