Bayern: "Die Mannschaft ist zusammengerückt"

SID
Das Münchner Offensiv-Quartett demonstriert den Zusammenhalt des Teams
© Getty

Irgendwann wurde es Christian Nerlinger zu bunt. "Abstiegskampf scheint interessanter zu sein als Meisterschaftskampf", sagte der Sportdirektor des FC Bayern süffisant, als auch die sechste Frage an Herthas Trainer Otto Rehhagel gestellt wurde.

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Die Bayern wirkten nach drei Pflichtspielsiegen und 20 erzielten Toren innerhalb einer Woche gelöst. Und Nerlinger, der nach dem 6:0 (3:0) in Berlin den kranken Trainer Jupp Heynckes auf der Pressekonferenz vertrat, wollte gerne darüber reden, wie das ist mit der wiederentdeckten Stärke und dem "Ruck", der durch die Mannschaft gegangen ist.

Ohne Frage, wer den Aussagen der Münchner Spieler und den ausgelassenen Gesängen der Fans noch weit nach Spielende lauschte, bekam durchaus ein Gefühl für das, was die vergangene Woche beim FC Bayern ausgelöst hat.

Schmaler Grat der Bayern

Irgendwann in der ersten Halbzeit, Bayern führte schon 3:0, grätschte Toni Kroos auf Höhe der Außenlinie in einen Berliner Passweg und dokumentierte so eindrucksvoll den wiederentdeckten Willen seiner Mannschaft im Kampf um die Meisterschaft.

Wenige Momente später regelten Kroos und Franck Ribery dann per Schnick-Schnack-Schnuck, wer den fälligen Freistoß aufs Tor der Hertha schießen darf. Es ist der sehr schmale Grat zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz, den es in diesem Extrem wohl nur in München gibt und der durch die zweifellos beeindruckende Bilanz der vergangenen drei Spiele wieder entstanden ist.

Aggressiv, temporeich, direkt

Rein sportlich haben die Bayern zurzeit alle Argumente auf ihrer Seite. Mit eindrucksvoller Dominanz gingen sie wie schon zuvor gegen Basel und Hoffenheim in das Spiel gegen eine sichtbar verunsicherte und taktisch schlecht eingestellte Berliner Mannschaft. Ribery nutzte die Freiräume und fehlende Klasse des jungen und überforderten Berliner Verteidigers Fanol Perdedaj (Rehhagel: "Das war ein Fehler") auf dem linken Flügel.

Mit aggressivem Pressing, hohem Tempo bei eigenem Ballbesitz und direktem, vertikalem Spiel wirbelte Bayerns Offensivabteilung Herthas Hintermannschaft im Minutentakt durcheinander. Nichts war mehr zu sehen vom pomadigen und einfallslosen Ballgeschiebe im Mittelfeld, das den Bayern zuletzt vor allem auswärts zwar stets katalanische Ballbesitzstatistiken, aber eher Berliner Punkteausbeute beschert hatte.

Für Christian Nerlinger waren es daher die kleinen Dinge, die passten. "Wie die Mannschaft zusammen jubelt oder gemeinsam arbeitet auf dem Platz", stimme ihn zuversichtlich. Es waren die bereits dokumentierten Grundtugenden, die Heynckes nach dem 0:2 in Leverkusen gefordert hatte. Selbst die schlechten Platzverhältnisse, in Mönchengladbach (1:3) und Basel (0:1) noch oft als Verhinderer bajuwarischer Spielkunst ausgemacht, konnten die Spiellaune des Rekordmeisters nicht trüben.

Rehhagel mit taktischen Fehlern

Bei den Berlinern pendelte die Gefühlslage indes zwischen Achselzucken und Frustration. "Gegen Bayern kann man verlieren", bügelte Rehhagel allzu kritische Nachfragen ab. Doch der Altmeister muss sich nach der dritten Niederlage im vierten Spiel auch taktische Vorwürfe gefallen lassen. Perdedaj war gegen Ribery chancenlos, erst nach dem 0:2 zog Rehhagel den etatmäßigen Rechtsverteidiger Christian Lell aus dem defensiven Mittelfeld zurück in die Viererkette, um mit Beginn der zweiten Halbzeit den gleichen Fehler ein zweites Mal zu begehen.

Anstelle von Perdedaj versuchte sich der nicht weniger unerfahrene Alfredo Morales gegen den französischen Tempodribbler. "Er hat es dann auch nicht besser gemacht", stellte Rehhagel nach zwei von Morales verursachten Elfmetern lapidar fest. "Es gelingt zurzeit nicht, uns richtig einzustellen", sagte Lell vielsagend und ließ entsprechenden Interpretationsspielraum.

Vor dem Stadion, weit nach Spielende und der Abreise des Münchner Trosses, sangen die zahlreich angereisten Fans der Bayern noch immer und träumten von "der Meisterschaft, dem Europa-Cup und dem Pokal". In der Winterpause, im "besten Trainingslager aller Zeiten", war die Brust des FC Bayern zuletzt ähnlich breit. Danach folgte ein Auswärtsspiel in Mönchengladbach. So wie jetzt wieder, im Halbfinale des DFB-Pokals am Mittwoch.

Hertha - Bayern: Daten zum Spiel

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