Kein Grund zur Panik

Von Stefan Rommel
Eren Derdiyok (r.) und Stefan Kießling stehen mit Bayer Leverkusen immer noch auf Platz eins
© Imago

Nur 1:1 in Bochum, das schöne Punktepolster auf die Bayern ist weg - und trotzdem bleibt Bayer Leverkusen ganz gelassen. Das Remis soll ein Ausrutscher bleiben. Und entgegen dem allgemeinen Tenor hat die Werkself immer noch beste Chancen auf den Titel.

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Nur gut 22.000 Zuschauer konnte der VfL Bochum gegen Bayer Leverkusen ins Stadion locken. Eine extrem magere Zahl, zumal gegen den Spitzenreiter der Liga.

Doch nicht nur die ganz Verwegenen darunter waren sich nach dem Abpfiff mehr oder weniger einig: "Ihr werdet nie deutscher Meister!" Was durchaus auch für den eigenen Klub gelten darf, war dieses eine Mal die ganz besondere Abschiedsformel für einen enttäuschten Gegner.

Im Prinzip alles wie immer

Nach vier Siegen in Folge und drei abgewehrten Attacken der Bayern auf die Spitze endete der Ausflug nach Bochum in einem durchaus vermeidbaren Remis. Vermeidbar deshalb, weil Bayer mit kühler Effizienz mal wieder zugeschlagen und die Partie danach ganz gut im Griff gehabt hatte.

Die einzige Unachtsamkeit aber nutzten die verbissenen Gastgeber und klauten der Werkself damit zwar zwei wichtige Punkte im Kampf um den Titel - aber nicht, wie von vielen jetzt schon übereilt vermutet, die unabdingbaren Tugenden Moral und Selbstvertrauen.

Denn Bayer Leverkusen hat in Bochum genau das gezeigt, was die Wochen und Monate davor auch gut funktioniert hat und der Mannschaft von Jupp Heynckes den besten Saisonstart der Vereinsgeschichte beschert hat. Nur stimmte dieses eine Mal die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht so ganz.

Bayern drängt - der Rest stagniert

Das schöne Punktepolster ist damit dahin, aber trotzdem grüßt Bayer immer noch von ganz oben, müssen die Verfolger aus München und Gelsenkirchen noch eine Woche darben und am kommenden Wochenende einen neuen Anlauf auf die Spitze nehmen.

Nur geht der allgemeine Tenor bereits nach einem schlichten Unentschieden schon wieder dahin, dass Leverkusen jetzt endgültig einknicken und den Bayern den Vortritt lassen wird. Das viel zitierte "Momentum" spricht sicherlich für den Rekordmeister, der derzeit wie eine Dampfwalze durch die Liga rollt und alles in Grund und Boden spielt.

Vom Rest der Verfolger will aber keiner reden. Nicht von den Schalkern, die sich zu einem mühsamen 0:0 bei der Heimmacht Freiburg gurken oder dem HSV, der in Köln einen Zwei-Tore-Vorsprung fahrlässig wegwirft. Zumal es manchmal besser ist, mit dem einen Punkt zufrieden zu sein.

"Mir schlottern die Knie"

"Wir haben das Spiel über weite Strecken kontrolliert, aber wir waren nicht zwingend genug. Und deswegen müssen wir auch mit dem Punkt leben können", sagte Toni Kroos nach dem Spiel und lag damit goldrichtig. "Das ist kein Drama", ordnete Torhüter Rene Adler die Partie ein, "bei uns bricht keine Welt zusammen."

Zwei Tore beträgt der Vorsprung noch vor den Bayern. Nicht viel, aber auch kein Grund, jetzt schon kampflos das Feld vor dem scheinbar übermächtigen Gegner aus dem Süden zu räumen.

"Na klar schlottern mir die Knie", maulte Manuel Friedrich nach der Partie in Bochum auf die Frage, ob Bayer jetzt schon Angst vor den Bayern habe. "Schauen Sie, ich kann ja kaum mehr stehen."

Völler ganz clever

Etwas weniger genervt, dafür umso geschickter versucht Sportdirektor Rudi Völler den Druck ein wenig von der Mannschaft zu nehmen und den Bayern - mehr oder weniger subtil - die Rolle des großen Favoriten unterzujubeln.

"Die Bayern gehören zu den vier besten Mannschaften Europas, sie haben lauter Weltklassespieler in ihren Reihen. Ist doch klar, dass die absoluter Favorit auf die Meisterschaft sind. Aber wir machen das hier bei Bayer auch ganz gut."

Völler weiß schließlich nur zu gut, dass auch die Bayern mit ihren vielen Weltklassespielern ihr momentanes Niveau nicht konstant werden halten können. Zumal die Münchener ab sofort wieder in drei Wettbewerben eingespannt sein werden und im Drei- oder Vier-Tage-Rhythmus ran müssen. Leverkusen dagegen kann sich in Ruhe auf die Wochenenden vorbereiten.

Schwacher Auftritt von Helmes

Im Prinzip ärgerte Trainer Heynckes abgesehen von den beiden verlorenen Punkten nur eine Sache: Der Ausfall von Torschütze Eren Derdiyok und die damit verbundende Umstellung.

"Der Wechsel hat das Mannschaftsgefüge diesmal durcheinander gebracht, was sonst nicht der Fall war und so kassieren wir das erste Kontertor der Saison." Für Derdiyok kam Patrick Helmes zu einem Einsatz über 45 Minuten, konnte dort aber nicht überzeugen.

Im Gegenteil: Zwischen den Zeilen ist durchaus ein versteckter Hieb auf Helmes zu deuten, der nicht unbedingt durch dieselbe Laufbereitschaft und Abwehrleistung auffällt, wie Derdiyok.

In Bayers gewachsenem Gefüge aber muss ein Rad ins andere greifen. Die zweite Halbzeit von Bochum sollte die Ausnahme bleiben. Ansonsten haben die VfL-Fans mit ihrer Vermutung doch Recht.

Daten und Fakten: Bochum - Leverkusen