Neue Offensivpower am Main

Von Fatih Demireli
Die Eintracht aus Frankfurt starte mit einem Auswärtsspiel bei Hannover 96 in die neue Saison
© Getty

Wenige Tage vor dem Start der Bundesliga stellt SPOX alle 18 Klubs in der großen Vorschau-Serie vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: Eintracht Frankfurt.

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Manchmal reichen 90 Minuten, um die Welt zu verändern. So geschehen in Frankfurt. Zwar war die Stimmung bis zum Testspiel gegen den FC Chelsea nicht schlecht, aber das 2:1 gegen den englischen Spitzenklub hat dann doch den Geschmack auf die neue Saison überdimensional gesteigert.

Die 45.000 in der Commerzbank-Arena waren aus dem Häuschen und selbst der Gegner fand Worte wie Balsam für die Seele. "Frankfurt hat sehr guten Fußball gespielt. Das ist eine starke Mannschaft, die uns echt gefordert hat", sagte Chelseas Carlo Ancelotti. Gefordert ist nun die Eintracht in der neuen Saison, denn auch ohne den Chelsea-Erfolg sind die Erwartungen hoch.

Das ist neu

Vor allem die Power in der Offensive, die nach den Transfers von Theofanis Gekas und Halil Altintop (Kauf nach Leihe) und der Genesung von Ioannis Amanatidis deutlich zugelegt hat. War Michael Skibbe in der vergangenen Saison mit der Ausbeute seines Angriffs noch unzufrieden, hat er jetzt viele Variationsmöglichkeiten.

Wichtig war der Transfer von Georgios Tzavellas von Panionios Athen. Der Linksverteidiger wird den früheren Kapitän Christoph Spycher ersetzen, den es in die Heimat zu den Young Boys Bern gezogen hat. Sebastian Rode, gekommen aus Offenbach, ist eine Investition für die Zukunft. Auch Habib Bellaid, zuletzt nach Frankreich ausgeliehen, ist wieder da.

Verkraften wird Frankfurt, mit Ausnahme von Spycher, wohl sämtliche Abgänge: Nikos Liberopoulos hätte in der neuen Angriffsrotation kaum Platz gefunden. Selim Teber hat bei der Eintracht an seine Hoffenheimer Zeit nicht anknüpfen können und spielt ab sofort für Kayserispor. Markus Pröll, Faton Toski und Co. spielten unter Skibbe ohnehin keine Rolle.

Neuer Kapitän der Mannschaft ist Chris. Der Brasilianer wird Spychers Nachfolger, sein Vertreter heißt Patrick Ochs, der auch als Primus in Frage kam. Keine Rolle spielte hierbei Amanatidis, der ohnehin lange weg war. Das beste Verhältnis zu Trainer Skibbe hat der Grieche ohnehin nicht.

Die Taktik

Skibbes System ist in der neuen Saison das 4-4-2, wobei sich die Eintracht in der neuen Saison klar offensiver definieren will. "Wir haben so viele gute Angreifer. Ich vermute, dass wir offensiver spielen in der neuen Saison", sagt auch Abwehrspieler Maik Franz. Mehr als zwei Stürmer wird Skibbe dennoch nicht bringen können.

Deswegen wird es bis zum Anpfiff am 1. Spieltag gegen Hannover 96 ein Hauen und Stechen um die beiden Plätze im Sturm geben. Gesetzt ist Neuzugang Theofanis Gekas. Daneben werden Halil Altintop und Amanatidis das Rennen unter sich ausmachen. Martin Fenin bleibt da erstmal außen vor.

Positiv aus der Sicht Skibbes ist sicher der breit aufgestellte Kader. "Wir können sogar auf Leistungsträger verzichten und trotzdem überzeugen", sagt der Trainer. Gemeint ist da nicht nur der Angriff. Auch in der Defensive tummeln sich einige Kandidaten.

