Beckenbauer: "Das ist nicht der FC Bayern"

Von Für SPOX in der Allianz Arena: Florian Bogner
Sinnbild der Bayern-Krise: Bastian Schweinsteiger wurde gegen Leverkusen mehrfach ausgepfiffen

Der Glaube weicht der Verunsicherung: Auch gegen Tabellenführer Bayer Leverkusen gelingt es dem FC Bayern München nicht, einen Schritt aus der Krise zu machen. Boss Karl-Heinz Rummenigge bemüht hinterher Worte, die an nichts Gutes erinnern.

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Es hatte was Bedrohliches, wie Karl-Heinz Rummenigge, Karl Hopfner und Uli Hoeneß auf dem Weg von ihren Sitzplätzen zur Bayern-Kabine durch die Katakomben der Allianz Arena stapften. Ein dreiköpfiges Tribunal auf dem Weg zum Angeklagten, Louis van Gaal.

"Wir müssen heute unbedingt gewinnen", hatte Hoeneß unmittelbar vor der Partie gefordert. Das Ergebnis ist bekannt, der Befreiungsschlag blieb aus. Wieder mal hat der FC Bayern den Anschluss an die Tabellenspitze verpasst, Big-Points liegen gelassen. Und nun verschwanden die drei Granden konspirativ in der Kabine.

"Müssen die Dinge sachlich und rational sehen"

"Es gilt jetzt, in dieser Situation rational zu bleiben und die Dinge nicht zu überdrehen, vor allem keine spontanen, unsinnigen Entscheidungen zu treffen", hatte Rummenigge einst gesagt, als es dem FC Bayern schon mal nicht gut ging. Am 8. April, nach dem 0:4 in Barcelona, war das gewesen. Drei Wochen später war das Kapitel Klinsmann dennoch abgeschlossen.

Als Rummenigge am Sonntag wieder aus der Kabine kam, sagte er Ähnliches: "Leider ist uns der gewünschte Befreiungsschlag nicht gelungen. Trotzdem müssen wir die Dinge sachlich und rational sehen und nicht irrational oder emotional. Mit Platz sieben ist keiner zufrieden. Aber es nützt jetzt nichts, irgendwelche emotionalen Dinge zu tun."

Ob er damit sagen wollte, dass es ihm emotional ein Bedürfnis gewesen wäre, den Trainer an Ort und Stelle zu entlassen, blieb sein Geheimnis.

Rummenigge im Interview: "Ich hoffe, dass wir die Kurve kriegen"

Rational sei es indes, die Ruhe zu bewahren. Dementsprechend sei der Gang in die Kabine auch nur der übliche Ritus gewesen, nicht etwa die Anbahnung einer Entlassung oder einer flammenden Brandrede. "Es bringt ja nichts", sagte Rummenigge. Und auf die Nachfrage, ob die Position des Trainers nun weiter geschwächt sei: "Wir führen keine öffentliche Diskussion über den Trainer."

Keine Woche für Entlassungen

Nun ist wahrlich nicht davon auszugehen, dass van Gaal noch in dieser Woche entlassen wird. Am Mittwoch steht schon das nächste Spiel an, ein richtungweisendes noch dazu, Bayern muss in der Champions League gegen Maccabi Haifa im Wettbewerb bleiben.

Am Freitag gibt es dann die nicht minder wichtige Jahreshauptversammlung, bei der Hoeneß in würdigem Rahmen zum Präsidenten gewählt und Franz Beckenbauer ins Ehrenpräsidentenamt verabschiedet werden soll. Es ist keine Woche für Entlassungen.

Dennoch ist van Gaal nach dem dritten Remis in Folge mehr als angezählt. "Ich hoffe, dass es uns gelingt, die Kurve zu kriegen", sagte Rummenigge: "Wenn uns das nicht gelingt, werden wir weiter sehen." Interpretation: Ist der FC Bayern bis Weihnachten nicht auf Kurs und scheidet vorzeitig aus der Champions League aus, sind die Tage des Holländers an der Säbener Straße gezählt.

Beckenbauer: "Spiel nach vorne ist mangelhaft"

Apropos Weihnachten: Hoeneß mochte sich die neulich getroffene Aussage, Bayern sei bis zum Fest der Liebe wieder Tabellenführer, insgeheim zurück in seinen Mund wünschen. Nachdem er aus der Kabine zurück kam, sagte er nur zwei Worte zur Presse: "Schönen Abend." Rummenigge durfte verkünden, was es nicht zu verkünden gab.

Die Gegner heißen jede Woche anders, das Ergebnis bleibt gleich: Bayern versprüht keinen Glanz, flößt dem Gegner keinen Respekt mehr ein, kann nicht mehr gewinnen. Die Ergebniskrise zeigt Wirkung, vor allem bei den Spielern, die Tugenden, die den FC Bayern groß gemacht haben, Woche für Woche vermissen lassen - meint zumindest Beckenbauer.

"Das Spiel nach vorne ist mangelhaft. Es ist nicht das, was man sich vom FC Bayern vorstellt. Ängstlich spielen, die Verantwortung wegschieben - das ist nicht der FC Bayern", sagte er bei "SKY90", stellte aber klar: "Ich persönlich habe vollstes Vertrauen in Louis van Gaal."

Lahm spricht von fehlendem Selbstvertrauen

Vertrauen in die eigene Stärke haben die Spieler derzeit offensichtlich nicht. "Man hat gemerkt, dass die Mannschaft nach dem 1:1 sehr, sehr verunsichert war und viele Fehler gemacht hat", sagte Philipp Lahm. "Durch Siege kommt das Selbstbewusstsein. Und das ist angeknackst, wenn man mit dem FC Bayern nur Siebter ist. Siege geben Sicherheit. Diese Sicherheit ist im Moment nicht gegeben."

Ins selbe Horn stieß auch van Gaal. "Ich denke, dass wir ein Bayern ohne Vertrauen gesehen haben. Wir sind in der ersten Halbzeit nicht gut gestanden und haben Glück gehabt", sagte der Holländer auf der Pressekonferenz. Die Pfiffe der "Fans" taten ihr Übriges.

"In der zweiten Halbzeit haben wir viel mehr Druck nach vorne gemacht und hätten das Tor schießen können. Aber das sage ich schon seit vielen Wochen und ich kann mir vorstellen, dass sie denken: Da sitzt der van Gaal wieder und erzählt, das man ein Tor hätte schießen können. Aber es war so. Ich kann nur das sagen, was ich sehe."

Des Kaisers Ribery-Robben-Rechnung

Die Frage ist nur, wie lange der Vorstand noch zusieht. Wie lange der Vorstand die langfristigen Ziele durch ausbleibende Ergebnisse nicht gefährdet sieht. Man wird in der Winterpause reden.

Bis dahin wird van Gaal Woche für Woche nach seinem Job gefragt werden. Und er wird Woche für Woche sagen müssen: "Ich treffe diese Entscheidung nicht. Ich muss mich mit meiner Mannschaft beschäftigen und dort liegt auch mein Fokus drauf."

Dazu sollte er hoffen, dass seine Schlüsselspieler bald zurück kommen. Franck Ribery soll am Montag ins Mannschaftstraining einsteigen. "Wenn der Ribery wieder fit ist, dann spielt die Mannschaft ganz anders", sagte Beckenbauer bei "SKY90" und machte eine Kaiser-Rechnung auf: "Wenn der Robben dann auch noch fit ist, werden wir mit zehn Punkten Vorsprung Meister."

Bayern - Leverkusen: Daten zum Spiel