Köln: Solbakken wackelt - kommt Stanislawski?

SID
Völlig am Boden: Die Spieler des FC waren nach der Partie gegen Mainz enttäuscht und erschöpft
© Getty

Claus Horstmann wirkte wie ein Kind, das ein Gänseblümchen zerzupft. Es fehlte nur noch, dass der Hauptgeschäftsführer des 1. FC Köln ein "Ich entlasse den Trainer, ich entlasse den Trainer nicht", gemurmelt hätte. Stattdessen sagte Horstmann nach dem 0:4 beim FSV Mainz 05 und dem nächsten Rückschlag im Abstiegskampf der Bundesliga: "Es wäre falsch, eine Garantie abzugeben, dass Stale Solbakken im nächsten Spiel am Sonntag bei Borussia Mönchengladbach noch unser Trainer ist. Aber ich kann das auch nicht ausschließen."

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Ein "Treuebekenntnis" gegenüber Solbakken wollte Horstmann unmittelbar nach der Pleite in Mainz ebenso wenig leisten wie sich zu einer möglichen Entlassung des Norwegers durchringen, dafür fand er klare Worte zur Leistung der Mannschaft. Horstmann sprach von "individuellen Totalausfällen" und von einer "Selbstaufgabe" des Teams, das weiterhin auf Relegationsplatz 16 liegt.

Die Empfehlung der Kölner Anhänger soll unmissverständlich gewesen sein. "Ich habe ja die erste Halbzeit bis zum 0:3 im Fanblock verbracht. Und die Fans haben mir gesagt: Es muss doch etwas passieren, ihr müsst doch reagieren", berichtete Horstmann.

BlogDas Problem Solbakken

Reagiert haben aber zunächst nur die Kölner Anhänger. In der Nacht zum Mittwoch waren die Werbebanden auf dem Trainingsplatz am Klubgelände Geißbockheim mit Schmierereien verunstaltet worden, Sprüche wie "Keine Ehre", "Verräter", "Absteiger" oder "Keine Eier", aber auch Schimpfworte aus dem Vulgärjargon waren mit schwarzer Farbe auf die Banden gesprayt worden. Das Vereinslogo war zudem mit einem schwarzen Kreuz übermalt worden.

Daum bietet Hilfe an

Zudem warteten noch in der Nacht 150 Fans auf die Rückkehr der Mannschaft, um diese zur Rede zu stellen. Aus diesem Grund fuhr der Bus erst gar nicht zum Geißbockheim, die Spieler wurden an anderer Stelle abgesetzt und fuhren mit Taxis nach Hause.

Horstmann stellte nach der Niederlage klar: "Am Ende ist auch der Trainer für die Leistung der Mannschaft verantwortlich." Und die Aussagen von Solbakken klangen nach Resignation. "Wir haben nicht die mentale Qualität", befand Solbakken und bezog sich damit auf die Tatsache, dass seine Mannschaft nach dem 0:1 durch einen Foulelfmeter (19.) von Eugen Polanski einmal mehr auseinandergefallen war. Dabei habe er seine Profis vor dem Spiel noch eindringlich mit den Worten gewarnt: "Keine stupide Aktionen im Strafraum." Da hatte Ammar Jemal, der Adam Szalai leicht berührt hatte, offenbar nicht richtig zugehört.

Auch die Tatsache, dass die Profis laut Solbakken vor dem Spiel "professionelle Hilfe" von Psychologen in Anspruch genommen hatten, wirkte sich nicht positiv aus. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison brachen nach dem 0:1 alle Dämme. Mohamed Zidan (31.), Nicolai Müller (37.) und Adam Szalai (54.) führten Köln bei ihren Treffern vor.

Sechs Punkte zum Klassenerhalt

Solbakken machte nach dem Spiel eine Rechnung auf, um den fünften Kölner Abstieg zu verhindern: "Wir müssen noch sechs Punkte aus den letzten vier Spielen holen", sagte er. Wie dies in Mönchengladbach, gegen den VfB Stuttgart, beim SC Freiburg und gegen Bayern München zu schaffen ist, scheint nach der Leistung von Mainz ebenso fraglich wie der Verbleib von Solbakken.

Aus Brügge bot bereits Christoph Daum seine Hilfe und Dienste an. Bei seiner "großen Liebe" würde er, wenn er frei wäre, "wieder anfangen - ob als Trainer, Manager, Berater oder als Präsident", sagte Daum in einem Interview mit der Zeitschrift "Playboy". Als Top-Kandidat für die mögliche Nachfolge von Solbakken gilt jedoch Holger Stanislawski, der zu Beginn der Rückrunde bei 1899 Hoffenheim entlassen worden war.

Podolski rüffelt Kollegen

Unterdessen war bei den Kölnern, bei denen Milivoje Novakovic ebenso wie Slawomir Peszko nach seiner Alkohol-Eskapade nicht im Kader stand, von mannschaftlicher Geschlossenheit nichts zu spüren. Eine Szene in der Mixed-Zone des Mainzer Stadions war bezeichnend.

Als sich einige Spieler die Schlussphase der Begegnung zwischen der Berliner Hertha und Freiburg auf einem Monitor anschauten, raunzte Lukas Podolski seine Kollegen mit den Worten an: "Guckt euch nicht das Spiel an, sondern spielt lieber mal selber Fußball."

Gegenüber den Journalisten wollte sich der Nationalstürmer nicht äußern. "Was soll ich jetzt noch sagen?", war das Einzige, das Podolski von sich gab, dann stiefelte er bedient und ohne weiteren Kommentar davon.

Zuvor auf dem Platz hatte sich Podolski als fairer Sportsmann erwiesen. Nachdem er in der 28. Minute von einer Ein-Cent-Münze aus dem Mainzer Fanblock P getroffen und zu Boden gegangen war, ließ er sich kurz behandeln und spielte dann weiter.

Hätte er sich verletzt auswechseln lassen und Köln Protest eingelegt, wären die Chancen auf drei Punkte am grünen Tisch oder eine Spielwiederholung groß gewesen. Als Podolski die Mainzer Arena verließ, wirkte er mit der Blessur unter seinem rechten Auge wie ein angeschlagener Boxer - und wie ein Sinnbild des gesamten Klubs.

Mainz - Köln: Daten zum Spiel

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