HSV sucht weiter nach sich selbst

SID
Andre Mijatovic köpft zum späten Ausgleich ins Netz - Jaroslav Drobny segelt am Ball vorbei
© Getty

Der Hamburger SV steht vor schweren Wochen. Beim glücklichen 2:2 gegen Aufsteiger Hertha BSC wurden erneut gravierende Mängel offenkundig. Trainer Michael Oenning bleibt derzeit kaum mehr, als um Geduld zu bitten.

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Vor Wochenfrist vom Meister gedemütigt, diesmal vom Aufsteiger im eigenen Stadion beherrscht - der Weg des Hamburger SV in den kommenden Wochen wird kein leichter sein.

"Unsere Phase des Findens wird wohl noch länger dauern. Vieles muss noch eingeschliffen werden", sagte Trainer Michael Oenning nach dem 2:2 (1:1) gegen Hertha BSC Berlin - und irgendwie klang seine Stimme dabei ernüchtert. Denn mit einer solchen Leistung werden die Hanseaten am kommenden Wochenende beim Rekordmeister Bayern München auf verlorenem Posten stehen.

Motivationsessen mit HSV-Helden

Ein gemeinsames Essen mit den HSV-Helden der 80er-Jahre am Vorabend des Spiels hatte den neuen jungen HSV motivieren sollen. Doch 52.100 enttäuschte Zuschauer sahen einen übereifrigen und vor allem wenig abgezockten Gastgeber, der zweimal in Führung ging und diesen Vorteil durch Gegentreffer kurz vor der Halbzeitpause von Tunay Torun (43.) und kurz vor Schluss durch Andre Mijatovic (88.) noch leichtfertig aus der Hand gab.

"Ich hatte schon das Gefühl, dass bei uns alle gefightet haben", analysierte Nationalspieler Dennis Aogo den Spielverlauf und drückte damit indirekt aus, was Marcell Jansen ohne Umschweife auf den Punkt brachte: "Ein Aufsteiger hat bei uns das Spiel gemacht, das darf nicht sein." Die Tore für den Gastgeber fielen durch Mladen Petric (25., Foulelfmeter) und Heung Min Son (61.) quasi aus dem Nichts.

Die Berliner beherrschten in der Tat das Geschehen, nur effektiv war die Mannschaft von Coach Markus Babbel in der Hansestadt nicht. Drei Aluminiumtreffer, mehrere weitere Großchancen nicht genutzt - Babbel fehlte das i-Tüpfelchen: "Wir haben ein fast perfektes Spiel hingelegt. Wäre es perfekt gewesen, hätten wir es gewonnen."

Jungen Leute brauchen Zeit

Bezüglich der Norddeutschen, die seit Mitte März kein Ligaspiel mehr gewinnen konnten, muss man sich fragen, ob die Frischzellenkur des neuen Sportchefs Frank Arnesen nicht eher eine Rosskur ist, die dem HSV nicht guttut. Arnesen brachte von seinem alten Arbeitgeber FC Chelsea vier Nachwuchsspieler von der Themse an die Elbe mit, eine wirkliche Verstärkung zeichnet sich noch nicht ab.

"Man muss den jungen Leuten Zeit geben", sagte der dänische Ex-Nationalspieler beinahe beschwörend, doch Geduld ist beim HSV schon lange keine liebevoll gepflegte Tugend mehr. Nach zwei Spieltagen steht in der Tabelle nur der 1. FC Köln schlechter da - ein guter Saisonstart sieht anders aus.

Wie zum Beispiel bei der Hertha, die auch nur einen Punkt auf dem Konto hat, deren Spielweise die Verantwortlichen aber mit Blick auf die kommenden Begegnungen durchaus positiv stimmen durfte. Sportchef Michael Preetz: "Das war ein wirklich starker Auftritt unserer Mannschaft. Nur schade, dass sie zu Beginn der zweiten Halbzeit den Sack nicht zumachen konnte." Der Torschütze und Ex-Hamburger Torun formulierte noch direkter. "Das war Super-Fußball, den wir da gespielt haben", meinte der Türke.

Den 21-Jährigen ließ man beim HSV im Sommer weitgehend widerstandslos an die Spree ziehen, doch Arnesens Junge Wilde aus England senken bisher nur den Altersdurchschnitt, aber heben nicht das Niveau. Und der schnuckelige Norweger Per Skjelbred brachte bestimmt einige weibliche HSV-Fans ins Schwärmen, auf dem Spielfeld allerdings war für den smarten Blondschopf in der Halbzeitpause bereits Schluss. Oenning: "In einigen Szenen sah er etwas unglücklich aus."

Hamburg - Hertha: Daten zum Spiel

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