Die unheimliche Effizienz: Berlin marschiert weiter

Von Stefan Moser / Florian Regelmann
Herthas Andrej Woronin erzielte gegen Bayer Leverkusen sein elftes Saisontor
© Getty

Hertha BSC Berlin darf weiter von der deutschen Meisterschaft träumen. Am 24. Spieltag der Bundesliga bezwang die Mannschaft von Trainer Lucien Favre Bayer Leverkusen verdient mit 1:0 (0:0) und feierte damit den zehnten Heimsieg in Folge.

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In einer mäßigen Partie ohne große Höhepunkte erzielte Andrej Woronin vor 58.753 Zuschauern im Berliner Olympiastadion in der 50. Minute das Tor des Tages. Für den Ukrainer war es der elfte Saisontreffer.

Die Hertha gewann damit bereits zum zwölften Mal mit nur einem Tor Unterschied und bleibt mit vier Punkten Vorsprung auf Bayern und Wolfsburg Tabellenführer. Leverkusen dagegen bleibt auf Rang sieben, verliert aber wichtige Punkte im Kampf um die internationalen Plätze.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Hertha-Coach Favre bringt zum vierten Mal in Folge dieselbe Formation. Bei Leverkusen ersetzt Schwegler den verletzten Vidal (Gehirnerschütterung).

18.: Erster kleiner Aufreger: Ebert rutscht eine Flanke von rechts über den Schlappen, der Ball segelt dadurch gefährlich Richtung Tor. Aber kein größeres Problem für Adler.

20.: Erste Ecke nach 20 Minuten! Barnetta führt aus, Rolfes steht am langen Pfosten, köpft die Pille an Rodneis Hand, aber der Pfiff von Rafati bleibt aus. Rodnei will die Hand zwar wegziehen, er schafft es aber nicht, den Elfer hätte der Schiri durchaus geben können.

26.: Woronin schnibbelt einen Freistoß von der linken Seite an den Elfmeterpunkt, dort steigt Rodnei hoch und köpft den Ball knapp am rechten Pfosten vorbei. Da war sie, die erste richtige Torchance!

35.: Zweite Ecke für Bayer: Wieder Barnetta von links, am Fünfer steigt Kadlec am höchsten, setzt den Kopfball aber knapp rechts vorbei.

50., 1-0, Woronin! Kurioses Tor! Castro leitet mit einem katastrophalen Fehler alles ein. Woronin zieht links in den Strafraum, schöner Doppelpass mit Nicu. Dann schießt der Ukrainer aus kurzer Distanz, Adler pariert mit dem linken Fuß, doch die Pille springt zurück an Woronins Schulter und von da zurück ins Tor: ein Slapstick-Treffer!

57.: Kießling versucht es aus der zweiten Reihe, aber der Ball geht genau auf Drobny. Das ist einfach viel zu wenig, was Leverkusen macht.

69.: Man kann es Kießling ja wirklich nicht vorwerfen, dass er nichts probieren würde. Er zieht wieder mal aus der Distanz ab, aber mit dem Tor hatte der Ball überhaupt nix zu tun, meilenweit vorbei.

85.: Das war noch mal eine gute Gelegenheit für die Gäste. Freistoß 20 Meter zentral vor dem Tor, Kroos läuft an und zirkelt den Ball drüber. Das wird nix mehr für Leverkusen.

So lief das Spiel: Verhaltener Beginn ohne große Torraumszenen. Der deutlich spürbare gegenseitige Respekt machte Disziplin und Ordnung zum Gebot der Stunde. Nach 15 Minuten übernahm Hertha langsam das Kommando und erarbeitete sich leichte Feldvorteile. Höhepunkte aber blieben weiter Mangelware.

Kurz nach dem Seitenwechsel nutzte Berlin den ersten größeren Fehler von Gonzalo Castro eiskalt zur Führung durch Woronin. Danach war kurzzeitig etwas mehr Leben in der Partie, allerdings zog sich die Hertha mit zunehmender Spieldauer weiter zurück.

Leverkusen fand kein Mittel, verkrampfte immer mehr und tauchte kaum gefährlich im Strafraum auf. Insgesamt eine enttäuschende zweite Halbzeit von Bayer und eine verdiente Niederlage.

Der Star des Spiels: Woronin. War eigentlich das einzige offensive Mittel der Hertha - und es reichte. Weil er sich die Lunge aus dem Leib rennt, immer anspielbar ist, die Bälle in der Spitze auch behaupten kann - und im Moment einfach einen Lauf hat.

Beweis: Er scheitert eigentlich an Adler, bekommt den Abpraller aber glücklich gegen die Schulter und macht damit das 1:0.

Die Gurke des Spiels: Gonzalo Castro. Erwischte einen ziemlich schwachen Tag. Viele Fehler im Aufbau, leichte und gefährliche Ballverluste in der eigenen Hälfte, unnötige Fouls rund um den eigenen Strafraum und schließlich der entscheidende Fehler vorm Gegentreffer.

Die Lehren des Spiels: Wer auf Tore, Großchancen und Adrenalin steht, kam sicher nicht auf seine Kosten, zu groß war einfach der gegenseitige Respekt. Wer allerdings ein Lehrvideo zum Thema "Organisation und Raumaufteilung" drehen wollte, war in Berlin genau richtig. Denn taktisch gehören beide Mannschaften zur absoluten Ligaspitze.

Mit viel Disziplin und hohem läuferischen Aufwand hielten beide eisern ihre Grundordnung. Reif fürs Lehrbuch ist aber vor allem die Geschlossenheit, mit der sich auf beiden Seiten jeweils die komplette Mannschaft im Raum verschiebt.

Balleroberung und blitzschnelles Spiel in die Spitze: Beide Teams folgen fast dem identischen Konzept, wobei Leverkusen noch einen Tick höher steht und in der Offensive auf sein schnelles Kombinationsspiel baut. Allerdings fehlten dafür gegen Berlin sowohl die Präzision als auch das Selbstvertrauen: insgesamt ein doch enttäuschender Auftritt.

Das Offensivspiel der Hertha war dagegen von vorneherein eindimensionaler angelegt. Langer Ball auf Woronin - mit besten Grüßen: Mach' was draus, viel Glück! Für eine Spitzenmannschaft eigentlich recht einfallslos. Aber mit Woronin in der derzeitigen Verfassung reicht es eben.

Zur fast unheimlichen Effizienz der Berliner kommt mittlerweile auch eine gehörige Portion Selbstvertrauen, Ruhe und Souveränität: Die Hertha macht fast keine Fehler - und darf weiterhin vom Titel träumen.

Leverkusen dagegen verlor ein richtungsweisendes Spiel, wirkte dabei im Angriff zu verkrampft und hilflos - und muss inzwischen ernsthaft aufpassen, dass der Zug nach Europa nicht ohne Bayer abfährt.

Hertha - Leverkusen: Alle Daten & Fakten