Noch am Donnerstag hatte Klopp seinen einstigen Spielmacher gelobt. "Die zweite Halbzeit gegen Schalke war auch deshalb besser, weil Nuri dabei war. Er hat einen großen Schritt nach vorne gemacht", sagte der Trainer da auf der Pressekonferenz vor dem Spiel.
Also probierte es Klopp in Abwesenheit von Mats Hummels mit Sahin und Gündogan auf der Doppel-Sechs. Hummels ist eine Konstante, die Sahin seit seiner Rückkehr gewissermaßen verfolgt. Hat doch der Innenverteidiger einst Sahins Teilbereich der Spieleröffnung übernommen und so das Dortmunder Spiel zumindest in der vergangenen (Rekord-)Saison entscheidend geprägt.
Highlight-Spiele ohne Sahin
Als Sahin Mitte Januar zum BVB zurückkehrte, war die für ihn vorgesehene Mission eigentlich klar: Sechs Wochen wollte ihm Klopp geben, um dann in den K.o.-Spielen gegen Schachtjor Donezk in der Champions League und im Pokal bei den Bayern eine Option zu sein. Eine fitte Option.
Nach anderthalb Jahren auf den Ersatzbänken oder Tribünen in Madrid und Liverpool wäre eine erzwungene sofortige Rückkehr in die Startformation ein waghalsiges Unterfangen gewesen. Also bekam Sahin Zeit. Und die nutzte er.
Zu den Highlight-Spielen war er körperlich auf der Höhe - und trotzdem keine ernsthafte Alternative, schon gar nicht für die erste Elf. Im Rückspiel gegen Donezk durfte er am Ende der Partie noch acht Minuten ran, mehr war nicht drin. Als sich Bender zur Pause verletzt abgemeldet hatte, vertraute Klopp statt Sahin lieber Sebastian Kehl. Und der spielte die eine Halbzeit in einem Champions-League-Achtelfinale mit gebrochener Rippe.
So ganz war das Vertrauen in den Rückkehrer zu diesem Zeitpunkt beim Trainerteam offenbar noch nicht wieder da. Das hat sich mittlerweile geändert. Dabei spielte und spielt Sahin in die Karten, dass der BVB etwa - anders als zum Beispiel der FC Bayern mit Bastian Schweinsteiger und Javi Martinez - in dieser Saison keine "erste" Formation auf der Doppel-Sechs präsentieren kann.
Schlicht deshalb, weil ständig ein anderer Spieler verletzt oder krank ist und deshalb rotiert werden muss. In den letzten sechs Bundesligaspielen musste der BVB jeweils immer mindestens drei Änderungen in der Startformation vornehmen, unter anderem im defensiven Mittelfeld.
Kurze Geste an die Fans
Das macht Dortmund auf der anderen Seite ein Stück unberechenbar und erleichtert natürlich den Einstieg für den alten Neuen wie Sahin, der naturgemäß öfter die Möglichkeit bekommt, sich zu beweisen. Von seinen acht Einsätzen bisher durfte er nur einen über die komplette Spielzeit absolvieren - beim 1:4 zu Hause gegen den Hamburger SV. Da fehlte ihm wie der kompletten Mannschaft die Orientierung. In den restlichen Partien wurde er jeweils eingewechselt.
"Wenn du mit der Hand aus dem Gips kommst, kannst du auch nicht gleich wieder Ouvertüren spielen", sagte Klopp in Anspielung auf Sahins lange Leidenszeit im Ausland.
Und jetzt: Zwei Tore, ein Assist, 96 Ballkontakte, die meisten aller Spieler auf dem Platz. Die letzte Statistik allein bekundet noch keine überragende Partie, zumal Sahin wie auch der Rest der Truppe gegen Freiburg fast eine Halbzeit lang Anlaufzeit benötigte. "Ich bin heute nicht gut ins Spiel gekommen", gab er nach dem Spiel zu, verwies jedoch auch darauf, sich "danach aber nicht versteckt" zu haben.
Nach seiner Vorlage zum Ausgleich deutete er an, was er von den vereinzelten Pfiffen zuvor gegen ihn gehalten hatte. Der kurz auf die Lippen gelegte Finger war auch ein Zeichen zumindest kleiner Genugtuung nach den zuletzt durchwachsenen Wochen.
Unterstützung der Familie
"Das Spiel tut einer Dortmunder Seele gut", sagte Sahin danach. Er weiß um den Vorschuss, der ihm vom Verein entgegengebracht wurde. "Es war nur eine Frage der Zeit. Der Trainer vertraut mir, ich darf bei ihm auch mal einen Fehlpass schlagen. Der ganze Verein hat immer hinter mir gestanden, so etwas passiert nur hier. Ich bin in der Bringschuld und werde es auch weiter sein."
Die ersten Schritte dazu sind getan, jetzt geht es um Konstanz. Und noch mehr Einsatzzeiten. Dass die Kombination Gündogan/Sahin aber in wichtigen Spielen noch oft aufgerufen wird, ist eher unwahrscheinlich. Dafür sind beide zu sehr offensiv orientiert, dem Dortmunder Spiel würde so die defensive Balance abhandenkommen. Allerdings sind beide im auch praktizierten System mit drei defensiven Mittelfeldspielern durchaus eine Überlegung wert.
Seinen größten Fan hat er am Samstag jedenfalls schon mal zufrieden gestellt, und das ist ja auch schon was. Ömer Sahin durfte live zuschauen. "Ich musste heute Leistung bringen, weil mein Sohn das erste Mal im Stadion war", erzählte Sahin. Auf die familiäre Unterstützung wird Nuri Sahin aber nicht immer zählen können.
Dortmund - Freiburg: Daten zum Spiel