Und wieder so ein Scheißtag

Von Fatih Demireli
Acht Gegentore in zwei Spielen: Der Hamburger SV hat nach zwei Spieltagen die meisten
© Getty

Die Euphorie, die beim Hamburger SV nach dem 3:3 bei Schalke 04 aufkam, ist schon wieder futsch. Das 1:5 gegen 1899 Hoffenheim war ein Rückfall in alte Muster. Der HSV kommt aus dem Negativstrudel nicht heraus und Trainer Thorsten Fink sind einmal mehr die Hände gebunden.

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Es war ein Gefühl, dass Thorsten Fink schon lange nicht mehr hatte. Eine Spur Sicherheit, gar ein bisschen Euphorie. "Warum sollte ich etwas ändern?", fragte er am Donnerstag. "Wir haben auf Schalke doch gut gespielt, drei Treffer erzielt und waren bei Standards stets gefährlich."

Am Samstagnachmittag waren Sicherheit und Euphorie schon wieder futsch - der Hoffnungsschimmer, das 3:3 bei Schalke 04, längst vergessen. Fink darf sich jetzt die Frage stellen: "Was muss ich schon wieder ändern?" Denn das 1:5 gegen 1899 Hoffenheim war ein zu schneller Rückfall in alte Muster. Muster, die Fink seit seinem Einstand beim Hamburger SV verfolgen.

Kein Durchatmen für Fink

"Die Mannschaft lässt mich seit eindreiviertel Jahren nicht einmal zwei bis drei Spieltage durchatmen", sagte Fink. Keine Periode, in der sich der Hamburger Trainer über einen längeren Zeitraum zurücklehnen und die negative Grundstimmung in Hamburg ablegen konnte.

Bei der Pressekonferenz nach dem Hoffenheim-Spiel wählte Fink eine ungewohnt schroffe Gangart und reagierte selbst auf inhaltliche Fragen gereizt.

Nicht freundlicher die Wortwahl der anderen Hamburger. Von einem "Scheißtag" sprach Kapitän Heiko Westermann und Torhüter Rene Adler hatte Mitleid mit den Fans: "Man sieht, dass eine harte Saison vor uns liegt. Die Fans tun mir leid. Sie müssen für diese Scheiße auch noch Geld bezahlen."

Kreuzer wird persönlich

Auch Sportdirektor Oliver Kreuzer, der gerade mal ein paar Monate im Amt ist, musste schon zum wiederholten Male die Peitsche auspacken, wurde diesmal gar persönlich: "Der Marcell Jansen auf Schalke und der Marcell Jansen gestern. Da frage ich mich: Was ist da passiert?"

Doch das könnte man über die ganze Mannschaft sagen. War auf Schalke noch ein deutliches Aufstreben zu verspüren, schien die Hamburger Mannschaft vor der frechen und aufmüpfigen Spielweise Hoffenheims zu kuschen.

Der HSV tat sich im ersten Durchgang schwer, kam aber durch einen Handelfmeter von Rafael van der Vaart zum Ausgleich. Als Hoffenheim im zweiten Durchgang die Intensität erhöhte, war keine Gegenwehr zu spüren.

Firmino an allen Toren beteiligt

Gäste-Spielmacher Firmino war an allen fünf Hoffenheimer Toren beteiligt, ohne dass der HSV ein Gegenmittel finden konnte. "Ab der 60. Minute machte jeder, was er wollte", sagt Westermann. Eine Bankrotterklärung.

"Man sieht, dass die erfahrenen Spieler in solchen Phasen auch Probleme mit sich selbst haben und überfordert sind, Stabilität in unser Spiel zu bringen", sagt Sportchef Kreuzer.

Stabilität ist das große Problem: Die Defensivsorgen des Hamburger SV sind trotz der Personalrotation und intensiver Vorbereitung auch in der neuen Spielzeit allgegenwärtig. Saisonübergreifend kassierte der HSV zum elften Mal hintereinander ein Gegentor, allein acht in den bisherigen zwei Partien der aktuellen Spielzeit - so viele wie seit der Saison 1987/88 nicht.

Kein Geld für Neuzugänge

Eine Lösung scheint der HSV auf absehbare Zeit nicht parat zu haben, weitere Neuzugänge für die Defensive sind nicht geplant oder nicht machbar, zumal mit Paul Scharner, Slobodan Rajkovic und Michael Mancienne noch Spieler auf der Gehaltsliste stehen, die lieber heute als morgen verkauft werden müssen.

Der Lösungsansatz ist anderweitig zu suchen. Zum einen wohl wieder in der Taktik. Das System ohne Stürmer, mit Youngster Hakan Calhanoglu in vorderster Front, brachte Hamburg weder die erwartete Kompaktheit in der Rückwärtsbewegung, noch im Offensivspiel.

Auch die Einwechslung des von den Fans mit Sprechchören geforderten Artjoms Rudnevs brachte wenig. "Wir brauchen nichts zu beschönigen, müssen aber trotzdem nach vorne schauen und uns den Kredit bei den Fans zurückholen", sagt Fink.

Saisonziele bleiben bestehen

Trotz der blamablen Vorstellung will man beim HSV den Blick nach oben nicht verlieren. "Die Saisonziele werden nicht revidiert", sagt Fink. Wohl im Galgenhumor stellte Sportchef Kreuzer fest, dass der HSV "nur fünf Punkte Rückstand" auf die Bundesliga-Spitze habe.

Die Hamburger Profis haben nun Zeit zu überlegen, wie man den Anschluss wieder schaffen will: Fink gab allen Spielern zwei Tage frei.

Hamburg - Hoffenheim: Daten zum Spiel