Nachbetrachtung:
Marcel Koller war sicherlich nicht ganz unerfreut über die Gelegenheit, dem FC Bayern zu begegnen, ohne großen Druck zu verspüren. Acht Mal traf er als Bundesliga-Trainer auf die Münchener - und er gewann kein einziges Mal.
Ganz glücklich verließ Koller die Allianz Arena am Samstagnachmittag aber dann doch nicht. Nicht weil er neuerdings eiserner Anhänger Werder Bremens ist oder weil es so unfassbar kalt war. Viel wärmer hat er es in seiner Heimat nicht. Vielmehr lag es daran, dass er die, die er sehen wollte, nicht gesehen hat. Zumindest nicht so, wie er es wollte.
In seiner Eigenschaft als Nationaltrainer Österreichs hieß er es willkommen, dass gleich fünf (potenzielle) Nationalspieler in München auflaufen - hätten können. Dass Richard Strebinger auf der Bank saß, war zu erwarten. Dass es David Alaba auch erwischt hat, ist eine Folge der Rotation. Bleiben Zlatko Junuzovic, Marko Arnautovic und Sebastian Prödl.
Zwei der ÖFB-Spieler sah er 90 Minuten lang. Dass Prödl wiederum aufgrund einer Notbremse nur 44 Minuten spielen durfte, war nicht nur Kollers Problem, der das nächste Scoutingziel aus den Augen verlor, sondern auch eines von Thomas Schaaf.
0:2 war Werder schon in Rückstand, nachdem Arjen Robben (25.) und Javi Martinez (29.) für einen Doppelschlag der Münchener sorgten. Als dann auch noch Prödl Rot sah, war klar: "In Unterzahl gegen Bayern spielen? Das geht nicht", stellte auch Arnautovic achselzuckend, aber korrekt fest.
6:1 gewannen die Bayern am Ende: Der höchste Sieg gegen Bremen seit April 1980, als es sogar ein 7:0 gab. Für die Münchener war es die Einstellung des Saisonrekordsiegs, auch der VfB Stuttgart wurde mit der gleichen Portion Tore nach Hause geschickt.
Arg bejubelt haben die Bayern ihre Tore nicht, als wäre es das Normalste der Welt gewesen, gegen Bremen so haushoch zu gewinnen. Als wäre es keine Außergewöhnlichkeit, gegen den ärgsten Widersacher der Neunziger Deutschlands Fußball-Herzstück, den Führenden der Torjägerliste und den besten Linksverteidiger der Liga draußen zu lassen und dennoch sechs Mal zu treffen.
Es klingt fast schon wie ein Hohn für die Gegner, wenn Bayerns Jupp Heynckes von "Problemen" spricht, weil man in den ersten 25 Minuten nicht getroffen hat. Der Heynckes, der dann auch weniger über Bremen sprechen musste, sondern vielmehr über sein 1000. Bundesliga-Spiel.
Beschenkt wurde er von der Bayern-Führung mit einer Uhr, von der Bremer Fraktion mit einer Silbergarnitur der Bremer Stadtmusikanten - und eben einem 6:1, was zur Nebensache geriet.
Vielleicht ist es die Gewohnheit des Gewinnens: Sechs Siege zum Rückrundenauftakt gelang ihnen bisher nur selbst - in der Saison 1998/99 und Borussia Dortmund in der vergangenen Spielzeit. Ein Sieg in Hoffenheim, was - Stand jetzt - keine unfassbare Prophezeiung ist, und man hat wieder einen Rekord.
Ein paar schöne Zahlen gab es ja auch schon wieder gegen Bremen. 485. Sieg für den Trainer, 132. Tor für Mario Gomez, der in die historische Top 20 der Bundesliga aufgestiegen ist und ganz nebenbei noch 60 Punkte nach 23 Spieltagen - natürlich auch Bundesliga-Rekord. Aber wie wir wissen, ist dies ja das Normalste der Welt.
Bayern - Bremen: Daten zum Spiel