Stuttgart auf Europa-Kurs - Bochum naiv

Von Florian Bogner / Christian Baldermann
Stuttgarts Cacau (M.) erzielte sein 12. Saisontor und legte Sturmpartner Ciprian Marica ein Tor auf
© Getty

Der VfL Bochum steuert der zweiten Liga entgegen: Am 32. Spieltag verloren die Bochumer gegen den VfB Stuttgart vor eigenem Publikum mit 0:2 (0:2) und haben mittlerweile jeden Kredit bei den Fans verspielt. Der VfB darf sich hingegen nach dem sechsten Sieg in Folge berechtigte Hoffnungen aufs internationale Geschäft machen.

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Vor 25.000 Zuschauern stellte Stuttgart die Weichen früh auf Sieg: Cacau (14.) und Ciprian Marica (17.) trafen nach Vorlage des jeweils anderen.

Die Bochumer Fans reagierten früh mit "Wir haben die Schnauze voll!"-Sprechchören, trieben die Spieler dann aber auch wieder mit Anfeuerungsrufen über den Platz. In der Schlussphase kippte die Stimmung dann vollends, von Bochum kam die gesamte zweite Halbzeit nichts, die Fans flüchteten sich teilweise in Galgenhumor.

Heldt: "Haben nichts anbrennen lassen"

Bochum muss mit 28 Punkten nun hoffen, am Wochenende nicht auf einen Abstiegsplatz durchgereicht zu werden. Insgesamt ist der VfL seit zehn Spielen ohne Sieg. Stuttgart schloss mit 53 Punkten zumindest bis Samstag zu Dortmund auf und hat nun sogar den dritten Platz in Reichweite.

"Das war ein souveräner, verdienter Sieg, wir haben eigentlich gar nichts anbrennen lassen", sagte VfB-Sportdirektor Horst Heldt: "Wir wollen weiter Druck ausüben auf die Mannschaft vor uns, und da sind wir auf einem guten Weg."

Heiko Herrlich meinte: "Wir haben es nicht geschafft, uns auch nur eine nennenswerte Torchancen zu erarbeiten. Diese Probleme haben wir nicht erst seit heute und gegen Stuttgart ist es in der Rückrunde eben ohnehin schwer, sich Chancen zu erarbeiten."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Herrlich stellt auf 4-3-2-1 um und beordert Mavraj wieder ins Deckungszentrum, Dedic sitzt dafür nur auf der Bank. Yahia im zentral defensiven Mittelfeld.

Der VfB im Vergleich zum 2:1 gegen Leverkusen mit zwei Änderungen: Osorio verteidigt für den verletzten Celozzi (Knieprellung) hinten rechts, Khedira ist im Mittelfeld zurück. Kuzmanovic für ihn auf der Bank.

6.: Cacau lässt am Sechzehner zwei Mann stehen, knallt dann mit links aufs Tor. Heerwagen pariert zur Ecke.

14., 0:1, Cacau: Marica behauptet den Ball im Sechzehner und legt rechts auf Gebhart ab. Der spielt zurück auf Marica. Dessen Schuss wird zur Vorlage für Cacau, der aus drei Metern im zweiten Versuch den Ball über die Linie drückt. 12. Saisontor.

17., 0:2, Marica: Cacau zieht im Mittelfeld vier Spieler auf sich und schickt Marica, der von halbrechts aus 20 Metern den Ball rechts an Heerwagen vorbei im Netz versenkt. Der Bochumer Torwart ohne Chance. 8. Saisontor.

Halbzeit-Fazit: Stuttgart verdient in Führung, weil eiskalt vor dem Tor. Bochum wie ein Absteiger.

50.: Überzahl VfB. Marica passt von der linken Außenbahn in die Mitte, Hilbert lässt den Ball durch und Gebhart kommt frei aus 20 Metern von halbrechts zum Schuss - jedoch direkt auf Heerwagen.

58.: Fuchs bringt den Ball per Freistoß an den Fünfer. Yahia kommt an den Ball, stochert ihn aber absolut ungefährlich in die Arme von Lehmann.

64.: Osorio wird mit Verdacht auf einen Muskelbündelriss in der Wade ausgewechselt. Die Saison ist für den 30-Jährigen damit wohl beendet - könnte sein letztes Spiel für den VfB gewesen sein.

70.: Marica zieht aus 20 Metern von halblinks ab, der Ball setzt kurz vor Heerwagen auf, doch der wirft sich sicher auf ihn.

90.: Cacau legt den Ball durch die Viererkette der Bochumer und plötzlich stehen Kuzmanovic und Hilbert alleine vor Heerwagen. Kuzmanovic will den Ball mit der Sohle am Keeper vorbei ziehen, der riecht den Braten.

Fazit: Bochum steuert mit einer emotionslosen Partie dem Abstieg entgegen, Stuttgart war insgesamt zwei Klassen besser und siegte locker.

Der Star des Spiels: Cristian Molinaro. Der Italiener entwickelt sich immer mehr zum heimlichen Star des VfB. Defensiv fehlerlos, offensiv immer wieder für einen brandgefährlichen Flankenlauf gut. Hatte hinter Träsch die zweitmeisten Ballkontakte. Neben Molinaro ebenfalls fehlerfrei: Innenverteidiger Tasci.

Die Gurke des Spiels: Lewis Holtby. Auf dem 19-Jährigen ruhten die offensiven Hoffnungen - und wurden enttäuscht. Holtby hatte eine unterirdische Zweikampfquote und verlor viele Bälle in der Vorwärtsbewegung, war zudem als Spielgestalter überfordert. Daran änderte auch der Seitenwechsel nach der Pause nichts. Bitter aber auch, dass niemand sonst in die Bresche springen konnte, bzw. wollte.

Die Pfeife des Spiels: Peter Gagelmann. Sicher in der Zweikampfbewertung, verzichtete allerdings großzügig auf Karten und gab den Spielern damit die Chance, ordentlich zuzulangen. Insgesamt erschreckend, was er den Spielern alles durchgehen ließ. Maltritz leistete sich zum Beispiel mindestens zwei gelbwürdige Fouls.

Die Lehren des Spiels: Bochums System-Umstellung sollte vor allem den Raum vor dem eigenen Strafraum sicherer machen, doch genau da bekam der VfB in der Anfangsphase viel zu viel Zugriff und verwertete gleich die zweite und dritte Torchance eiskalt.

Bochum spielte wie ein Absteiger: Spielerisch bis 30 Meter vor dem Tor durchaus gefällig, dann aber mit null Zug zum Tor und insgesamt ohne die kämpferische Einstellung, die man im Überlebenskampf in der Abstiegsregion an den Tag legen muss. Die Pfiffe der Fans nach 20 Minuten ("Wir haben die Schnauze voll!") trugen zudem zur Verunsicherung bei.

Es ehrt Trainer Herrlich, immer spielerisch zum Erfolg kommen zu wollen. Trotzdem gibt es keinen Plan B, wenn der Spielaufbau fahrig ist und Bälle zu schnell abgegeben werden. Insgesamt wirkt das Spiel des VfL viel zu naiv für den Abstiegskampf.

Der VfB hingegen überzeugte mit einer Spielweise, die nicht besonders aufwendig, aber effizient war. Hinten standen die Gäste sicher, die wenigen Konter wurden meist klug und direkt nach vorne getragen. Wer hätte nach der Hinrunde gedacht, dass am Ende sogar noch ein Platz unter den ersten Drei möglich ist.

Bochum - Stuttgart: Daten zum Spiel