Huntelaar: "Wir haben doch gar nicht gewonnen"

SID
Endlich königsblauer Jubel für Raul - nach seinem ersten Bundesligator dreht er ab
© Getty

Raul küsste erleichtert den Ball, Felix Magath war "glücklich", und die Fans jubelten wie nach einem großen Triumph: Schalke 04 feierte sich selbst - und verdrängte einfach seine Krise. Nur Torjäger Klaas-Jan Huntelaar wunderte sich nach dem 2:2 (0:2) gegen die Bundesliga-Schießbude Borussia Mönchengladbach über die ausgelassene Freude um sich herum: "Das ist seltsam, wir haben doch gar nicht gewonnen."

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Beim Blick auf die Tabelle, bei nur vier Punkten aus sechs Spielen, aber schon zwölf Gegentoren müsste den Königsblauen eigentlich angst und bange werden. Doch sie feierten lieber - vor allem Superstar Raul, der nach 599 Pflichtspielminuten endlich für Schalke getroffen hatte.

"Dieses erste Tor wollte ich unbedingt. Ich bin erleichtert, dass ich es geschafft habe", sagte die spanische Fußball-Legende, die in den ersten Wochen in der Bundesliga schon viel von ihrem Glanz verloren hatte.

Real-Raul wieder da

"Ich weiß, dass es viele gibt, die an ihm gezweifelt haben", sagte Magath, der sein runderneuertes Team um den 33-Jährigen herum aufgebaut hatte, "wie er das Tor gemacht hat, war einfach klasse." In der Tat blitzte der Raul auf, der für Real Madrid 228 Tore in 550 Ligaspielen und 66 Champions-League-Treffer erzielt hatte, als er sich gegen drei Gegenspieler durchsetzte und Torwart Logan Bailly verlud (87.)

"Jetzt wird es leichter für mich", sagte der Spanier.

"Er hat gezeigt, was alles möglich ist", sagte Magath, der zuvor "nicht eine Sekunde daran gedacht" hatte, Raul trotz erneut schwacher Leistung auszuwechseln. Der Schalker Trainer und Manager musste dem Altstar doppelt dankbar sein, nicht nur weil er seine Geduld belohnt, sondern auch, weil er ihn vor einem weiteren historischen Tiefpunkt bewahrt hatte.

Negativrekord abgewendet

Mit der dritten Heimniederlage hätte der als Meistermacher geholte Coach erneut einen Schalker Vereinsrekord aufgestellt - wie schon mit den vier Pleiten in den ersten vier Bundesliga-Spielen.

So blieb es beim schwächsten Heimstart seit 1967 - doch das schien kaum jemanden zu stören. "Ich bin glücklich, wie die Mannschaft gekämpft und gefightet hat", gab Magath zu Protokoll.

Dass die komplett umgebaute Abwehr erneut von einer Verlegenheit in die nächste stürzte, interessierte nur am Rande. Dabei bereitete sich der Coach selbst die größten Probleme, weil er Innenverteidiger Benedikt Höwedes auf die rechte Außenposition stellte - wo er den Elfmeter zum 0:1 durch Filip Daems (15.) mit einem Foul an Raul Bobadilla verursachte und beim 0:2 durch Michael Bradley (43.) hinterherlief.

Sieben Rechtsverteidiger in sieben Spielen

"Irgendeinen Fehler können sie mir ja immer anhängen", giftete Magath einen Reporter an, der ihn auf diese Maßnahme ansprach. Möglicherweise bereut er mittlerweile auch, dass er den Brasilianer Rafinha gehen ließ: In den ersten acht Pflichtspielen probierte Magath sieben (!) Rechtsverteidiger aus - mit dem "Erfolg", dass er durch Fehler auf dieser Position drei Spiele verlor und gegen Gladbach nicht gewann.

"Jeder, der dort eingesetzt wird, spielt so gut er kann", sagte Torhüter Manuel Neuer: "Aber wir wissen alle, dass es für sie nicht die Stammposition ist." Für das Champions-League-Heimspiel am Mittwoch gegen Benfica Lissabon muss Magath sich wieder etwas Neues einfallen lassen, dann ist Höwedes gesperrt.

Auf Huntelaar ist Verlass

Doch in der Krise zählt auf Schalke vor allem das Positive. Neben dem Ende von Rauls Torflaute waren dies die Trefferquote von Huntelaar, der im vierten Bundesligaspiel sein drittes Tor erzielte (52.), und die verbesserte Leistung von Abwehrchef Christoph Metzelder.

"Ich habe mir meine persönliche Krise genommen, aber im Moment fühle ich mich sicherlich besser", sagte der frühere Dortmunder, der in der Defensive solide spielte und Huntelaars Tor vorbereitete: "Ich hoffe, dass ich jetzt weiter diese Stabilität zeigen kann."

Stabilität suchen immer noch die Gladbacher. Zwar sah Trainer Michael Frontzeck nach dem 0:7 in Stuttgart ein "gutes Auswärtsspiel" und wieder "Boden unter den Füßen". Doch nach der Roten Karte gegen Roel Brouwers wegen eines brutalen Fouls an Huntelaar (78.) ging erneut die defensive Ordnung verloren, am Ende geriet die Gladbacher Abwehr wieder in höchste Seenot.

Schalke - Gladbach: Daten zum Spiel