Bayern: Der erste große Frust

Von Thomas Gaber
Am Boden: Bayerns Torhüter Jörg Butt nach dem 0:1 gegen Mainz

Ungewöhnlich heftig, aber dem Anlass angemessen, geht der FC Bayern München nach der Pleite gegen Mainz 05 mit seinem derzeitigen Leistungsvermögen um. Die Zeit der Ausreden ist abgelaufen.

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Karl-Heinz Rummenigge wurde am Samstag 55 Jahre alt. Glückwunsch! Das Licht des Bayern-Chefs leuchtet zwar nicht so hell wie das von Neongestalt Franz Beckenbauer, aber auch Rummenigge bekam, wie der Kaiser vor dem Heimspiel gegen Bremen am 11. September, vor dem Anpfiff der Partie gegen Mainz ein "Happy Birthday"-Ständchen von den Fans und einen Blumenstrauß von seinen Vorstandskollegen.

Besonders gut ging es Rummenigge dennoch nicht an seinem Ehrentag. Eine hartnäckige Erkältung hat ihn heimgesucht und das Spiel seines FC Bayern an diesem Samstagnachmittag trug nicht zur baldigen Genesung bei. 1:2 verloren und schon zehn Punkte Rückstand auf den Tabelleführer. Insbesondere die Art und Weise der zweiten Saisonniederlage störte Rummenigge.

"Leidenschaft, Aggressivität, Laufbereitschaft - all die Attribute, die uns in den letzten Monaten ausgezeichnet haben, haben wir vermissen lassen. Jetzt ist die Mannschaft gefordert. Jeder einzelne muss sich an die eigene Nase fassen. Und unsere Nase läuft."

Verschnupfter Vorstandsboss, verschnupfte Spieler. Pünktlich zum Beginn des herbstlichen Schmuddelwetters, rein sportlich aber zur absoluten Unzeit.

Bayern - Mainz in der SPOX-Analyse

Keine Ausreden mehr

Die beiden torlosen Remis gegen Bremen und Köln entschuldigten die Spieler noch mit fehlendem Rhythmus und fehlender geistiger Frische und, wie Rummenigge, mit dem für die Zuschauer unzumutbaren Defensivstil der Kölner.

Die Pleite gegen Mainz lässt keinerlei Spielraum mehr für mitunter billigen Ausreden. Trainer Louis van Gaal sprach deutlich drei wesentliche Punkte an.

"Wir hatten große Schwierigkeiten mit dem Pressing der Mainzer, obwohl wir gewusst haben, dass sie so spielen würden. Wir konnten damit trotzdem nicht umgehen. Außerdem haben wir viele Ballverluste erlitten und zu viele Spieler waren unter ihrer Normalform."

Null Stürmer-Tore

Von der Dominanz der letzten Monate sind die Bayern derzeit weit entfernt. Die Mannschaft ist nicht in der Lage, aus ihren hohen Ballbesitzzeiten Kapital zu schlagen. Das Passspiel war insbesondere in der ersten Halbzeit erschreckend. "Wir haben sehr schlecht gespielt und die Quittung bekommen. Mainz hat eine eindeutig bessere Form als wir", sagte Thomas Müller.

Toni Kroos wirkte ein wenig ratlos. "Wir spielen uns viel zu wenige Torchancen heraus. Wir haben aber momentan keine Erklärung, woran es liegt", sagte der 20-Jährige.

Der Ausfall von Franck Ribery und Arjen Robben habe nichts mit der ideenlosen Spielweise der Bayern zu tun, so Kroos. "Sicher fehlen uns mit Franck und Arjen zwei kreative Spieler, aber wir sind der FC Bayern. Wir müssen auch ohne die beiden deutlich besser spielen."

Die wenigen Torchancen gegen Mainz wurden zum Teil kläglich vergeben. Nur fünf Tore haben die Bayern in sechs Ligaspielen erzielt, die Stürmer Miroslav Klose, Ivica Olic und Mario Gomez stehen bei null Treffern.

Nerlinger: Gesamtmannschaftliches Problem

"Wir haben nicht nur ein Stürmerproblem, sondern ein gesamtmannschaftliches. In allen Mannschaftsteilen sind zu viele Fehler passiert. Unsere Leistung war desolat", sagte Sportdirektor Christian Nerlinger. "Mich enttäuscht eigentlich gar nichts. Ich bin bloß verwundert, wie wir uns präsentiert haben. Ich dachte, dass wir nach dem Sieg in Hoffenheim den Schalter umgelegt haben. Das war eine Leistung, die ich den letzten Monaten von unserer Mannschaft nicht erlebt habe."

Ungewohnt heftige, aber dem Anlass angemessen klare Worte. An die Titelverteidigung wagt derzeit niemand beim FC Bayern zu denken. "Es wäre fahrlässig, zu behaupten, wir könnten an die Mannschaften, die vor uns stehen, schnell wieder rankommen. Wir sind momentan weit weg und müssen schnell die Kurve kriegen", sagte Rummenigge.

Für den Gegner fanden die Bayern - berechtigterweise - durchweg positive Worte. Van Gaal traut den Mainzern sogar die deutsche Meisterschaft zu. Nach sechs Spieltagan eine respektvolle, aber sehr gewagte Aussage.

"Nach sechs Spieltagen ist noch keine Mannschaft deutscher Meister geworden, aber Mainz beeindruckt mich schon. Wir müssen jetzt endlich aufwachen", sagte Müller.

Am nächsten Sonntag heißt der Gegner Borussia Dortmund. Neben den Mainzern das zweite Team en vogue und auch schon sieben Punkte vor den Bayern. Entscheidende Wochen für die Münchner zu einem ungewohnt frühen Zeitpunkt.

Bayern - Mainz: Daten zum Spiel