"Es gibt wenig Schlimmeres für einen Fußballer"

SID
"Versager" : Die Fans des 1. FC Kaiserslautern hatten eine deutliche Botschaft für ihr Team
© Getty

Als die Profis des 1. FC Kaiserslautern wie nach jedem Spiel vor den Fanblock schritten, stoppten sie vorsichtshalber an der Sechzehnmeterlinie.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Näher trauten sie sich nicht heran, denn ihnen schlug eine Welle der Feindseligkeit entgegen, nachdem sie schon während des 0:2 (0:1) verlorenen Spiels gegen den 1. FC Nürnberg Hohn und Spott geerntet hatten. Sarkastisch winkten die Zuschauer mit weißen Tüchern und hielten ein Transparent mit der Aufschrift "Versager" hoch.

Am Ende vertrieb der enttäuschte Anhang die Spieler mit Pfiffen und Schmährufen förmlich aus dem eigenen Stadion. Das zerrüttete Verhältnis ist keine Basis für eine gemeinsame Zukunft in der 2. Liga. Dem Zorn der Zuschauer ließ Stefan Kuntz seine Wutrede folgen.

Wähle hier Deinen MAN des 31. Spieltags

"Das war heute mit Abstand zu wenig. Mir fehlt das richtige Wehren", eröffnete der konsternierte Vorstandsvorsitzende sein Scherbengericht. Er "sehe keine Wut, keinen Zorn", sich mit allem gegen den Abstieg und "auch die schlechte Stimmung zu stemmen, die wir mitnehmen in die neue Saison".

Er habe die Pfälzer Tugenden Ehre, Anstand, Willen vermisst. Alles zu geben sei genauso so oft nicht zu sehen gewesen wie das Nutzen der Torchancen. Tote Teufel.

Durchgefallen beim Charaktertest

Kuntz hatte das Kellerduell gegen die nun geretteten Nürnberger zum Charaktertest erklärt, den nach dem leidenschaftslosen Auftritt kaum einer der Pfälzer Profis bestanden hat.

"Wir wussten, was die Fans von uns erwarten, aber die Umsetzung dessen war nur bei drei Spielern zu sehen. Das ist richtig bitter. Ich hatte ja vorher gesagt, dass es von der Leistung der Spieler abhängt, ob der Schnitt am Saisonende groß oder sehr groß wird. Jetzt ist klar, dass er sehr groß wird", zürnte Kuntz.

Auch Trainer Krassimir Balakow, der trotz der Horrorbilanz von fünf Niederlagen in fünf Spielen in Liga zwei weiterarbeiten soll, monierte eine mangelnde Einstellung: "Ich erwarte von meinen Spielern etwas mehr Stolz und die Wut, ein Spiel gewinnen zu wollen. Das sehe ich nicht im Gesicht der Spieler."

Kapitän Tiffert will bleiben

Zu den wenigen Profis, mit denen der wegen seiner Personalpolitik selbst in Kritik geratene Kuntz mit dem um sechs auf nur noch zehn Millionen Euro reduzierten Etat den Wiederaufstieg angehen will, zählt Pierre de Wit.

Womöglich ist dem Mittelfeldmann aber die Lust vergangen, weiterhin am Betzenberg zu spielen.

"Es gibt wenig Schlimmeres für einen Fußballer, als von den eigenen Fans verhöhnt zu werden", gab de Wit zu. Verteidiger Mathias Abel, der auch bleiben soll, stellte fest: "Für mich als Fußballer ist das einer der schlimmsten Tage, denn ich bin noch nie abgestiegen. Und es ist doppelt so bitter, wenn man das mit seinem Heimatverein erlebt."

Gerne mithelfen bei der Mission Wiederaufstieg würde Christian Tiffert. Wenn er denn darf. "Es gibt immer Dinge, die man als Spieler nicht in der Hand hat", sagte der Kapitän. Er glaube, dass er trotz einer schwachen Saison "noch ein wichtiger Spieler für den FCK sein kann. Ich bin überzeugt, dass man hier wieder aufsteigen kann. Grundsätzlich habe ich dem Verein viel zu verdanken, und der Verein hat mir auch ein bisschen zu verdanken", machte der zur Halbzeit ausgewechselte Tiffert Werbung in eigener Sache.

Nürnberg-Spiel als Sinnbild der Rückrunde

In ihrer Einschätzung des Spiels gegen Nürnberg waren sich Trainer und Spieler einig. "Bei uns ist es aber immer das gleiche Szenario. Bis zum ersten Tor spielen wir gut, dann bekommst du ein Tor aus dem Nichts, und danach ist es sehr, sehr schwierig", sagte Balakow.

De Wit befand: "Ich glaube, dass wir in vielen Spielen oder in vielen Phasen der Spiele das nicht abgerufen haben, was wir können. Man kann jedes Spiel der Rückrunde als Sinnbild benutzen. Wir haben wieder einige Möglichkeiten gehabt und kriegen wieder ein Dreckstor."

Das Pfälzer Déjà-vu ereignete sich in der 43. Minute, als der überragende Angreifer David Didavi zum 1:0 traf. Auf Vorlage von Didavi sorgte Tomas Pekhart mit seinem Tor in der 73. Minute zum 2:0 dafür, dass der Nürnberger Trainer Dieter Hecking feststellen konnte: "Wir wollten heute den Sack zumachen, das ist uns gelungen." Die Franken ließen die Gefahrenzone hinter sich, kletterten auf Rang elf - und wurden von ihren Fans gefeiert.

Kaiserslautern - Nürnberg: Daten zum Spiel

Artikel und Videos zum Thema