Ratlosigkeit nach neun sieglosen Spielen

SID
Heiko Herrlich (r.) ist seit Oktober 2009 Trainer des VfL Bochum
© Getty

Als ihnen in der Kurve die blanke Wut der Fans entgegenschlug, machten die meisten Profis des VfL Bochum auf dem Absatz kehrt. "Wir haben uns einiges anhören müssen", sagte Abwehrspieler Philipp Bönig, der sich nach dem 0:2 (0:1) beim 1. FC Köln als einziger wirklich stellte und fast eine Viertelstunde lang mit den frustrierten Anhängern diskutierte.

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"Sie waren zutiefst sauer, und das völlig zurecht", sagte Bönig. Die leidgeprüften VfL-Fans spüren, dass ihr Klub vor dem erneuten Sturz in die 2. Bundesliga steht. Und der sechste Abstieg wäre mit Sicherheit der unnötigste in der Geschichte der einstmals Unabsteigbaren.

Der scheinbar komfortable Neun-Punkte-Vorsprung vor zwei Monaten hatte den VfL offenbar in trügerische Sicherheit verfallen lassen. Nach dem Absturz ist plötzlich der Druck so groß, dass das Ruder nur noch schwer rumzureißen ist.

Und Heiko Herrlich fehlt bei seiner ersten Station als Vereinstrainer offenbar die Erfahrung, um dagegenzulenken. "Wie wir gespielt haben, war fatal", sagte Bönig: "Ich habe keine Erkärung dafür, warum wir das Spiel so hergeschenkt haben. Das war das erste von vier Endspielen für uns, aber wenn wir alle Endspiele so bestreiten, wird das nix."

Ratlosigkeit nach neun sieglosen Spielen

Herrlich und Sportvorstand Thomas Ernst wirkten nach dem erneuten Nackenschlag und nun schon neun Spielen in Folge ohne Sieg ratlos. "In einer solchen Phase ist so eine Leistung besonders schlimm", sagte Ernst: "Das ist eine brutale Enttäuschung, die Köpfe sind jetzt alle unten. Aber wir sind in den letzten Jahren oft aus solchen Situationen herausgekommen, deshalb habe ich den Glauben, dass wir das auch diesmal schaffen."

Dem Trainer stellte Ernst dann sogar einen erneuten Freifahrtschein aus, auch im Falle des Abstiegs VfL-Coach zu bleiben. "Das steht noch, na klar", sagte Ernst: "Weil wir sicher sind, dass wir hier mit Heiko Herrlich etwas für die Zukunft aufbauen können." Etwas aufzubauen schien der 38-Jährige schon in den ersten Wochen nach dem Amtsantritt Ende Oktober.

Ob der Ex-Nationalspieler, der als Profi nur einmal für wenige Wochen im Abstiegskampf steckte, der neuen Situation gewachsen ist, muss sich aber erst noch zeigen. "Wie wir hier aufgetreten sind, war sehr enttäuschend", sagte Herrlich.

"Den Köttel aus der Hose bekommen"

Man habe seinem Team den Druck angemerkt, "schließlich sind das Menschen und keine Maschinen", ergänzte der fünfmalige Nationalspieler: "Und ich weiß, dass der Druck jetzt noch größer wird. Aber wir werden alles dransetzen, schnell wieder aufzustehen."

Torwart Philipp Heerwagen scheint sogar das Patentrezept hierfür zu haben. "Wir müssen gucken, dass wir den Köttel aus der Hose bekommen", sagte der Keeper. Doch auch den gebürtigen Münchner verfolgt angesichts der nun bevorstehenden Spiele gegen die besten Rückrundenteams VfB Stuttgart und Bayern München ein Albtraum: "Es wäre schlimm, wenn wir den Bayern zusehen müssten, wie sie die Meisterschaft feiern und wären selbst im Tal der Tränen."

Erleichterung in Köln

Beim Feiern zusehen mussten die Bochumer am Freitag schon den Kölnern. Die sicherten durch die zwei Treffer von Zoran Tosic (15. /78.) vorzeitig den Klassenerhalt und werden erstmals seit dem ersten Abstieg 1998 wieder ein drittes Jahr in Folge in der Bundesliga spielen.

"Wir sind auf jeden Fall erleichtert", sagte Lukas Podolski, der gegen Bochum stark spielte, insgesamt die an ihn gestellten Erwartungen nach der Rückkehr aus München bisher nicht erfüllen konnte. "Für mich war es eine Saison mit Höhen und Tiefen, aber das ist egal. Hier geht es um den FC, um meinen Verein", sagte Podolski. "Die Fans feiern das ja wie die Meisterschaft", sagte der von Manchester United ausgeliehene Tosic, und Präsident Wolfgang Overath bemerkt mit Blick auf die feiernden Fans stolz: "Schau dir diese Südkurve an!"

Köln - Bochum: Daten zum Spiel