Spielabbruch auf St. Pauli! Schalke siegt

Von Stefan Rommel / Falk Landahl
St. Paulis Spieler versuchten die Fans nach dem Spielabbruch zu beruhigen
© Getty

Das Comeback von Trainer Ralf Rangnick auf der Schalke-Bank wurde durch einen Eklat überschattet: Zum Auftakt des 28. Spieltags führten die Königsblauen bis zur 88. Minute am Millerntor gegen den FC St. Pauli mit 2:0 (1:0) - dann wurde die Partie aber vorzeitig von Schiedsrichter Deniz Aytekin beendet. Assistent Thorsten Schiffner war von einem vollen Bierbecher am Nacken getroffen worden. Das Spiel wird damit offiziell am grünen Tisch für Schalke gewertet werden.

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Vor 25.000 Zuschauern erzielte Schalkes Star Raul in der ersten Halbzeit die überfällige Führung für die Gäste (25.). In der zweiten Halbzeit entschied Julian Draxler die Partie mit seinem ersten Bundesligator (66.).

Die Hamburger Jan-Philipp Kalla (Gelb-Rot, 67.) und Fin Bartels (Rot, 78.) flogen zudem noch vom Platz.

In der 88. Minute wurde Schiedsrichterassistent Thorsten Schiffner von einem vollen Bierbecher am Nacken getroffen - Schiedsrichter Deniz Aytekin beendete die Partie daraufhin vorzeitig.

Schiedsrichter Aytekin verteidigte seine Entscheidung. "Es ist immer traurig, wenn ein Spiel vorzeitig zu Ende geht", sagte Aytekin: "Wir hatten überhaupt keinen Spielraum."

Sein Assistent sei völlig unerwartet im Nacken getroffen worden, ihm gehe es den Umständen entsprechend gut. "Schon in der ersten Halbzeit und auch in der zweiten waren die Assistenten mit Feuerzeugen und Münzen beworfen worden."

St.-Pauli-Trainer Holger Stanislawski war völlig konsterniert. "Wenn man von sowas getroffen wird, ist das nicht witzig. Das ist eine einzige Katastrophe. Von mir aus kann er sich das Ding selbst an den Kopf hauen. So was darf im Stadion nicht passieren. Ich kann mich nur beim Linienrichter entschuldigen."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Die Gastgeber aufgrund etlicher Verletzungssorgen mit einer Verlegenheits-Viererkette - und mit Pliquett im Kasten. Lehmann ist nach Gelb-Sperre zurück. Asamoah wieder einzige Spitze.

Schalke-Trainer Rangnick baut ordentlich bisschen um, ändert fünf Positionen: Sarpei (links in der Viererkette) und Papadopoulos (defensives Mittelfeld) rücken ins Team. Dazu noch Kluge und Farfan. Die große Überraschung ist Baumjohann, der links im Mittelfeld für Jurado beginnen darf.

2.: Freistoß von halb links von Farfan. Asamoah klärt gegen das Knie von Raul, wovon aus der Ball gegen die Latte klatscht. Der folgende Kopfball von Höwedes wird gerade so zur Ecke gelenkt.

3.: Baumjohann nach einem schnellen Konter im Sechzehner. Bolls Bein trifft ihn am Knöchel. Eigentlich Elfmeter...

4.: Asamoah dreht sich am Fünfer und flankt flach zur Mitte. Takyi rutscht Zentimeter vorbei.

10.: Dauerdruck von Schalke. Aus dem Hinterhalt kommt Baumjohann von halblinks zum Schuss. Der Schlenzer aufs lange Eck verpasst nur um Zentimeter den Pfosten.

26., 0:1, Raul: Ecke Farfan von links. Raul läuft um alle Verteidiger einen Bogen und kommt dann mit Schwung am ersten Pfosten zum Kopfball. Aus acht Metern aufs lange Eck. Pliquett ist am Aufsetzer noch dran, der Ball schlägt aber neben dem Pfosten ein.

44.: Bartels mit dem Fehlpass kurz vor der Mittellinie. Raul erkennt die Situation blitzschnell und lupft den Ball sofort aufs Tor. Pliquett schon geschlagen, der Ball fliegt aus über 40 Metern aber nur aufs Tornetz.