Klar ist, dass Patrick Ochs in der neuen Saison klar für das rechte Mittelfeld vorgesehen ist. Skibbe will von der Dynamik des neuen Vizekapitäns profitieren. Statt Raute könnte es im Mittelfeld zu einer Doppelsechs kommen. Alex Meier und Pirmin Schwegler sind hier erste Kandidaten.

Denn trotz aller Offensivpower will Skibbe ein kompaktes Team in der Defensive sehen. Eine zentrale Rolle nimmt Schwegler ein, den sein Trainer als "Umschaltspieler" beschreibt. Konkret: Schwegler soll das Frankfurter Spiel bestimmen, Taktgeber im Wechsel von Defensive auf Offensive sein.

"Wir müssen im Defensivbereich gut arbeiten und aufeinander abgestimmt sein", sagt Skibbe, der auf die baldige Genesung seines defensiven Fixpunkts Chris hofft.

Der Spieler im Fokus

Ioannis Amanatidis. Die überzeugende Rückkehr beim 2:1 gegen Chelsea hat nicht nur den Griechen begeistert, der aufgrund seiner Knieverletzung in der vergangenen Saison nur acht Pflichtspiele absolvieren konnte. "Er ist unser wichtigster Stürmer", sagt Frankfurt-Boss Heribert Bruchhagen. Mehr Rückendeckung geht nicht. Die lange Verletzungspause hat am Selbstvertrauen von Amanatidis nichts verändert.

"Mein Selbstbewusstsein beruht auch auf Fakten. Wenn man ein bisschen etwas vom Fußball versteht und dieses Wissen auch gut einschätzen kann, dann sieht man, ob der eine oder andere Spieler etwas kann oder nicht", sagt der Routinier... Die Chancen, dass er gemeinsam mit Landsmann Gekas am 1. Spieltag aufläuft, wachsen von Tag zu Tag. Aber Voraussetzung bleibt die Fitness, die nicht immer so felsenfest ist wie das Selbstvertrauen des ehemaligen Kapitäns.

Das Interview

SPOX: Ist es überhaupt möglich, die vergangene Saison zu toppen oder hat man da für den Moment schon ein gewisses Maximum erreicht?

Amanatidis: Spielerisch war das letzte Jahr auf jeden Fall ein großer Schritt nach vorne. 2007/2008 hatten wir aber auch schon 46 Punkte auf dem Konto. Nun ist aber die Qualität im Kader eindeutig höher und wir spielen auch ganz anderen Fußball - auch gegen große Vereine. Das hat uns nach vorne gebracht. Wir müssen die letzte Saison natürlich jetzt bestätigen.

Das ganze Interview mit Ioannis Amanatidis zum Nachlesen

Die Prognose

In Frankfurt wird eine Verbesserung zur vergangenen Saison erwartet, als Rang zehn erreicht wurde. Die Voraussetzungen haben die Frankfurter dafür geschaffen. Bis auf ganz wenige Ausnahmen ist jede Position doppelt besetzt. Michael Skibbes fortwährende Rufe nach Verstärkungen sind also erhört wurden. Die Eintracht ist gut aufgestellt und hat so viele Möglichkeiten wie lange nicht mehr.

Deswegen sollten die atmosphärischen Störungen zwischen Skibbe und Bruchhagen nicht mehr so ins Gewicht fallen wie phasenweise in der vergangenen Saison. Ob Potenzial für weitere Brandherde da ist, wird die neue Saison zeigen. Unruhe könnte entstehen, wenn zwei der vier Angreifer auf der Bank landen.

Viel wird bei der Eintracht davon abhängen, ob die absoluten Leistungsträger fit bleiben. Chris, Schwegler, Ochs oder Amanatidis dürfen in der neuen Saison nicht langfristig ausfallen, sonst wird es schwierig, sich zu verbessern.

Wenn alle fit bleiben und die Eintracht das große Potenzial in der Offensive nutzt, sollte ein einstelliger Tabellenplatz drin sein. Die Träume von der Europa League kommen für die Hessen aber noch etwas zu früh.

Eintracht Frankurt - der Kader im Überblick