Kurzschluss im Maschinenraum

Von Florian Bogner
Hamit Altintop (l.) wurde nach der Niederlage der Bayern in Frankfurt von Trainer van Gaal gerügt
© Getty

Der FC Bayern München verliert gegen Eintracht Frankfurt innerhalb von 104 Sekunden ein sicher geglaubtes Spiel und legt damit die denkbar schlechteste Vorbereitung auf sechs Hammerspiele in drei Wochen hin. Damit nicht genug: Die Sorgen in der Abwehr verschlimmern sich und Louis van Gaal beweist, dass auch er fehlbar ist.

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Louis van Gaal sah es kommen. "HAAMIIIIT!", schrie der Bayern-Trainer mit hochrotem Kopf über den Platz, als das Unheil seinen Lauf nahm.

Hamit Altintop war gemeint, der sich soeben einen leichtfertigen Ballverlust im Mittelfeld geleistet hatte, der den Frankfurtern in der 87. Minute noch mal einen Angriff über die rechte Seite gestattete.

Knappe 110 Sekunden nach Altintops Fauxpas lagen die Bayern danieder - der sicher geglaubte Sieg war mit zwei späten Gegentoren dahin, die Serie nach 19 Liga-Spielen ohne Niederlage gerissen. Der Trainer sah die Ursache dafür vor allem in einem Defekt der Schaltzentrale.

"Wir hatten im Mittelfeld und im Spiel nach vorne viel zu viele Ballverluste, dadurch sind wir in der Defensive immer wieder unter Druck geraten", versuchte van Gaal die Niederlage zu erklären und würzte seine Analyse mit einem holländischen Sprichwort: "Ich denke, dass wir das Salz weggegeben haben."

Van Bommel: "Frankfurt ist nicht Manchester"

Das war aber nur die halbe Wahrheit. Ganz nebenbei entwickelt sich bei den Bayern nämlich ein zünftiges Abwehrproblem - und das vor den entscheidenden Wochen der Saison mit dem Höhepunkt Champions-League-Viertelfinale in zehn Tagen.

"Frankfurt ist nicht Manchester United, aber auch nicht der FC Grünwald. Wir dürfen jetzt nicht in Panik geraten, schließlich sind wir ja keine Maschinen", versuchte Kapitän Mark van Bommel den Ball flach zu halten.

Dennoch gab die Leistung der Bayern-Defensive - vor allem mit Blick auf Manchester - großen Anlass zur Sorge. Zum einen, weil mit Daniel van Buyten erneut ein Abwehrspieler auszufallen droht.

Zum anderen, weil ausgerechnet van Gaals Protege David Alaba die entscheidenden Fehler vor den Gegentoren beging und nun wieder eine neue Diskussion um die Konkurrenzfähigkeit des ausgedünnten Kaders beginnen könnte.

Ein Wechsel zu wenig?

Van Gaal selbst bezeichnete die Verletzung von van Buyten, der in der 80. Minute nach einem Zusammenprall mit Frankfurts Marco Russ mit einer Jochbeinprellung runter musste, als Wendepunkt: "Das war vielleicht ein Wechsel zu viel." Noch eine Spitze gegen Altintop, der für van Buyten aufs Feld gekommen war.

Man könnte aber auch sagen: Insgesamt wechselte van Gaal einmal zu wenig. Denn nicht wenige der Bayern-Fans unter 52.500 Zuschauern hätten den jungen Alaba gerne erlöst, bevor er seine folgenschweren Fehler in der Schlussphase überhaupt begehen konnte.

Zugegeben, die Bayern-Bank war in Frankfurt in Abwesenheit von Franck Ribery, Mario Gomez, Ivica Olic und Martin Demichelis dünn besetzt - mit Diego Contento stand aber sehr wohl ein gelernter Linksverteidiger bereit, der Alaba bitteres Lehrgeld ersparen hätte können.

Auch wenn van Gaal seinen Youngster in Bezug auf den Ausgleich auf Kosten von Altintop in Schutz nahm ("Die großen Fehler wurden vor seinem Pass gemacht"), muss er sich dennoch nachsagen lassen, mit seinen Wechseln kein Glück gehabt zu haben - ganz im Gegensatz zu Eintracht-Trainer Michael Skibbe, der mit Juvhel Tsoumou und Martin Fenin die Torschützen einwechselte.

"Mit den Wechseln haben wir wieder Schwung und Spritzigkeit bekommen", freute sich der Frankfurter Coach: "Endlich haben wir uns mal gegen einen großen Gegner nicht ins Hemd gemacht."

Schweinsteiger bemängelt Auswärtsschwäche

Van Gaal hatte hingegen neben Altintop auch Anatolij Tymoschtschuk gebracht, der defensiv zwar keinen Fehler machte und van Buyten in der Schlussphase in der Innenverteidigung ohne nennenswerte Komplikationen vertrat, dafür kurz nach seiner Einwechslung aber auch fahrlässig das sichere 2:0 vergeben hatte.

"Wenn es 2:0 steht, dann ist das Spiel vorbei", meinte van Gaal genervt und irrte am Ende auch bei der Frage nach dem verdienten Sieger. Nein, Frankfurt habe nicht verdient gewonnen, meinte der Bayern-Trainer - der FCB hätte schließlich die besseren Chancen gehabt. Diese Meinung hatte er exklusiv.

Unterm Strich bleibt an Bayern aber weiter der Makel haften, auswärts nicht mehr zum eigenen Spiel zu finden. Bastian Schweinsteiger sagte selbstkritisch: "Wir haben jetzt in Köln und Nürnberg nur einen Punkt geholt und hier verloren. Man muss auswärts auch gewinnen, um deutscher Meister zu werden."

Sechs Top-Spiele in drei Wochen

Van Bommel sah nach der ersten Liga-Pleite seit fast sechs Monaten sogar schon Schlagzeilen mit dem Titel "Bayern-Krise" vor sich. "Aber wir waren schon acht Punkte hinten und jeder hatte schon von einer ganz schlechten Saison gesprochen", gab der Niederländer zu bedenken: "Mit einem verlorenen Spiel geht die Welt nicht unter."

Vielleicht ein gutes Omen, dass vor allem die jungen Bayern nicht viel Zeit zum Nachdenken haben, das schwache Spiel schnell abhaken können. Das Programm der nächsten drei Wochen hat es in sich: Schalke (DFB-Pokal), Stuttgart, Manchester (CL-Hinspiel), Schalke, Manchester (CL-Rückspiel), Leverkusen heißen die Gegner in den nächsten 21 Tagen.

"Die Mannschaft ist total niedergeschlagen", berichtete Sportdirektor Christian Nerlinger aus der Kabine kommend. "Aber bis Mittwoch müssen wir das aus den Köpfen haben." Oder wie van Gaal es formulierte: "Wir haben jetzt drei Tage Zeit, um die Mannschaft wieder aufzurichten."

Frankfurt - Bayern: Daten zum Spiel