Mainz ist der Comeback-König der Liga

Von Haruka Gruber / Felix Mattis
Die Entscheidung: Andre Schürrle zieht ab, Florian Dick fälscht ab, und der Ball landet im Tor
© Getty

Drei Spiele, neun Punkte: Der FSV Mainz 05 feiert dank Andre Schürrle den besten Start aller Zeiten. Dennoch läuft nicht alles perfekt. Beim 1. FC Kaiserslautern macht immerhin die Defensive Hoffnung.

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Der Höhenflug des FSV Mainz 05 geht weiter: Mit einem 2:1 (0:1)-Erfolg über den 1. FC Kaiserslautern hat die Mannschaft von Thomas Tuchel im dritten Spiel den dritten Sieg gefeiert.

Vor 20.300 Zuschauern im ausverkauften Bruchweg-Stadion erzielte Srdjan Lakic (20.) die Führung für Kaiserslautern.

Ähnlich wie in Wolfsburg drehte der FSV aber nach der Pause die Partie. Niko Bungert (71.) und Andre Schürrle (74.) sorgten mit dem Doppelpack für den Traumstart in die Saison.

Nachbetrachtung:

Drei Spiele, neun Punkte: Mainz feiert den besten Saisonstart der Klub-Geschichte. Das jedoch bedeutet nicht, dass beim FSV alles perfekt läuft. Beim 4:3 in Wolfsburg nach 0:3-Rückstand führten vor allem individuelle Fehler zu den Gegentoren, auch gegen Kaiserslautern sorgte eine Unkonzentriertheit von Bungert (Tuchel: "Er hat vergessen, zum Kopfball zu gehen") und Zabavnik für das 0:1. Was auffiel: Das beim Auftaktsieg gegen Stuttgart so starke Sechser-Trio Polanski, Soto und Polanksi übertrieb es mit der Rochade. Immer wieder wechselten sie die Positionen - und sorgten so für Verwirrung in den eigenen Reihen.

Erst als in der Pause umgestellt wurde und Soto den verkappten Spielmacher mimte, kam etwas mehr Struktur ins Spiel. Der Garant für den erneuten Comeback-Sieg war jedoch jemand anders: Andre Schürrle. Nach seiner Verletzung bereits in Wolfsburg als Einwechselspieler wertvoll, sorgte er gegen Kaiserslautern mit dem 2:1-Siegtor sowie einigen starken Aktionen für die Wende. Mittelfristig kann sein Weg nur in die Nationalmannschaft führen.

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Kaiserslauterns Höhenflug hat hingegen ein Ende gefunden - was angesichts der spielerischen Mittelmäßigkeit nicht verwundert. Defensiv ist der FCK mit seiner vorzüglichen Grundordnung und den beiden guten Sechsern Bilek/Tiffert bereits in der Bundesliga angekommen, doch offensiv ist das Team noch nicht in der Lage, einen Gegner zu dominieren - was von einem Aufsteiger aber auch nicht zu erwarten ist. Was in Mainz jedoch anders als gegen die Bayern fehlte, war der Mut, konsequent auf das zweite Tor zu spielen.

Reaktionen:

Thomas Tuchel (Trainer Mainz): "Ich war heute sehr angespannt. Ich weiß gar nicht, wieso. In der ersten Halbzeit waren wir im Passspiel schlampig und haben die Räume nicht so besetzt, dass wir ein Positionsspiel aufziehen können. In der Pause gab es kein Geschrei, aber ich war schon eindringlich, weil wir die Dinge, die uns eigentlich ausmachen, nicht gut gemacht haben.

Marco Kurz (Trainer Kaiserslautern): "Wir haben uns zu sehr hinten reindrängen lassen. Letztendlich kann ich der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Wir haben zwei doofe Tore bekommen, aber nur, weil wir nicht den Mut hatten, selbst auf ein zweites Tor zu spielen."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Mainz mit nur einer Änderung, Bungert verteidigt für Svensson. Zwei Umstellungen bei Lautern: Der Gelb-Rot-gesperrte Ilicevic und Nemec raus, Rivic und Hoffer rein.

20., 0:1, Lakic: Langer Abschlag von Sippel, den Hoffer mit der Schulter genau in Lakics Lauf verlängert. Zabavnik und Bungert schlafen - und Lakics spitzelt den Ball am herauseilenden Wetklo vorbei in Tor.

