Pause für die Roboter

Bastian Schweinsteiger grübelt nach der Niederlage gegen den BVB
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Der FC Bayern wartet in der Bundesliga seit der Meisterschaft auf einen Sieg. Die Motivation der Münchner in der Liga scheint dahin. Birgt diese merkwürdige Situation auch eine Gefahr für die Titelchancen in den anderen Wettbewerben?

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Jürgen Klopp mag in manchen Fällen kein guter Verlierer sein. Das muss er auch nicht als ehrgeiziger Trainer einer Spitzenmannschaft. Er ist aber immer ein guter Gewinner. Klopp hat nach Siegen stets positive Worte für den unterlegenen Gegner. Das tut zum einen nicht weh und erhöht die Leistung der eigenen Mannschaft zum anderen noch ein wenig.

Als Klopp am Samstagabend mit Pep Guardiola Podium zur Pressekonferenz in der Allianz Arena betrat, hatte er wieder viel Lob für die Münchner dabei.

"Die beste Mannschaft der Welt" seien die Münchner, außerdem seien Partien gegen den FC Bayern immer das "Spiel des Jahres" für den BVB, was viele Dortmunder mit Blick auf den Rivalen aus Gelsenkirchen vielleicht etwas anders sehen.

Auch wenn Klopp von einer "außergewöhnlichen Woche" mit Siegen über Real Madrid und den FC Bayern sprach, wollte er den Sieg in München nicht überhöhen. "Vielleicht hat der eine oder andere Prozentpunkt gefehlt", analysierte Klopp die Situation beim Rivalen.

Er und der BVB seien zwar noch nicht in so vielen vergleichbaren Situationen gewesen, aber diese Momente habe er auch schon erlebt. "Das ist kein Kindergeburtstag, vor allem, wenn ein Gegner so viel vorhat wie wir."

"Wir haben den Rhythmus verloren"

Sein Kollege Guardiola dürfte von Klopps Ausführungen nicht alles verstanden haben, der Spanier tut sich noch schwer, Leuten zu folgen, die schnell deutsch sprechen - und Klopp spricht sehr schnell und nicht immer nach Lehrbuch.

Es war aber klar, dass Guardiola und Klopp einer Meinung waren. "Seit der Meisterschaft in Berlin ist bei uns die Luft raus", sagte Guardiola. Später meinte er noch: "Nach Berlin ging es buff!" Er machte dabei eine Handbewegung nach unten. "Wir müssen wieder nach oben."

Es geht dabei um Konzentration und Spannung, um Engagement und Willen. "Wir haben den Rhythmus verloren", sagte Guardiola. Die Bayern waren zwar in Bestbesetzung gegen Borussia Dortmund aufgelaufen, trotzdem hatte man nicht das Gefühl, dass auch die beste Mannschaft auf dem Platz stand. Dortmund wollte den Sieg mehr und tat auch mehr dafür.

Die letzten Prozent fehlen

Die Münchner sind eineinhalb Jahre durch die Bundesliga gepflügt und haben unter Jupp Heynckes und Guardiola einen Rekord nach dem anderen gebrochen. Bayern-Siege waren eine Selbstverständlichkeit.

Matthias Sammer hat das nie so gesehen. Dem Sportvorstand wurde die außerordentliche Leistung mehrmals zu wenig gewürdigt. Seine Trainieren-die-andern-auch-als-ob-es-kein-morgen-gebe-Aussage ist erst einige Wochen alt.

"Wenn zwei, drei Prozent fehlen, reicht es in der Bundesliga nicht", sagte Sammer, der allerdings Verständnis für die Spieler zeigte. "Die Spieler sind keine Roboter, sie haben auch Gefühle." Und Fußball wird laut Sammer zuerst im Kopf gespielt.

Triple weiterhin möglich

In den erfolgreichen Monaten spielten die Super-Bayern Roboter-Fußball, Platz für Gefühle oder Nachlassen war da nicht.

"Es war beeindruckend, wie wir immer wieder Leistung abgerufen haben, bis die Mannschaft deutscher Meister war. Dafür wurde die Mannschaft immer wieder gelobt", sagte Kapitän Philipp Lahm.

Die kleine mentale Delle hatte bisher keine Auswirkungen auf die Mission Triple-Verteidigung. Die Bayern stehen im Champions-League-Halbfinale und haben am Dienstag im Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern die Chance, ins Pokalfinale einzuziehen. Die deutliche Niederlage gegen den Dauerrivalen aus Dortmund wird die Meistersaison nicht schmälern.

"Dazwischen ist halt noch Bundesliga"

"Es gibt nicht mehr so viele entscheidende Spiele in der Saison", sagte Lahm. Das Spiel gegen Dortmund gehörte nicht dazu.

Natürlich wollten die Bayern nicht verlieren und auch die Höhe war nicht angenehm. Aber als die Bayern nach dem 0:3 etwas anzogen, war es schon zu spät.

Die Prioritäten sind klar: der Fokus liegt auf den zwei Champions-League-Halbfinals gegen Real Madrid und einem möglichen Finale sowie den vermutlich zwei Spielen im DFB-Pokal. "Dazwischen ist halt noch Bundesliga", sagte Lahm.

Die Bayern müssen trotzdem einen Weg finden, die Teilnahme an der Bundesliga nicht nur als lästige Pflichtaufgabe zu empfinden. Am nächsten Spieltag gastiert der Meister beim Tabellenletzten Eintracht Braunschweig. Eine weitere sieglose Partie würde den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung wieder auf die Agenda bringen.

Guardiola sucht nach Lösungen

Guardiola hat in den letzten Wochen keine Gelegenheit ausgelassen, um die Meisterschaft als beendet zu erklären. Jetzt muss er einen Weg finden, den Leistungsabfall zu korrigieren.

"Das darf nicht passieren. Das ist meine Aufgabe, ich muss den Trick finden", sagte Guardiola und schnippte dabei mit den Fingern.

Die entscheidende Frage ist ja, ob die schlechten Ergebnisse in der Liga auch Auswirkungen auf die Champions League haben. Schon gegen Manchester United erkannten manche Beobachter uninspirierte Dauerangriffe gegen eine schlicht verteidigende Mannschaft. Zweimal brauchte es einen Gegentreffer, um das Feuer zu entfachen und die Direktheit ins Spiel zurückzubringen.

Das ABC wieder lernen

Mit der Konzentration ist auch die defensive Stabilität verloren gegangen. In den letzten elf Pflichtspielen blieb der FC Bayern nur einmal ohne Gegentreffer (2:0 in Mainz). In den letzten fünf Spiel geriet der FCB sogar in Rückstand.

Guardiola wird zwar immer wieder ob seiner taktischen Kniffe gerühmt, die Grundlage des Spiels sind aber auch für den ballbesitzfixierten Spanier Einsatz und Wille.

Diese beiden einfachen Elemente sind für ihn nicht verhandelbar. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit umschrieb er seine Vorstellung vom Fußball überraschend einfach mit "rennen, rennen, rennen."

Gegen Real Madrid und auch Kaiserslautern erwartet Guardiola eine von Beginn an wache Mannschaft. Die Probleme haben nichts mit "Taktik oder Kondition der Spieler" zu tun, es geht hier um viel banalere Dinge.

"Wir müssen zur Basis zurückkommen, das ABC wieder lernen. Aber es reicht nicht, nur zu sprechen, wir müssen trainieren." Zur Not auch in der Bundesliga.

Bayern - Dortmund: Die Statistik zum Spiel