Stuttgart bleibt im Meisterrennen

Von Stefan Rommel / Florian Bogner
Umkämpftes Match: Schalkes Höwedes (r.) trifft Stuttgarts Khedira im Gesicht
© Getty

Der VfB Stuttgart hat seinen Höhenflug auch beim FC Schalke 04 fortgesetzt. Bei den Königsblauen kämpfte sich der VfB ohne Mario Gomez zu einem 2:1 (1:1)-Sieg und bewahrte damit die minimale Chance auf den Gewinn der deutschen Meisterschaft.

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Stuttgart bleibt mit nunmehr 61 Punkten dem Spitzen-Trio Wolfsburg, München (je 63) und Berlin (62) auf den Fersen und hat sich durch den 18. Saisonsieg das Ticket für die Europaliga im nächsten Jahr so gut wie gesichert.

Vor 60.000 Zuschauern in der ausverkauften Veltins-Arena in Gelsenkirchen trafen Cacau (16.) und Ciprian Marica (57.) zum schmeichelhaften Sieg für die Schwaben. Ivan Rakitic' Freistoßtor zum zwischenzeitlichen 1:1 war letztlich zu wenig für die Knappen (39.).

Für den VfB war es der erste Sieg auf Schalke nach dem 4:3 vor elf Jahren und der erste in der Arena überhaupt, für Schalke die dritte Niederlage in Folge.

Babbel: "Jetzt können wir befreit aufspielen"

"Das war ein ganz wichtiger Sieg. Jetzt können wir befreit aufspielen. Wir wollen jetzt genauso engagiert gegen Cottbus auftreten und dann sehen, was am letzten Spieltag bei den Bayern noch möglich ist", sagte Stuttgarts Teamchef Markus Babbel, der sich auch über den "fast sicheren Europacup-Platz" freute.

Schalkes Interimscoach Mike Büskens meinte: "Die Effektivität hat den Unterschied gemacht. Stuttgart hat unsere Fehler ausgenutzt."

Wermutstropfen für Stuttgart: Sami Khedira sah nach einem Rempler seine 5. Gelbe Karte der laufenden Saison und wird damit im letzten Heimspiel am kommenden Samstag gegen Energie Cottbus fehlen.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Bei Schalke einige Veränderungen: Für den verletzten Pander verteidigt Kobiaschwili links hinten. Westermann rückt ins rechte Mittelfeld, Rakitic beginnt hinter den Spitzen. Dafür sitzen Sanchez und Altintop zunächst nur draußen.

Stuttgart geschockt durch die Hiobsbotschaft schlechthin: Gomez fällt mit Adduktorenproblemen aus. Für den Torjäger kommt Marica ins Spiel. Delpierre ist nach seiner Sperre zurück und verteidigt neben Boulahrouz in der Innenverteidigung. Ansonsten keine Änderungen.

8.: Kobiaschwili vertändelt gegen Hilbert, der legt von rechts von der Torauslinie flach an den Elferpunkt zurück. Marica ist frei - senst aber vorbei. Dahinter kommt Gebhart an den Ball, Rafinha blockt zur Ecke. War da nicht die Hand im Spiel?

15.: Jones mit Zuckerpässchen links in die Gasse auf Kobiaschwili, Träsch pennt. Der Georgier läuft quer an den Sechzehner, setzt den Ball ans Außennetz.

16., 0:1, Cacau: Böser Schnitzer von Krstajic. Cacau klaut den Ball, geht noch ein paar Meter und fackelt dann aus 20 Metern einen ab. Khedira springt abseits stehend in der Schussbahn rum, Neuer sieht das Geschoss viel zu spät. Rechts oben schlägt's ein.

19.: Kurze Ecke Schalke: Rakitic, Rafinha, Rakitic. Der Kroate flankt den Ball butterweich von rechtsaußen an den Fünfer. Farfan steigt vollkommen alleine hoch, köpft aber aus vier Metern drüber.

37.: Westermann fällt der Ball 28 Meter vor dem Tor auf den Schlappen. Volley-Bogenlampe, Lehmann pritscht den Ball wie ein Volleyballer über die Latte.

39., 1:1, Rakitic: Freistoß von halblinks, ca. 22 Meter Torentfernung. Rakitic zieht mit Zug über die Mauer, der Ball zischt unhaltbar links in den Winkel.

50.: Flanke Farfan von rechts. Kuranyi setzt den Kopfball aus zehn Metern völlig freistehend aber knapp drüber.

57., 1:2, Marica: Fernschuss von Hitzlsperger aus 25 Metern. Neuer lässt den Ball nach vorne abprallen. Marica ist da und schiebt aus elf Metern ins linke Eck.

58.: Jetzt aber... Feines Passspiel des VfB. Gebhart dringt in den Sechzehner ein, Rafinha stößt ihn von hinten um. Elfmeter? Kempter sagt nein!