42.: Freistoß für Mainz aus knapp 30 Metern von halbrechts. Fuchs zielt direkt aufs Tor, aber Sippel hat aufgepasst und lenkt den Ball über die Latte.

60.: Heller rast über die rechte Außenbahn und flankt halbhoch in die Mitte - Schürrle verfehlt nur haarscharf.

67.: Schürrle setzt sich links stark durch und spielt an den kurzen Pfosten. Dort aber verpasst erst Szalai und dann Soto.

71., 1:1, Bungert: Nach einem Fuchs-Einwurf kommt Karhan aus der zweiten Reihe zum Schuss. Schürrle fälscht ab und so kommt die Kugel sieben Meter vor dem Tor zufällig zum freistehenden Holtby. Der bleibt ruhig und legt an Sippel vorbei für Bungert ab, so dass der Verteidiger nur ins leere Tor einschieben muss.

74., 2:1, Schürrle: Mainz kontert über links, Schürrle zieht zur Mitte und schießt aus 18 Metern. Dick fälscht den Ball ab - und macht den Schuss so unhaltbar für Sippel.

87.: Rodnei passt nicht richtig auf und vertändelt den Ball kurz vor dem eigenen Strafraum gegen Szalai. Der schlägt einen Haken und sucht den Abschluss - vergeblich. Ein Querpass zum freien Holtby wäre besser gewesen.

Fazit: Ein Spiel auf zunächst schwachem Niveau. Nach der Pause steigerte sich aber Mainz und kam verdient zum Sieg.

Der Star des Spiels: Andre Schürrle. Gerüchte um ein Zehn-Millionen-Euro-Angebot aus Hoffenheim und das Interesse von Manchester United und dem FC Bayern bestimmten Schürrles Sommer, hinzu kam eine unangenehme Schambein-Verletzung, die ihm einen Teil der Vorbereitung und den Saisonstart kostete. Doch die Art und Weise, wie unbeeindruckt sich der 19-Jährige von all den Unruhen zeigt, ist beeindruckend. Wurde wie in Wolfsburg nach der Halbzeit eingewechselt und war maßgeblich am erneuten Comeback des FSV beteiligt. Kein Zufall: In den 90 Minuten, die Schürrle bisher auf dem Platz stand, hat Mainz ein Torverhältnis von 5:0.

Die Gurke des Spiels: Radoslav Zabavnik. Etliche Fehlpässe, keine Impulse nach vorne und das 0:1 mitverschuldet: Der Rechtsverteidiger erwischte einen gebrauchten Tag. Dass er wie der ebenfalls schwache Allagui nach der ersten Halbzeit ausgewechselt wurde und sein Stellvertreter Heller überzeugte, passte ins Bild.

Die Pfeife des Spiels: Thorsten Kinhöfer. Kurios, aber der Schiri verteilte an Lautern fünf Gelbe Karten, bevor erstmals mit Polanski ein Mainzer verwarnt wurde. Lag mit seinen Entscheidungen dennoch richtig und hatte die Partie trotz einiger harter Zweikämpfe gut im Griff.

Analyse: Angepriesen wurde die Partie im Vorfeld als Spitzenspiel und hochspannendes Rheinland-Pfalz-Derby. Doch herauskam in der ersten Halbzwei ein wenig ansehnlicher Kick zweier Teams, die sich vor allem durch Fehlpässe (Mainz) und einer sehr defensiven Grundordnung (Kaiserslautern) auszeichneten. Das überraschende Führungstor durch Lakic blieb das einzige Highlight in den 45 Minuten.

Auch nach der Pause zeigte Mainz ungewohnte Schwächen im Spielaufbau, doch immerhin gelang es dem FSV, das Mehr an Ballbesitz (63 Prozent) in zwingendere Aktionen umzumünzen. Holtby und Soto zeigten sich verbessert, den Unterschied machte aber der eingewechselte Schürrle aus.

Lautern konnte dem nach wie vor Fehler behafteten Power-Fußball der Mainzer nichts entgegensetzen und spielte nach dem Führungstor zu zaghaft. Auffällig, dass von Lakic abgesehen die komplette FCK-Offensive abtauchte, so dass der FSV in der zweiten Halbzeit nicht unter Druck geriet.

Mainz - Kaiserslautern: Daten zum Spiel