Deutscher Meister sucht Trainer

Von Stefan Moser
Mit zahlreichen Plakaten forderten Wolfsburgs Fans Felix Magath zum Bleiben auf
© Getty

Es ist schon eine skurrile Situation: Da könnte der VfL Wolfsburg ziemlich sensationell deutscher Meister werden - und dann plötzlich ohne Trainer, Manager und Geschäftsführer dastehen.

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Denn Felix Magath, der alle drei Posten in Wolfsburg in Personalunion bekleidet, nährte auch nach dem überzeugenden 4:0-Sieg seiner Mannschaft gegen Hoffenheim die Spekulationen um seinen Wechsel zum FC Schalke 04 im Sommer. "Es ist alles offen", antwortete der 55-Jährige bei Premiere auf die Frage nach seiner Zukunft in der VW-Stadt und bestätigte damit zum ersten Mal zumindest die vage Möglichkeit eines Abschieds.

Noch skurriler sind allerdings die Begleitumstände der Gerüchte: Am Mittwoch meldeten aus heiterem Himmel vier renommierte Tageszeitungen unabhängig voneinander und unter Berufung auf eine anonyme Quelle eine Einigung zwischen Magath und Schalke 04.

Magath: "Das ist kein Zufall"

Irgendwer musste geplappert haben. Ziemlich gründlich sogar - und offenbar auch recht gezielt. Magath selbst sprach daraufhin von einer Verschwörung: "Jemand will mir schaden." Der Verdacht fiel auf Stuttgart. Dort tauchten die Gerüchte zum ersten Mal auf, dort hatte Magath vor fünf Jahren einen unglücklichen Abgang und dort spielt mit dem VfB ein direkter Konkurrent.

Worüber Magath sich nun öffentlich entrüstet, ist jedoch lediglich der Zeitpunkt der Meldung, nicht aber ihr Inhalt. "Es ist doch kein Zufall, dass die Sache jetzt im Saisonfinale auf den Tisch kommt", sagte er am Samstag.

Über den Wahrheitsgehalt aber äußert er sich ebenso umständlich wie vielsagend. Er wolle eine Einigung weder bestätigen noch dementieren. Dabei stehen die Floskeln, mit denen man derartigen Gerüchten in der Branche Vorschub leistet, schon auf Seite eins des Medienhandbuchs für Bundesligatrainer. Magath aber zieht es offenbar vor, sich zumindest doppelbödig zu äußern.

Magath schon im Juni frei?

Zu diesem merkwürdigen Verwirrspiel passen auch die neuesten Meldungen über die Vertragssituation in Wolfsburg. Bei Magaths Verpflichtung vor zwei Jahren wurde ein Vertrag bis 2010 öffentlich kommuniziert.

Nun berichtet die "Wolfsburger Allgemeine Zeitung": Der Vertrag läuft bereits in acht Wochen aus. Magath habe demnach eine einseitige Option verstreichen lassen und sei damit am 30. Juni frei für einen Wechsel zu Schalke.

Fakt ist, dass die Verhandlungen zwischen ihm und VW über eine Vertragsverlängerung noch nicht zu einem Abschluss gekommen sind. Angeblich hakt es am Geld. Geld für weitere Transfers im Sommer - und Geld für Magath selbst. Als Spekulation steht eine Forderung von fünf Millionen (bisher 2,5 Mio.) pro Jahr im Raum.

Bislang ging man aber davon aus, dass über die Zeit nach 2010 verhandelt wird. Nun jedoch sieht es so aus, als hätte Wolfsburg nur noch knapp zwei Monate Zeit, den Architekten des Erfolgs von einer gemeinsamen Zukunft zu überzeugen.

Die Folgen für Wolfsburg

Die Fans jedenfalls taten gegen Hoffenheim ihr Bestes, um das Herz ihres Leitwolfs zu erweichen. "Geld oder Liebe?", fragten sie Magath auf einem Transparent. "Wolfsburg minus Magath = Abstiegskampf", stand auf einem anderen.

Tatsächlich müsste der VfL fast bei Null anfangen, wenn der Alleinherrscher seine Regentschaft plötzlich beendete. Seine sportliche Kompetenz wäre ebenso schwer zu ersetzen wie seine wirtschaftliche. Der riesige Kader wurde praktisch komplett von Magath zusammengestellt, Wolfsburg hat sich innerhalb kurzer Zeit von einer Einzelperson abhängig gemacht. Dass Aufsichtsratsmitglied Stephan Grühsem zudem als Finanz- und Marketingexperte auf dem Zettel des FC Bayern München steht, macht die Situation nicht einfacher.

Magath bricht sein eigenes Tabu

Was der FC Schalke dagegen mit einem Wechsel gewinnen könnte, zeigte das Spiel der Wölfe am Samstag nur zu eindrucksvoll: Einen umtriebigen Manager Magath, der für überschaubare Summen Spieler verpflichtet wie das überragende Sturmduo Grafite (23 Saisontore) und Edin Dzeko, der gegen Hoffenheim innerhalb von 13 Minuten seine Saisontore 17 bis 19 erzielte.

Und einen erfahrenen Trainer mit einer klaren Handschrift, der seiner Mannschaft einen unverwechselbaren Powerfußball beigebracht und eine Truppe von ehemaligen No-Names zu einem Meisterschaftsanwärter geformt hat.

"Jetzt sind wir der Favorit auf die Meisterschaft. Ich will den Titel nach Wolfsburg holen", sagte selbst Magath nach dem Spiel - und brach damit sein eigenes Tabu. Titelträume waren bislang streng verboten.

Wann wird es offiziell?

In der Tat war der Auftritt gegen Hoffenheim meisterlich. Aber vielleicht änderte Magath seine rhetorische Strategie auch, um Fans und Umfeld in Wolfsburg zu konsolidieren. Gut möglich nämlich, dass der Wolfsburger Aufsichtsrat sich in absehbarer Zeit dem öffentlichen Druck beugt und eine Trennung zum Saisonende bekannt gibt.

Und für diesen Fall scheint Magath bereits vorzubauen.

Am Samstag jedenfalls wirkte es, als wolle er die Fans schon mal für den Fall der Fälle beruhigen: "Die guten Spieler haben alle Verträge über die laufende Saison hinaus. Der VfL Wolfsburg ist gut aufgestellt." Auch ohne Felix Magath...

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