Über die Kinderkrankheit zum Wunder

Borussia Dortmund scheiterte in Gladbach unterm Strich an sich selbst
© Getty

Borussia Dortmund hat die Borussia aus Mönchengladbach phasenweise an die Wand gespielt - und dennoch das erste Mal in der aktuellen Bundesligasaison verloren. Eine Kinderkrankheit brachte den BVB um die Punkte. Dazu wird's nun personell eng.

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Es hätten zwei Rekorde purzeln können, stattdessen gab es für Borussia Dortmund am Samstagnachmittag in Mönchengladbach ein Jubiläum. Nach der 0:2-Pleite im Borussia-Park blieb der BVB erstmals nach 31 Spielen (November 2012) ohne eigenes Tor und schrammte an der Einstellung des Vereinsrekords vorbei.

Frei nach Aleksandar Ristic ist ohne eigene Bude auch keine 1:0-Führung möglich. Die gelang den Schwarzgelben in den letzten 15 Spielen immer. Die alte Bestmarke des Hamburger SV wurde in der Vorwoche eingestellt - übertroffen wurde sie nun eben nicht. Am Ende eines beinahe über die gesamte Spieldauer dominant geführten Auswärtsspiels steht für Dortmund indes die 500. Niederlage im deutschen Profifußball.

Klopp erstaunt über Dominanz

Dass es überhaupt so weit kam, lag zu weiten Teilen an den Geschehnissen der ersten Halbzeit. Dortmund feuerte 17 Mal auf das gegnerische Tor, das hatte es beim BVB seit 20 Jahren nicht mehr gegeben. Die Westfalen spielten wie zuletzt ein richtig starkes Gegenpressing und zeigten Gladbach die Grenzen auf.

Das erstaunte sogar Trainer Jürgen Klopp: "Das war ein ungewöhnliches Spiel. Wir bereiten uns stets gewissenhaft auf den jeweiligen Gegner vor. Diese Überlegenheit über einen so langen Zeitraum war in keiner unserer Analysen als Möglichkeit zu erkennen."

Nur der oder die überfälligen Treffer blieben aus. Am Ende setzte der angeknockte Gegner den Lucky Punch. Es war nun jedoch nicht so, dass Dortmund wie beispielsweise im Heimspiel gegen Bremen reihenweise hochkarätige Chancen ausließ. Genügend Gelegenheiten, aus denen ein Tor hätte entstehen können, waren allerdings vorhanden. Und haufenweise Spielsituationen, die man cleverer hätte ausspielen müssen.

"Zu wenige klare Chancen"

Dieser Umstand ist so etwas wie die Kinderkrankheit im Dortmunder Spiel: Zwar nicht durchgängig präsent, aber dennoch immer mal wieder aufflackernd. Und besonders dann augenscheinlich, wenn der Gegner tiefstehend verteidigt und dem BVB das Kreieren von Ideen überlässt.

Vermessen wäre es nun, aufgrund dieser recht regelmäßigen Feldüberlegenheiten Kantersieg nach Kantersieg zu erwarten. Dennoch kann sich der BVB mit solchen Partien - wenn sie denn nicht gewonnen werden - tief ins eigene Fleisch schneiden. Nicht nur, was das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag, sondern auch die Konkurrenzfähigkeit betrifft. Durch das Remis des FC Bayern in Leverkusen ist eine größere Wunde noch einmal ausgeblieben.

Was in Gladbach nicht zum ersten Mal fehlte, war die Klarheit beim letzten Pass. "Wir hatten heute dem Ballbesitz entsprechend zu wenige wirklich klare Chancen", sagte Klopp. Dortmund kombinierte phasenweise wie im Handball rund um den gegnerischen Sechzehnmeterraum, verrannte sich dann aber zu häufig.

Dauerthema Standardsituationen

Zu optimistische Dribblings, zu viele unnötige One-Touch-Kombinationen in der Endzone, zu wenig Gier vor dem Kasten - es ist eine Mixtur verschiedener Zutaten, die dem BVB im Weg steht. Auch das Dauerthema Standardsituationen wird in solchen Spielen deutlich. Neun Ecken, 17 Flanken und zahlreiche Freistöße schlug der BVB in den Strafraum des Gegners, richtig gefährlich wurde es eigentlich nie.

"Das war ein Wunder, mit einem 0:0 in die Kabine zu kommen. Wir gewinnen klar unverdient mit 2:0, wenn man beide Halbzeiten sieht. Wir haben gewonnen - das ist nach der ersten Halbzeit fast ein Wunder", rieb sich Gladbachs Coach Lucien Favre nach der Partie die Augen.

Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc analysierte: "Es hat oft am letzten Pass oder am Abschluss gefehlt. Von der Spielanlage, vom Pressing und vom Spielaufbau her hat bei uns eigentlich alles gepasst - bis zum Strafraum."

Pause für Sahin

Die erste Niederlage in der Liga bringt für die Dortmunder weitere ungünstige Begleiterscheinungen mit sich. Neben der Roten Karte für Mats Hummels, die zwei Spiele Sperre nach sich ziehen dürfte, mussten auch Nuri Sahin und Sven Bender angeschlagen das Feld verlassen.

Sahin knickte um und zog sich einen Teilriss des Außenbandes im rechten Sprunggelenk zu. Wie der Klub am Sonntagmorgen mitteilte, wird der 25-Jährige drei Wochen ausfallen.

Bender hat Probleme mit der seit Freiburg lädierten Schulter. Nimmt man die ebenfalls verletzten Sebastian Kehl und Ilkay Gündogan dazu, verfügt die Borussia momentan über keinen topfitten Sechser.

Auch in der Innenverteidigung gibt es Probleme: Der Hummels-Ausfall kollidiert mit der Adduktorenzerrung von Sokratis, die diesen das Gladbach-Spiel kostete. In den Schlussminuten feierte der 19-jährige Koray Günter sein Bundesligadebüt. Aus Dortmunder Sicht gab es wahrhaft schon schlechtere Zeitpunkte für eine zweiwöchige Länderspielpause.

Gladbach - Dortmund: Daten zum Spiel