Hoffen auf den Traumsturm

Von Martin Grupp
Mit Garra Dembele und Papiss Cisse: So sieht der SC Freiburg für die kommende Saison aus
© Getty

In den Tagen vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison stellt SPOX alle 18 Klubs in einer Vorschau-Serie vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: der SC Freiburg.

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Vergangenes Weihnachten war in Freiburg Träumen angesagt. Völlig überraschend schnupperte der SC mit nur einem Punkt Rückstand auf den FC Bayern zur Winterpause an den internationalen Rängen.

Dass daraus nichts wurde ist bekannt, nach nur 16 Punkten in der Rückrunde landete man im immer als so schwierig bezeichneten zweiten Bundesligajahr trotzdem auf einem äußerst respektablen neunten Rang.

Nun soll wieder an die starken Leistungen aus der Vorrunde angeknüpft werden. In der Vorbereitung zeigte sich der SC schon in guter Verfassung: Von neun Testspielen wurden acht gewonnen. Lediglich gegen Weder Bremen setzte es eine 3:4-Niederlage.

Das ist neu

Vor allen Dingen der Trainer. Marcus Sorg tritt das Erbe von Robin Dutt an, der nach vier erfolgreichen Jahren im Breisgau zu Bayer Leverkusen gewechselt ist. Allzu groß wird der Umbruch aber dennoch nicht ausfallen. Denn Sorg ist bereits seit 2009 im Verein, er trainierte die Regionalliga-Mannschaft. "Ich kenne alle Beteiligten, auch die Profis, ihre unterschiedlichen Charaktere. Und sie kennen mich", sagt Sorg.

Co-Trainer des 45 Jahre alten Diplom-Ingenieurs für Bau- und Grundlagenphysik wird Christian Streich, der zuletzt die Freiburger U 19 betreute, gleichzeitig aber auch schon zum Trainerstab unter Dutt gehörte.

Der Vorstand ist sich sicher, mit Sorg die richtige Wahl getroffen zu haben. "Wenn wir nicht überzeugt gewesen wären, hätten wir nicht so entschieden. Wir haben Kontinuität und einen absoluten Fußball-Fachmann", erklärte Sportdirektor Dirk Dufner.

Das Stichwort Kontinuität gilt auch bei der Kaderplanung: Von den namhaften Spielern verließ lediglich Verteidiger-Talent Ömer Toprak den Verein, er folgte Dutt nach Leverkusen. Die Abgänge von Nicolas Höfler (Aue), Jonathan Jäger, Thommy Bechmann und Simon Pouplin (alle Ziel unbekannt) werden zu verschmerzen sein. Ivica Banovic, der zuletzt an den MSV Duisburg ausgeliehen war, darf den Verein bei einem entsprechenden Angebot wohl auch verlassen.

Blog: Kader-Analyse zum SC Freiburg

Nachgebessert wurde dagegen im Angriff - und zwar richtig. Garra Dembele aus Mali kam von Lewski Sofia. Mit 2,2 Millionen Euro Ablöse ist der 25-Jährige der teuerste Neuzugang der Vereinsgeschichte. Als Toprak-Ersatz wurde Innenverteidiger Beg Ferati vom FC Basel verpflichtet. Der 24-Jährige ist im Abwehrzentrum gesetzt.

Ansonsten wurde der Kader durch Perspektivspieler etwas verbreitert. Keeper Daniel Batz kam aus Nürnberg und ist hinter dem unumstrittenen Oliver Baumann die Nummer zwei. Christian Bickel und Simon Brandstetter wurden von den eigenen Amateuren hochgezogen.

Die Taktik

Entscheidend für die taktische Ausrichtung ist die Personalie Papiss Cisse. Im Vorjahr war das Offensivspiel im 4-1-4-1 komplett auf den Senegalesen zugeschnitten. Mit 22 Toren gingen über die Hälfte der Freiburger Treffer auf sein Konto.

Dies weckte Begehrlichkeiten im In- und Ausland, mehrere Klubs aus der Premier League sollen Interesse haben. "Wir werden alles, was vertretbar ist, daran setzen, Papiss zu halten", stellt Sorg klar. Klar ist aber auch: Legt ein Verein die aufgerufenen 15 Millionen Euro Ablöse auf den Tisch, wird man Cisse wohl ziehen lassen. Der Transfermarkt ist schließlich noch bis zum 31. August geöffnet. Das heißt, man muss zweigleisig planen.

