VfB nur remis im Schicksalsspiel

Von Stefan Rommel
Martin Harnik brachte den VfB zwischenzeitlich mit 2:1 in Führung.
© Getty

Der VfB Stuttgart hat seinen Negativlauf mit acht Niederlagen in Folge zwar gestoppt, das 2:2 (2:1) gegen Eintracht Braunschweig im Abstiegskrimi lässt die Zukunft von Trainer Thomas Schneider aber weiter offen.

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Vor 60.500 Zuschauern in der Mercedes-Benz Arena erzielten Alexandru Maxim (30.) und Martin Harnik (35.) die Tore für den VfB. Jan Hochscheidt hatte die Gäste zuvor in Führung gebracht (24.).

VfB-Kapitän Christian Gentner scheiterte kurz nach der Pause mit einem Foulelfmeter an BTSV-Keeper Daniel Davari (52.). Der ehemalige VfBler Ermin Bicakcic traf in der 82. Minute dann zum Ausgleich für die Gäste.

Das Remis ist für den VfB definitiv zu wenig, Trainer Schneider wird nach dem neunten Spiel in Folge ohne Sieg nicht mehr zu halten sein.

Reaktionen:

Thomas Schneider (Trainer VfB): "Wir haben das Spiel verloren - das müssen wir erst mal sacken lassen. Alles andere werden wir sehen. Ich bin niemand, der wegläuft. Ich bin in diesem Verein groß geworden und kann sehr gut nachvollziehen, wie sich die Fans fühlen. Ich trage auch den Brustring. Die Mannschaft hat nach dem 0:1 eine gute Reaktion gezeigt und das Ding umgebogen. Hinten raus bei einer Standardsituation sahen wir ziemlich unglücklich aus - das darf natürlich nicht passieren. Ich weiß nicht, ob es etwas mit Nerven zu tun hat, einen Eckball zu verteidigen. Es wäre konsequent, bei einer Standardsituation zum Ball hinzugehen, mit allem, was ich habe, entgegenzustemmen und den Ball zu klären."

Torsten Lieberknecht (Trainer Braunschweig): "Wir haben sehr gut reingefunden und das Spiel kontrolliert. Dann haben uns fünf Minuten an den Rand der Niederlage gebracht. Wir mussten Drucksituationen überstehen, aber haben nicht aufgesteckt. Wir wissen noch nicht, wo die Reise hingeht, aber wir sind zumindest auf der Reise noch dabei."

Martin Harnik (VfB Stuttgart): "Fakt ist, dass wir alle im selben Boot sitzen. Egal welcher Trainer in so einer Situation steckt: Am liebsten würde er selbst auf dem Platz stehen und das Ruder rumreißen. Natürlich ist dieser Punkt zu wenig. Für jeden einzelnen Spieler ist es ein Armutszeugnis, wenn ein Trainer entlassen wird, weil es auf unserem Mist gewachsen ist. Diesen Rucksack tragen wir auch mit uns mit. Deswegen halten wir an diesem Trainer fest."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Der VfB mit nur einer Änderung im Vergleich zur Vorwoche: Für Sakai, der unter der Woche mit Japan auf Länderspielreise war, beginnt Rausch links in der Viererkette.

Auch Braunschweig nur mit einem Wechsel: Für den gesperrten Boland beginnt Theuerkauf im defensiven Mittelfeld.

24., 0:1, Hochscheidt: Eine Flanke von links rutscht Rüdiger über den Schlappen. Der Klärungsversuch landet bei Hochscheidt, der am Elfer völlig freisteht. Cleverer Schlenzer ins rechte obere Eck. Ulreich ohne Chance. Zweites Saisontor für Hochscheidt und das 17. Spiel in Folge, in dem der VfB mindestens ein Gegentor kassiert.

30., 1:1, Maxim: Bokas hohe Flanke köpft Harnik geschickt am zweiten Pfosten zur Mitte zurück. Maxim ist drei Meter vor dem Tor schneller am Ball als Bicakcic und drückt den Ball ins rechte untere Eck. Fünftes Saisontor für Maxim.

35., 2:1, Harnik: Der VfB kombiniert sich rechts schön durch. Maxim flankt zur Mitte. Harnik am Sechzehner mit dem Rücken zum Tor, nimmt kurz an und lupft dann über zwei Gegenspieler. Satter Dropkick aus 16 Metern, links unten schlägt's unhaltbar ein.

52.: Davari hält Foulelfmeter: Eine abgefälschte Flanke senkt sich am Fünfer runter. Harnik schiebt sich geschickt vor Davari. Der zupft minimal am Trikot, Harnik fällt sofort hin. Dingert gibt Elfmeter. Gentner schiebt den Ball ins rechte untere Eck. Davari ist da und pariert.

