Auf neuen Wegen

Von Daniel Börlein
Bayer Leverkusen peilt in dieser Saison einen Europa-League-Platz an
© Getty

In den Tagen vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison stellt SPOX alle 18 Klubs in einer Vorschau-Serie vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: Bayer Leverkusen

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Das hatte man sich in Leverkusen alles ganz anders vorgestellt. Eigentlich sollte Robin Dutt dafür sorgen, dass Bayer auch in den kommenden Jahren in der Spitze der Liga mitspielt. Eigentlich sollte die vergangene Saison zur grandiosen Abschiedstournee für Michael Ballack werden. Und eigentlich wollte man um den Titel, zumindest aber um die Champions-League-Plätze mitspielen.

Aus alledem wurde allerdings nichts. Die Königsklasse verpasste man klar und deutlich, Ballack wurde durch die Hintertür verabschiedet und Dutt gar vorzeitig entlassen. An die vergangene Spielzeit denkt in Leverkusen deshalb kaum einer gern zurück.

Stattdessen heißt das Motto: Irgendwie besser werden. "Wir haben ein übergeordnetes Ziel. Das heißt, wieder besseren Fußball zu spielen", sagt Cheftrainer Sascha Lewandowski. Andre Schürrle ist da ganz optimistisch, schließlich habe Bayer "eine sehr gute Mannschaft - besser als im letzten Jahr".

Das ist neu

Michael Ballack weg, Rene Adler weg, Vedran Corluka weg, Eren Derdiyok weg, Tranquillo Barnetta weg. Gleich fünf gestandene Bundesliga-Spieler hat Bayer im Sommer verloren - und daraufhin einen völlig neuen Weg eingeschlagen. Statt Erfahrung wurde Perspektive verpflichtet.

Philipp Wollscheid ist mit 23 Jahren der älteste Neuzugang, hinzu kommen mit Jens Hegeler und Haijme Hosogai zwei Spieler, die zuletzt nach Nürnberg und Augsburg ausgeliehen waren und es nun auch in Leverkusen packen sollen.

Manuel Friedrich ist als 32-Jähriger der älteste Akteur im Aufgebot, mit Simon Rolfes und David Yelldell sind nur zwei weitere Spieler über 30. In Leverkusen weht ein frischer, ein junger Wind.

Das gilt auch für das Trainer-Duo: Für Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski ist die Bundesliga - abgesehen von den sechs Spielen zum Ende der Rückrunde - noch absolutes Neuland. Die schwierigste Aufgabe für die beiden: nach den Abgängen zahlreicher Führungsspieler eine neue Hierarchie innerhalb des Teams aufbauen.

Kopf der Mannschaft wird auch weiterhin Simon Rolfes sein, der nach kurzem Zögern als Kapitän bestätigt wurde. Mehr in die Verantwortung soll künftig Lars Bender rücken. Auch in Stefan Kießling und Gonzalo Castro sehen Hyypiä und Lewandowski Leader-Typen.

Die Taktik

Was schon zum Ende der letzten Saison versucht wurde, wurde nun in der Vorbereitung konsequent einstudiert: Leverkusen spielt künftig im 4-3-2-1. Heißt: Im zentralen Mittelfeld agiert Bayer mit drei Sechsern. Bender ist dabei gesetzt, auch Rolfes dürfte seinen Platz als Kapitän sicher haben. Um die dritte Position streiten sich vor allem Castro und Stefan Reinartz.

Im Sturm ist Stefan Kießling gesetzt und Neuzugang Junior Fernandes dessen Backup. Dahinter sind zwei offensive Mittelfeldspieler im Halbfeld positioniert, die mal als Anspielstation im Zentrum auftauchen und mal über die Flügel kommen sollen.

Die große Überraschung dabei heißt Karim Bellarabi. Der 22-Jährige ist der große Gewinner der Vorbereitung und hat rechts offensiv momentan die Nase vor den Etablierten Renato Augusto und Sidney Sam.

Ganz wichtig im neuen System: Die Außenverteidiger müssen sich konsequent in die Offensive einschalten. Der Grund für den Systemwechsel, ist denkbar einfach: "Wir wollen wieder dominanter bei eigenem Ballbesitz sein", sagt Rolfes.

Der Spieler im Fokus

Lars Bender. Gegen Ende der vergangenen Saison war nicht unbedingt abzusehen, dass der Mittelfeldspieler einen derart turbulenten Sommer erleben wird. Damals musste Bender wegen einer Muskelverletzung lange pausieren. Wieder genesen ging es für den 23-Jährigen Schlag auf Schlag. Zunächst wurde er ins vorläufige, nach einer starken Vorbereitung sogar ins endgültige EM-Aufgebot berufen.

Bei der EM glänzte Bender schließlich gegen Dänemark als Rechtsverteidiger und Matchwinner. Kaum zurück von der Europameisterschaft bekundete plötzlich der FC Bayern ernsthaftes Interesse an einer Verpflichtung. Bayer allerdings lehnte ab. Bender solle eine zentrale Figur in der neuen Bayer-Mannschaft werden, ließ der Werksklub verlauten.

So ist der Nationalspieler in dieser Saison gleich dreifach gefordert: Bender muss in Leverkusen vorangehen. Er muss zeigen, dass er tatsächlich einer wäre für den FC Bayern. Und Bender will auch in der Nationalmannschaft zur festen Größe werden.

Das Interview

SPOX: Wie lauten Ihre Ziele für diese Saison?

Simon Rolfes: Das Wichtigste für mich persönlich ist in aller erster Linie, gesund zu bleiben. Mit Bayer wollen wir eine gute Saison spielen und uns wieder für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren. Das Ziel ist eigentlich die Champions League. Das wird mit Sicherheit nicht einfach, aber wir sollten auf jeden Fall da oben um einen Champions-League-Platz mitmischen.

Hier geht's zum kompletten Interview mit Simon Rolfes

Die Prognose

So richtig weiß man bei Bayer nicht, wo man steht. Die Mannschaft hat sich verändert, das System wurde geändert, zudem war die Vorbereitung mit einigen Testspiel-Pleiten eher durchwachsen.

Wolfgang Holzhäuser stellt allerdings klar: "Die Europa League ist ein Muss." Der Bayer-Geschäftsführer träumt offenbar sogar von mehr: "Die Champions League ist ein Wunsch."

Für einen Platz in der Königsklasse wird's allerdings nicht reichen, dafür fehlen der aktuellen Mannschaft schlichtweg Reife und auf ein paar Positionen auch die nötige Klasse. Die Europa League scheint allerdings machbar.

Der Kader von Bayer Leverkusen