Sollte Cisse bleiben, würde der Sportclub zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder über ein brandgefährliches Sturmduo verfügen. Beinahe demonstrativ ließ Sorg daher in allen Testspielen ein 4-4-2 spielen. Cisse agierte dabei meist als Stoßstürmer, Dembele spielte leicht nach hinten versetzt.

Für den Fall, dass Cisse geht, bleibt auch das 4-1-4-1 mit nur einer Spitze eine Option. Es sei wichtig, beide Systeme zu beherrschen, so Sorg. Bei einem Abgang Cisses würde Dembele den Part des einzigen Stürmers übernehmen.

Hinter den Stürmern soll Laufwunder Cedrik Makiadi dafür sorgen, "die Torquote aus der zweiten Reihe, aus dem Mittelfeld zu erhöhen" (Sorg). Dafür fordert der Trainer von seiner offensiven Mittelfeldreihe vermehrte Vorstöße in die Spitze, aber auch gelegentliche Abschlüsse aus der zweiten Reihe, um das Angriffsspiel flexibler zu machen.

Auf der Sechs ist Julian Schuster nach seiner bärenstarken letzten Saison konkurrenzlos. "Wir hatten in den vergangenen Jahren eine herausragende Disziplin in der defensiven Ordnung. Das müssen wir beibehalten", erklärte Sorg der "Badischen Zeitung". Mit seiner guten Übersicht und dem sicheren Passspiel ist Schuster für die ersten Impulse im Spielaufbau zuständig.

In Yacine Abdessadki, Daniel Caligiuri, Maximilian Nicu, Johannes Flum und Anton Putsila streiten sich gleich fünf Spieler um die zwei Plätze auf den offensiven Außenpositionen. Weitere Alternativen sind zudem Erik Jendrisek und Jan Rosenthal, der sich nach einem Eingriff am Knie noch im Aufbautraining befindet. Solange Letzterer noch nicht fit ist, haben wohl Caligiuri und Abdessadki die besten Karten auf einen Platz in der Anfangsformation.

Die größte Problemzone ist zumindest derzeit noch die Verteidigung. Von der Wunsch-Viererkette sind derzeit nur Ferati und Mensur Mujdza hundertprozentig fit, Kapitän Heiko Butscher (Achillessehnenreizung) und Felix Bastians (Leisten-OP) haben weite Teile der Vorbereitung verpasst. Daher wird wohl zunächst Oliver Barth, der in der letzten Saison eine guten Eindruck hinterließ, den zentralen Part neben Ferati übernehmen. Daniel Williams hat in den Testspielen auf der linken Defensivseite überzeugt.

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Der Spieler im Fokus

Garra Dembele. Der 25-jährige Stürmer kam im Sommer mit der Empfehlung von 34 Toren in 36 Spielen aus Sofia. In der bulgarischen Liga sicherte er sich mit großem Abstand die Torjägerkrone.

Trotz seines wuchtigen Körpers verfügt Dembele über eine außergewöhnliche Schnelligkeit und Dynamik. Im Trainingslager überzeugte der 1,86 Meter große Knipser durch einen ausgeprägten Drang zum Tor und Gradlinigkeit im Abschluss. Auch das Zusammenspiel mit Cisse klappte in der Vorbereitung phasenweise schon prächtig.

Dennoch dämpft Sorg vorerst die hohen Erwartungen an den Neuzugang: "Man sollte ihm zugestehen, dass er womöglich den einen oder anderen Monat braucht, um sich einzugewöhnen." Aber: "Garra hat, das hat sich bereits gezeigt, die Voraussetzungen, die Erwartungen erfüllen zu können."

Die Prognose

Das Saisonziel ist laut Sorg völlig klar: "Wir wollen so schnell wie möglich die Klassenzugehörig sichern." Zudem will der Trainer "die Mannschaft weiterbringen und junge Leute aus dem Nachwuchs integrieren."

Dass im Breisgau traditionell in aller Ruhe gearbeitet werden kann, kommt Sorg dabei zu Gute: "Es ist sicherlich ein Vorteil, dass allen bewusst ist, dass die erste Liga für den SC zu jeder Zeit ein Geschenk ist."

Vor allem, wenn Papiss Cisse beim SC Freiburg bleibt, stehen die Chancen gut, dass man sich im Breisgau auch 2012 noch an diesem Präsent erfreuen darf.

Der Kader des SC Freiburg im Überblick