71.: Heieiei, Lehmann! Rakitic flankt von links. Lehmann stürmt raus, ist aber gegen Kuranyi zu spät dran. Der Schalker köpft aufs leere Tor, der Ball trudelt aber nur an den rechten Pfosten.

77.: Also diese Rakitic-Ecken von rechts sind brandgefährlich... Westermann steigt hoch, kommt frei zum Kopfball - drüber.

84.: Starke Szene von Schieber, der links durch Höwedes und Rafinha hindurch marschiert und knallhart flach an den Fünfer flankt. Hilbert hält den Fuß hin - Zentimeter links vorbei.

So lief das Spiel: Stuttgart zu Beginn mit mehr Tempo und Zug zum Tor, Schalke wartete erstmal ab. Der verdiente Lohn entlud sich in Cacaus Mörder-Wumme nach einer guten Viertelstunde. Schalke war angestachelt und machte mehr Druck nach vorne. Stuttgart zog sich weiter zurück und überließ Schalke mehr Spielanteile.

So richtig gefährlich wurde es aber selten, weil Schalke nicht wirklich viele gute Ideen hatte. Fast 20 Minuten lang hatten die Gastgeber nicht einen Torschuss zu verzeichnen. Der Ausgleich fiel dann aus dem Nichts.

Nach dem Wechsel war Schalke deutlich wacher, der VfB wirkte unverständlich gehemmt. Dann stellte Maricas Tor den Spielverlauf auf den Kopf. Schalke brauchte einige Minuten, um sich zu sammeln und baute dann nach und nach mehr Druck auf.

Am Ende schwamm der VfB gehörig, hatte aber bei seinen Kontern in den letzten Minuten auch die Chance zur frühzeitigen Entscheidung.

Der Star des Spiels: Am Montag wurde Jogi Löws Ansinnen publik, Cacau für die Asien-Reise der Nationalmannschaft nominieren zu wollen. Seit wenigen Wochen hat der gebürtige Brasilianer ja einen deutschen Pass. Wie auf Kommando fiel dann gegen Schalke Toptorjäger Gomez aus und Cacau stand plötzlich alleine im Fokus. Und der deutsche Brasilianer nutzte die Gunst der Stunde. Cacau hielt die Schalker Abwehr quasi im Alleingang auf Trab, erzielte das 1:0 selbst und war in der Entstehung das 2:1 beteiligt. Nach 81 Minuten durfte Cacau entkräftet vom Platz.

Die Gurke des Spiels: Mladen Krstajic führte Schalke als Kapitän aufs Feld, er sollte der Chef sein - nicht nur in der Innenverteidigung. Aber der  Serbe zeigte eine schwache Vorstellung, patzte böse beim 0:1 und hatte auch in der Folge Stellungsfehler und einige Schnelligkeitsdefizite. Nur Routine allein ist für dieses Niveau zu wenig.

Die Lehren des Spiels: Schalke hat das Kunststück fertig gebracht, eine komplette Saison in 90 Minuten zu packen. Phasenweise ist das ganz nett, manchmal sogar richtig druckvoll. Aber dann gibt es immer wieder Phasen, in denen rein gar nichts läuft. Dann fehlt es an Struktur, an Führungskraft und am alten Leid: der Kreativität.

Besonders augenscheinlich wurde es an einer ziemlich wilden Mittelfeldformation, in der die drei defensiven Mittelfeldspieler Westermann, Jones und Engelaar ohne erkennbaren Plan und fixe Position über den gesamten Platz pflügten. Könnte man auch als variables System interpretieren, doch das war es bei aller Liebe nicht.

In der neuen Saison wartet eine Menge Arbeit auf Trainer-Manager Felix Magath, im Kader und in dessen Ausrichtung wird sich so einiges ändern müssen.

Stuttgart bleibt dagegen weiter im heißen Rennen um den Titel und die Champions League. Und das Beste für die Schwaben: Die Qualifikation für die Europaliga ist quasi perfekt. Jetzt kann der VfB in den beiden letzten Spielen befreit aufspielen, was dann noch dazu kommt, ist reiner Bonus.

Beim VfB Stuttgart reift die Erkenntnis, dass es im Prinzip auch ohne Mario Gomez gehen kann. Zwar war das Fehlen des Torjägers in der einen oder anderen Situation zu spüren, aber das Spiel des VfB ist variabel genug, um sich auch auf neue Umstände einzurichten.

Allerdings war die Leistung gegen Schalke nicht das Gelbe vom Ei. In den letzten beiden Partien muss eine deutliche Steigerung her, wenn das Unmögliche wirklich noch möglich gemacht werden soll - vor allem im Hinblick auf das eventuelle Finale bei den Bayern am letzten Spieltag.

Schalke - Stuttgart: Daten & Fakten