Noch wenig Daum-Effekt

Von Stefan Rommel
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© Imago

Eintracht Frankfurt holt mit viel Glück und etwas Geschick einen Punkt beim VfL Wolfsburg. Nach anderthalb Wochen unter Christoph Daum liegen noch viele Aufgabengebiete brach. Gegner Wolfsburg ist da schon bedeutend weiter. Allerdings droht dem Regisseur ein juristisches Nachspiel.

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Christoph Daum hatte sich richtig schnell umgezogen. Das Spiel seiner neuen Mannschaft in Wolfsburg verfolgte der 57-Jährige noch gewohnt traditionell in Ballonseide, bei den offiziellen Terminen vor den Kameras, auf der Pressekonferenz und in der Mixed Zone trug Daum dann doch den Klubanzug.

"Anzug und Krawatte sind etwas für Festtage, aber nicht für den Abstiegskampf", sagt Daum. Das Spiel in der VW-Arena war offenbar von beidem etwas. Offiziell stand "Abstiegskampf" drauf, ein Duell zwischen dem Tabellensiebzehnten und dem Vierzehnten lässt wohl auch keine anderen Schlüsse zu.

Für Daum selbst war es aber irgendwie auch ein kleiner Festtag. Er war schließlich zurück auf der Bühne, die er sein eigen nennt - die ohne ihn durchaus kann, er aber irgendwie nicht ohne sie.

"Punktgewinn ein Riesenerfolg"

Mit einem 1:1 meldete er sich zurück. Und mit ungewohnt harmonischen Tönen. "Wenn ich sehe, was die Wolfsburger für einen Kader haben, bin ich mir sicher, dass sie da unten rauskommen werden. Sie sind eine überragende Mannschaft, und deswegen bin ich zufrieden, einen Punkt mitgenommen zu haben", sagte er.

Daum blieb in Bezug auf die strittigen Schiedsrichterentscheidungen zumindest neutral, verurteilte sogar den Platzverweis für Arne Friedrich. Offensichtlich hatte er genug damit zu tun, sich innerlich diebisch über einen Punktgewinn zu freuen, wie selbst er sie nach nunmehr 420 Spielen als Cheftrainer nur selten erlebt.

"Der Punktgewinn ist für uns ein Riesenerfolg. Glückwunsch an die Mannschaft. Sie hat wunderbar gefightet und ihre kämpferischen Qualitäten in den Mittelpunkt gestellt. Aber in Wolfsburg war nichts anderes angesagt", verteidigte Daum eine recht biedere Vorstellung seiner Mannschaft.

Wenig Handschrift vom Trainer

Seit gut anderthalb Wochen hat er mittlerweile in Frankfurt das Sagen. Eigentlich eine ausreichende Zeitspanne, um zumindest ein paar Dinge aus der Vergangenheit umzugestalten. Deutlich verbessert spielte seine Mannschaft aber nicht auf.

"Wir wissen, dass wir uns auch spielerisch noch verbessern können und müssen", gab Daum zu. "Aber wichtig ist die kämpferische, läuferische Einstellung. Nur so kommen wir da unten wieder raus."

Wenn im Vorfeld von einem gewünschten Daum-Effekt die Rede war, ist er für diese erste Partie von großer Bedeutung noch fast gänzlich ausgeblieben. Die Mannschaft spielte immer noch zögerlich, die Bindung besonders zwischen dem defensiven und offensiven Mittelfeld fehlte.

Richtig brennen würde seine Mannschaft auf die Partie, hatte Daum gesagt. Gezeigt hat sie davon aber recht wenig.

Zwei Fehlentscheidungen

Dass es am Ende zu einem Punkt und beinahe sogar noch zu mehr gereicht hätte, lag an einer unzureichenden Chancenverwertung des Gegners - und an zwei Fehlentscheidungen des bis dahin souveränen Schiedsrichters Torsten Kinhöfer.

Der Führungstreffer der Frankfurter durch Alexander Meier wurde aus einer klaren Abseitsposition heraus erzielt, dem zweifelhaften Platzverweis für Arne Friedrich ging ein Foul im Strafraum von Marco Russ voraus. Elfmeter für Wolfsburg wäre die richtige Entscheidung gewesen. Nicht Gelb-Rot für Friedrich.

Friedrich: "Das war ein Witz"

"Das war ein Witz. Ich mache überhaupt nichts und er stellt mich vom Platz", echauffierte sich Friedrich nach dem Spiel. "Der Schiedsrichter konnte es mir nicht mal erklären. Ich habe ihn ungefähr zehnmal gefragt. Er meinte dann irgendwann, ich hätte geschubst."

Das Ergebnis müsste angesichts von 65 Prozent Ballbesitz, 62 Prozent gewonnener Zweikämpfe, 27:6 Torschüssen und 14:1 Ecken aus Wolfsburger Sicht eine reine Enttäuschung sein. Chef-Pragmatiker Felix Magath konnte dem einen Punkt aber doch noch etwas Gutes abgewinnen.

"Das erste Ziel war es, vom Abstiegsplatz wegzukommen. Das haben wir erreicht. Und auch die Leistung meiner Mannschaft war gut", sagte Magath.

Wolfsburg zeigt erste Fortschritte

Er kann im Vergleich zu Daum nach dem soliden Auftritt vor zwei Wochen in Stuttgart bereits erste Früchte seiner Arbeit auf dem Platz sehen.

Magath ist lediglich ein paar Tage länger bei seiner neuen, alten Mannschaft. Aber Wolfsburg spielt einen deutlich leidenschaftlicheren Fußball, mit Biss und Aggressivität. Und die Mannschaft kann bis zum Ende hohes Tempo gehen.

Die Basis für die nötigen Punktgewinne im Abstiegskampf scheint gelegt. Stress gibt es allerdings mal wieder um Diego. So dominant und ehrgeizig der Brasilianer erneut auftrat, so dumm und unreif bleiben seine unverzeihlichen Aussetzer.

Die Tätlichkeit gegen Patrick Ochs war nicht die erste Entgleisung dieser Art in der laufenden Saison. "Wenn das von Diego Absicht war, war das nicht in Ordnung, keine Frage", gab Magath zu.

Da Kinhöfer die Aktion nicht gesehen und dementsprechend auch nicht geahndet hat, droht Diego ein juristisches Nachspiel.

Wolfsburg - Frankfurt: Daten zum Spiel

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