Die Bayern stoppen sich selbst

Von Florian Bogner
Der 1. FC Köln holte gegen Bayern München erstmals seit 1995 daheim wieder einen Punkt
© Getty

Der FC Bayern München verpasst im Auswärtsspiel beim 1. FC Köln einen weiteren Schritt Richtung Meisterschaft. Schuld daran sind die dünne Personaldecke, der schwächelnde Sturm und Jörg Butt. Auf der Gegenseite überragt mit Lukas Podolski der "Prügelknabe" des Länderspiels.

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Auf die Abstellung seiner Profis zu Länderspielen und die drohende Gefahr von Verletzungen angesprochen, meinte Louis van Gaal vor einer Woche: "Ich mache mir keine Gedanken. Man kann auch die Treppe runter fallen."

Nun ist kein Spieler des FC Bayern München in den letzten Tagen häuslich verunglückt, dennoch bereitete van Gaal die Länderspielwoche Kopfschmerzen. Die aus Bayern-Sicht vernichtende Bilanz vor dem Spiel in Köln hieß nämlich: drei Ausfälle.

Martin Demichelis hatte sich am Knie von Michael Ballack eine Gesichtsfraktur zugezogen, Arjen Robben hatte sich auf Reisen mit Holland eine handelsübliche Grippe eingefangen und Franck Ribery kam nach einem frustrierenden Kick gegen Spanien angeschlagen nach München zurück. Alle drei standen am Samstag nicht in der Startelf.

Bastian Schweinsteiger: "Wir sind selbst schuld"

Das übrige Personal offenbarte in Köln das, was van Gaal gerne als "Probleme mit dem Geist" umschreibt: Es konnte sich nicht auf den destruktiven Gegner einstellen, verschlief den ersten Durchgang komplett und ging mit einem 0:1 in die Kabine.

"Wir sind selbst schuld. Wir haben in der ersten Halbzeit nicht das abgerufen, was wir können", schimpfte Bastian Schweinsteiger. "Wir haben nur die ersten 15 Minuten so gespielt, wie wir uns das vorstellen. Danach haben wir zu viel durch die Mitte agiert, das war nicht so klug, dort waren zu viele Kölner", meinte van Gaal.

Richtig gut gegen giftige Kölner, die den Bayern vor allem in den Zweikämpfen im Mittelfeld die Stirn boten, war eigentlich nur Schweinsteiger, der mit einem Latten-Kopfball seinen ersten Bundesliga-Doppelpack verpasste.

Ansonsten konnte auch der eingewechselte Ribery nach der Pause das Ruder nicht mehr rum reißen - sein einziger Torschuss klatschte an den Pfosten. Der Schlusspunkt einer ausgeglichenen Partie.

Der Schuh drückt im Angriff

Schweinsteiger bekannte hinterher angenehm ehrlich, dass die Bayern auch nur einen Punkt verdient hatten: "Wir haben viele Fehler gemacht und einfach schlecht gespielt."

Das Spiel offenbarte beim FCB eine Schwäche, die unter van Gaal schon ausgemerzt schien: Der Schuh drückt wieder im Angriff. In den letzten drei Bundesliga-Spielen gab es jeweils nur ein Tor, zwei davon wurden aus dem Mittelfeld heraus erzielt, das dritte machte Thomas Müller als hängende Spitze.

Mario Gomez agiert im Sturmzentrum seit ein paar Wochen gelinde gesagt unglücklich, hatte auch gegen Köln einen schweren Stand und kam am Ende nur auf 34 Ballkontakte. Torschüsse: Null. Und Ivica Olic war von einem Torerfolg ungefähr so weit wie von seiner Bestform entfernt. So musste Müller, diesmal links aufgeboten, mal wieder in die Bresche springen und das 1:1 vorbereiten.

"In der zweiten Halbzeit haben wir besser über die Flügel gespielt, aber auch nicht das zweite Tor geschossen. Man muss ab und zu auch das Glück erzwingen, das haben wir 30 Minuten lang nicht getan", so van Gaals Kritik.

Bangen um Diego Contento

Das zweite Problem der Bayern: Die dünne Kaderdecke. Van Gaal hat wenige Alternativen zu seiner Wunschelf, und wenn diese dann spielen, enttäuschen sie. Neben dem angesprochenen Olic fiel Hamit Altintop im rechten Mittelfeld erneut durch. Einzig der eingewechselte Miroslav Klose gab mit seiner Hackenvorlage auf Müller vor dem Ausgleich Hoffnung auf Besserung.

Solide bis gut stand hingegen der junge Diego Contento in der Viererkette, verletzte sich im zweiten Durchgang aber am rechten Fuß und musste runter - Einsatz in Florenz ungewiss. Van Gaal hatte am Freitag über die Abwehr gesagt: "Im Moment passt alles. Es darf sich nur niemand mehr verletzen."

Wie es um die vermeintlichen Alternativen im Bayern-Kader bestellt ist, zeigte van Gaals Maßnahme nach Contentos Missgeschick: Mit David Alaba zog er Danijel Pranjic - in der Hinrunde noch Stammspieler - einen 17-Jährigen vor.

Alaba dürfte deshalb auch gegen Florenz als erste Alternative zu Contento gelten - und dass, obwohl Manager Christian Nerlinger im Wintertrainingslager in Dubai noch erklärt hatte, die Youngster Contento, Alaba und Mehmet Ekici würden in der Rückrunde keine Chance auf Einsätze haben.

Jörg Butt nimmt die Schuld auf sich

Dass am Ende wie in Nürnberg nur ein 1:1-Remis und möglicherweise der Verlust der Tabellenführung stand, wollte van Gaal aber nicht dem Fehlen seiner Starspieler zurechnen: "Ich finde das zu einfach und auch ein bisschen respektlos gegenüber den anderen Spielern."

Ein bisschen Pech war am Ende auch dabei: Riberys Freistoß-Nachschuss an den rechten Pfosten war bereits der 16. Aluminiumtreffer der Bayern in dieser Saison.

Zu einem Sieg hätte es wahrscheinlich gereicht, wenn Jörg Butt den Freistoß von Lukas Podolski in der 32. Minute richtig berechnet hätte. So boxte sich der Bayern-Keeper den Ball selbst ins Netz, nahm aber alle Schuld an dem "doofen Gegentor" (Schweinsteiger) auf sich: "Den muss ich halten."

Torschütze Lukas Podolski: "Es ist erlösend"

Podolski wird das "Wie" herzlich egal gewesen sein: Der Nationalstürmer traf erstmals seit 1425 Bundesliga-Minuten mal wieder ins Schwarze und beendete damit die leidige Diskussion um seine Torflaute. Überhaupt: Wäre nicht Schweinsteiger Mann des Spiels gewesen, hätte sich Podolski diese Ehre verdient.

Nach dem Länderspiel wurde nach einem eher schwachen Länderspiel und dem anschließenden Wortgefecht mit einem TV-Reporter auf Podolski eingeprügelt, diesmal jubelte ihm das ganze Stadion bei seiner Auswechslung zu.

Sein Einsatz war vorher wegen Prellungen an Fuß und Oberschenkel nicht sicher gewesen. Dann zeigte er aber, wie wertvoll er für den FC sein kann. "Natürlich ist das Ganze nicht spurlos an mir vorbeigegangen", sagte der Torschütze zu den Schlagzeilen der letzten Wochen: "Es ist erlösend, wenn man sich so lange nicht freuen konnte."

Und zu den 1425 Minuten meinte Podolski abschließend mit einem Grinsen: "Ich werde mir die Zahl eintätowieren lassen."

Köln - Bayern: Daten zum Spiel