O'zapft is! Werder schenkt ein

Von Thomas Gaber / Torsten Adams
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© Getty

Ausgerechnet zum Start des Oktoberfestes hat der FC Bayern München am 5. Spieltag der Bundesliga eine historische Heimpleite erlebt. Die Münchner verloren gegen Werder Bremen nach indiskutabler Leistung mit 2:5 (0:2) und verbuchten damit die höchste Heimniederlage seit zwölf Jahren.

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Zuletzt hatten die Bayern beim 1:4 gegen den Karlsruher SC am 17.02. 1996 so hoch vor eigenem Publikum verloren. Die Tore für die spielstarken Bremer erzielten Markus Rosenberg (30.), Naldo (45.), Mesut Özil (53.), Claudio Pizarro (59.) und abermals Rosenberg (67.). Die Ehrentreffer für die Hausherren gelangen ausgerechnet dem Ex-Bremer Tim Borowski (71./85.).

Bremen, das ohne die Stammspieler Torsten Frings, Clemens Fritz und Daniel Jensen anreiste, war in allen Belangen überlegen und hätte sogar noch höher gewinnen können. Pizarro traf nur den Pfosten (18.)

Für Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann und Kahn-Nachfolger Michael Rensing war es die erste Niederlage in der Bundesliga.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Werder muss kurzfristig auf Frings, Fritz, Jensen und Almeida verzichten. Für die Bayern rückt Podolski für den angeschlagenen Klose ins Team.

18.: Riesenchance für Werder! Diego spielt den langen Pass auf Pizarro. Der Peruaner geht in den Strafraum, tänzelt Demichelis aus und lupft aus halblinker Position über Rensing an den Pfosten.

30., 0:1, Rosenberg! Özil mit dem Traumpass in die Schnittstelle zwischen van Buyten und Demichelis. Rosenberg steht frei vor Rensing und schiebt trocken ein.

33.: Gewusel im Werder-Strafraum. Podolski kommt an den Ball und haut ihn aus elf Metern über den Kasten. War aber auch sein schwächerer rechter Fuß.

44., 0:2, Naldo! Özil chippt einen Freistoß in den Strafraum. Prödl rauscht heran, kommt aber nicht richtig an den Ball. Rensing kann im Getümmel nur abprallen lassen, und Naldo staubt ab.

46.: Beide Trainer haben ordentlich durchgewechselt: Oddo und Borowski kommen bei Bayern für van Buyten und Lell. Schaaf bringt Hunt für Baumann.

54., 0:3, Özil! Traumtor: Diego spielt nach links zu Özil, der sich den Ball mit zwei Kontakten auf den linken Schlappen vorlegt und aus knapp 18 Metern in den linken Winkel hämmert. Rensing ohne Chance.

59., 0:4, Pizarro! Unglaublich: Die Bremer zerlegen die Bayern im eigenen Wohnzimmer! Rosenberg spaziert durch den Bayern-Strafraum, ohne von van Bommel angegriffen zu werden. Pass zu Pizarro, der noch schnell Lahm aussteigen lässt und den Ball unter Rensing hindurch ins Tor spitzelt.

67., 0:5, Rosenberg! Welch ein Debakel für die Bayern: Freistoß Diego, Mertesacker und Rensing kommen nicht an den Ball. Dafür aber Rosenberg, der keine Probleme hat, das Ding im leeren Tor unterzubringen.

71., 1:5, Borowski! Oddo bekommt den Ball auf der rechten Seite, geht durch bis fast zur Grundlinie und spielt in den Rücken der Bremer Abwehr. Dort steht Borowski und schiebt abgeklärt unten rechts ein.

85., 2:5, Borowski! Toni wird hoch im Strafraum der Bremer angespielt und legt mit dem Rücken zum Tor auf Borowski ab, der per Volley seinen zweiten Treffer macht.

So lief das Spiel: Zerfahrener Beginn von beiden Mannschaften mit vielen Fehlpässen. Bremen machte im Mittelfeld geschickt die Räume dicht, Bayerns Kombinationsspiel lahmte. Die erste gute Chance vergab Luca Toni mit einem Kopfball nach einer Lahm-Flanke (13.).  Werder-Spielmacher Diego verteilte die Bälle gewohnt souverän und kurbelte das Bremer Spiel an.

Bayern bemühte sich, Linie ins Spiel zu bringen, allerdings ohne Tempo und zündende Ideen. Markus Rosenberg schloss einen exzellenten Pass von Mesut Özil zur Bremer Führung ab (30.). Naldo legte kurz vor der Pause einen drauf.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit übernahmen die Münchner das Kommando, die eingewechselten Tim Borowski und Massimo Oddo sorgten für Schwung. Mesut Özil machte dem Spaß mit dem 0:3 in der 53. Minute ein jähes Ende. In der Folge spielte Werder mit den Bayern teilweise Katz und Maus, die hilflosen Münchner zerfielen in Einzelteile.

Star des Spiels: In einer bärenstarken Werder-Mannschaft stach Mesut Özil heraus. Schon als Fehleinkauf abgestempelt, zauberte der Deutsch-Türke an der Seite von Diego, bereitete zwei Tore vor und erzielte selbst einen sehenswerten Treffer.

Gurke des Spiels: Exemplarisch für den grausamen Nachmittag aus Bayern-Sicht steht Mark van Bommel. Der Kapitän fiel lediglich durch eine Vielzahl von Fehl- und Rückpässen auf, wirkte ungewohnt zweikampfschwach und im defensiven Mittelfeld oft hilflos. Ging nach der Pause ohne Gegenwehr mit seinen Kollegen unter. Hat in dieser Form nichts in der Startelf zu suchen. Auch, weil Vertreter Andreas Ottl zuletzt einen starken Eindruck hinterließ.

Lehren des Spiels: Der FC Bayern ist brutal auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden. Gegen den ersten echten Prüfstein ging das 3-5-2 in die Hose, Werder nutzte die eklatanten Defensivmängel der Münchner gnadenlos aus.

Saft- und kraftlos ergaben sich die Bayern ihrem Schicksal und hatten blendend aufgelegten Bremern vor allem in der zweiten Halbzeit nichts entgegenzusetzen.

Lukas Podolski konnte seine Chance von Beginn an abermals nicht nutzen. Der Klose-Vertreter verballerte zwei gute Torchancen, das Zusammenspiel mit Sturmpartner Luca Toni war nicht vorhanden.

Werder dagegen feierte nach dem enttäuschenden 0:0 gegen Famagusta in der Champions League ein beeindruckendes Comeback. Ohne die angeschlagenen Torsten Frings und Clemens Fritz angereist, spielten die Bremer diszipliniert und brannten ein echtes Offensivfeuerwerk ab.

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