66.: Freistoß Kruse aus dem Halbfeld. In der Mitte steht Boll Zentimeter im Abseits, geht zum Ball und irritiert Neuer damit. Der Ball fliegt ins obere Toreck, Aytekin gibt den Treffer aber nicht.

66., 0:2, Draxler: Raul auf Farfan. Der kratzt den Ball noch von der Torauslinie und flankt an den ersten Pfosten. Draxler ist schneller als Pliquett und Gunesch und drückt den Ball aus fünf Metern mit der Sohle ins Tor.

67., Gelb-Rot gegen Kalla: Der Verteidiger ist gegen Farfan zu spät dran und senst den von hinten um.

79., Rot gegen Bartels: Farfan ist deutlich schneller dran als Bartels. Der zieht aber trotzdem ohne jede Rücksicht auf Verluste voll durch. Farfan kann froh sein, sich bei dieser sinnlosen Aktion nicht schwer verletzt zu haben.

88., Spielabbruch! Assistent Thorsten Schiffern wird von einem vollen Bierbecher am Nacken getroffen und geht kurz zu Boden. Nach kurzer Unterredung mit Aytekin bricht der Schiedsrichter die Partie zwei Minuten vor dem regulären Ende ab.

Der Star des Spiels: Jefferson Farfan ist immer mal wieder Schalkes Sorgenkind. Würde er aber immer so spielen wie gegen St. Pauli, wäre er der überragende Spieler im Kader. Farfan wirkte wie ausgewechselt, rackerte nach hinten, war ungemein gefährlich in der Offensive, von den Hamburgern kaum mit fairen Mitteln zu halten und bereitete beide Tore mustergültig vor. In der Form ist Farfan ein Schlüsselspieler in Rangnicks Planungen.

Der Flop des Spiels: Der St.-Pauli-"Fan", der den Becher geworfen hat.

Der Schiedsrichter: Ein unglaublich schweres Spiel für Deniz Aytekin. Gleich zu Beginn leistete er sich einen Fehler, als er Bolls Einsteigen gegen Baumjohann nicht ahndete. St. Paulis Treffer abzuerkennen, war korrekt, weil Boll die Bewegung zum Ball macht und Neuer entscheidend irritiert. Geld-Rot gegen Kalla war ebenso in Ordnung wie die Rote gegen Bartels. Die Partie dann abzubrechen, war regelkonform und wird für St. Pauli noch ein heftiges Nachspiel haben. In einem hitzigen Spiel behielt Aytekin in den wichtigen Situationen fast immer den Überblick - starke Leistung.

Analyse: Die Partie begann mit einem Turbo-Start, gleich in den ersten vier Minuten passierte einiges. Schalke presste gegen die neu formierte Viererkette der Gastgeber enorm, beide Stürmer und die Mittelfeld-Außen machten tief in der Hamburger Hälfte jede Sekunde Druck auf den Ball.

Die Folge waren viele schnelle Ballgewinne, gefolgt durch schnelles Umkehrspiel und einige sehr gute Chancen für Schalke. Nach einer Viertelstunde bekam St. Pauli etwas mehr zugriff, besonders die linke Seite mit dem früh verwarnten Kalla gegen Farfan und dem ultra-offensiven Uchida blieb aber eine Schwachstelle.

Die Rangnick-Handschrift war mehr als deutlich zu sehen, Schalke versuchte es mit richtigem Fußball, mit schnellen Ballstafetten und einstudiertem Laufspiel. Aber: Der Ertrag stimmte zu lange nicht. Rauls ebenfalls einstudierter Treffer änderte das.

Nach dem Wechsel wirkte St. Pauli entschlossener, rückte mit der ganzen Mannschaft zehn bis 15 Meter weiter nach vorne, war aggressiver und entwickelte phasenweise Druck. Der Knackpunkt war dann die 66. Minute, als erst St. Paulis vermeintlicher Ausgleich nicht gegeben wurde und Draxler im Gegenzug das 0:2 machte.

Danach war das Spiel gelaufen, zumal sich St. Pauli in der Folge durch dumme Aktionen selbst dezimierte. Die "Krönung" war dann noch der Becherwurf, der die Hamburger noch richtig teuer zu stehen kommen dürfte.

St. Pauli - Schalke: Daten zum Spiel

 

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