55.: Guter Freistoß der Gäste von rechts. Bicakcic mit dem Flugkopfball aus fünf Metern. Der Aufsetzer fliegt knapp drüber.

64.: Nach Maxims Ecke verlängert Gentner aufs Tor. Pfitzner steht auf der Linie und kratzt das Ding im Getümmel irgendwie weg.

80.: Wieder ein Freistoß der Gäste aus dem Halbfeld. Kessel ziemlich ungestört mit dem Kopfball aus elf Metern. Ulreich fingert den Ball noch an die Oberkante der Latte.

82., 2:2, Bicakcic: Ecke von links, flach getreten. Der Ball rutscht an den zweiten Pfosten durch. Bicakcic ist da und drückt den Ball aus einem Meter ins Tor.

Fazit: Letztlich geht das Remis in Ordnung. Der VfB verpasste es einmal mehr, den Sack zuzumachen. Braunschweig hatte offensiv wenig zu bieten, gab aber nicht auf und hatte brandgefährliche Standards.

Der Star des Spiels: Martin Harnik bereitete das 1:1 klug vor, zeigte beim Führungstreffer seine individuelle Klasse und holte den umstrittenen Elfmeter raus. Einige technische Mängel kaschierte der Österreicher mit großem Einsatz und Leidenschaft. Ebenfalls stark: Boka, der viele Bälle eroberte und auch eine gewisse Passsicherheit hatte.

Der Flop des Spiels: Havard Nielsen hatte bis zu seiner Auswechslung nach 68 Minuten keinen einzigen Torschuss. Am Norweger lief die Partie fast völlig vorbei. Bisher das schwächste Spiel Nielsens für den BTSV. Beim VfB schwach: Konstantin Rausch, der kaum etwas nach vorne machte und hinten einige Stellungsfehler hatte.

Der Schiedsrichter: Christian Dingert mit einer guten Körpersprache und einer insgesamt ordentlichen Leistung. Der Elfmeter für den VfB war allerdings eine sehr harte Entscheidung gegen die Gäste. Beim persönlichen Strafmaß mit zwei überzogenen Entscheidungen, als er Schwaab und Pfitzner jeweils Gelb zeigte.

Das fiel auf:

  • Der VfB in den ersten 20 Minuten sichtlich nervös und mit vielen leichten technischen Fehlern. Die Spieleröffnung funktionierte kaum, immer wieder mussten die Innenverteidiger einen langen Diagonalball spielen. Kurze, flache Pässe durchs Mittelfeld waren kaum zu sehen - weil die Gäste richtig stark verschoben und kaum einmal Passfenster für den VfB öffneten.
  • Braunschweig hatte es sich mit einem 4-1-4-1-System bequem gemacht und erwartete die Stuttgarter mit ihrer Viererkette da, wo die Gastgeber die ganze Saison über schon die meisten Probleme hatten: Im Übergang zwischen defensivem zu offensivem Mittelfeld. Nach vorne versuchten es die Gäste sehr oft mit dem langen Ball - gegen die wacklige Innenverteidigung der Schwaben gar kein schlechtes Mittel.
  • Die Phase nach dem Rückstand war für den VfB hochgefährlich: Die Mannschaft hatte bis dahin noch keinen einzigen Torschuss, war überhaupt nicht drin im Spiel und wurde immer noch nervöser und fahriger. Die zuvor optimistische Stimmung auf den Rängen drohte schon zu kippen. Maxims schneller Ausgleich war für den VfB der Türöffner in diese Partie. Auch wenn in Folge noch einiges weiter schlampig lief.
  • Gentners verschossener Elfmeter hätte ein erneuter Knackpunkt werden können, gerade nach den Erfahrungen vom letzten Sonntag mit Maxims vergebener Großchance. Stuttgart in diesem Spiel aber nicht so ängstlich und zögerlich wie in vielen Partien zuletzt, sondern energisch im Vorwärtsgang und auf der Suche nach dem dritten Tor. In den 20 Minuten nach dem Wechsel hatte der VfB 7:0 Ecken und 9:1 Torschüsse.
  • Eintracht-Coach Lieberknecht stellte Mitte der zweiten Halbzeit auf 4-4-2 um. Seine Mannschaft hatte aber weiter große Probleme, wenn sie den Ball hatte. Durchs Mittelfeld wurde kaum kombiniert und auf die langen Bälle konnte sich der VfB immer besser einstellen. Letztlich wurde Braunschweig nur durch Standards gefährlich.
  • Am Ende war es ein reines Nervenspiel, mit der für VfB-Spiele fast schon klassischen Dramaturgie. Der VfB ließ viel zu viele Standards zu und brachte sich so immer wieder selbst in Bedrängnis.

Stuttgart - Braunschweig: Die Statistik zum Spiel