Zweites Bochum für Bayern

Von Florian Bogner / Bastian Steegmüller
Gladbachs Gohouri (am Boden) sah für dieses Foul an Bayern-Verteidiger Lucio die Gelbe Karte
© Getty

Der FC Bayern München hat am 13. Spieltag der Bundesliga zum zweiten Mal in dieser Saison binnen weniger Minuten einen Zwei-Tore-Vorsprung hergeschenkt und beim Abstiegskandidaten Borussia Mönchengladbach am Ende nur 2:2 (1:0) gespielt.

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Vor 54.067 Zuschauern im ausverkauften Borussia-Park strebte der Rekordmeister nach Toren von Luca Toni (21.) und Franck Ribery (65./Elfmeter) bereits dem sechsten Dreier in Folge entgegen, bevor Rob Friend (78.) und Michael Bradley (81.) die bis dato mausetoten Gastgeber wieder ins Spiel brachten.

Toni mit 1:0-Garantie

Luca Toni brachte die Bayern bereits zum vierten Mal in dieser Saison nach toller Vorarbeit des wiedergenesenen Philipp Lahm in Führung, Ribery sorgte nach einem an ihm selbst verübten Foul von Steve Gohouri für die vermeintliche Vorentscheidung.

Gladbach präsentierte sich lange viel zu harmlos und brachte das Tor von Bayern-Keeper Michael Rensing nur ansatzweise in Gefahr. Doch dann folgte der kollektive Tiefschlaf der Gäste-Defensive, die die Bayern schon beim 3:3 gegen den VfL Bochum am 7. Spieltag zwei Punkte gekostet hatte.

Klinsmann: "Sehr, sehr ärgerlich"

"Es ist sehr, sehr ärgerlich, dass wir noch zwei Gegentore zugelassen haben und nur mit einem Punkt nach Hause fahren", konstatierte Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann. "Aber ändern können wir das jetzt nicht mehr. Eigentlich wollten wir keinen größeren Rückstand zur Tabellenspitze zulassen, leider ist uns das nicht gelungen. Das müssen wir jetzt wieder korrigieren."

"Beim 0:2-Rückstand dachte ich schon, das war es. Aber so ist das für uns ein schönes Bonbon, zumal das gegen Bayern München nicht jeder schafft", meinte Gladbach-Coach Hans Meyer.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Lahm ist bei Bayern links hinten wieder dabei, Ze Roberto dafür im Mittelfeld. Borowski nur auf der Bank. Rechts verteidigt Lell für Oddo. Podolski fehlt mit Rückenbeschwerden. Gladbach mal wieder mit mehreren Änderungen: Dorda, van den Bergh und Colautti sitzen draußen; Gohouri, Paauwe und Baumjohann rücken in die Startelf.

21., 0:1, Toni: Effektiver geht's nicht - erste Chance, erstes Tor. Lahm zieht links an Levels vorbei in den Sechzehner und legt zurück an den Fünfer, wo Toni den Ball über die Linie murmelt. Fünf Gladbacher sehen tatenlos zu. Fünftes Saisontor für den Italiener.

22.: Bradley zieht aus zentraler Position nach Ablage von Friend aus 20 Metern ab. Lucio wirft sich in die Schussbahn und fälscht zur Ecke ab.

33.: Toni steckt schön auf Klose durch, der zieht quer durch den Strafraum und übersieht den vollkommen freistehenden Ribery. Sein Abschluss ist leichte Beute für Gospodarek.

33.: Van Bommel chippt den Ball in den Lauf von Toni, kein Abseits. Der Italiener zieht aus halblinker Position aus 13 Metern volley ab - Außennetz!

38.: Lahm dribbelt durch zwei Mann hindurch in den Strafraum. Paauwe steigt ihm von hinten auf den Fuß, Lahm fällt. Schiri Weiner gibt zur Verwunderung aller keinen Elfmeter.

45.: Freistoß Marin von links: Bradley köpft aus acht Metern und verfehlt bedrängt das lange Eck um gut einen Meter.

64., Elfmeter für Bayern: Ribery dringt von links in den Strafraum ein und wird von Gohouri ungelenk gelegt. Diesmal gibt Weiner den Strafstoß.

65, 0:2, Ribery (Elfmeter): Ribery schickt den Ex-Bayer Gospodarek in die falsche Ecke, trifft links unten. Ebenfalls sein fünfter Saisontreffer.

78., 1:2, Friend: Eine flach ausgeführte Ecke von Marin legt Baumjohann vom Sechzehner an den hinteren Pfosten. Dort lauert Friend und köpft ins lange Eck ein. Hoffnung für Gladbach!

81., 2:2, Bradley: Unfassbar! Der eingewechselte Colautti wuselt sich durch zwei Mann durch, liegt schon am Boden, steht auf und flankt vom Fünfereck auf den freistehenden Bradley, der zu seinem ersten Saisontor einnickt.

90.: Zuckerflanke des eingewechselten Kroos auf Toni, dessen Kopfball verfehlt das kurze Eck knapp.

So lief das Spiel: Aggressiver Beginn von beiden Mannschaften. Bayern versuchte Druck zu machen, Gladbach hielt mit Marin-Sololäufen dagegen. Strafraumszenen gab es allerdings erst nach 20 Minuten, die Gäste nutzten die erste gleich eiskalt zur Führung. Die Hausherren fanden danach kein Mittel, die Bayern-Defensive unter Druck zu setzen. Im Gegenteil: Der FCB zog sein Spiel durch, kam zu weiteren Chancen und hätte zur Halbzeit höher führen müssen.

Auch zu Beginn des zweiten Durchgangs hatten die Gäste Spiel und Gegner unter Kontrolle. Die Highlights waren noch spärlicher gesäht als vor der Pause, erst Gohouris Foul an Ribery riss die 22 Spieler aus der Lethargie. Als alles mit einem ungefährdeten Bayern-Sieg rechnete, schlug Gladbach doch zweimal zu und behielt einen Punkt im Borussia-Park.

Der Star des Spiels: Philipp Lahm. Drei Wochen verletzt, dazu zum Länderspiel nicht eingeladen - die Partie in Gladbach sollte dem Linksverteidiger eigentlich zum Reinschnuppern dienen. Doch Lahm dachte gar nicht dran, sich einen faulen Lenz zu machen, sondern wieselte die linke Seite vor allem in der ersten Halbzeit emsig rauf und runter und spielte Levels teilweise Knoten in die Beine. Im zweiten Durchgang ließ Lahm dann etwas nach und wurde nach 68 Minuten ausgewechselt. Erst danach fielen die Gladbacher Tore.

Die Gurke des Spiels: Roel Brouwers. Bekam in der Innenverteidigung der Gladbacher eine Bewährungschance und setzte diese gründlich in den Sand. Nur zwei gewonnene Zweikämpfe, dazu unglaublich langsam und nie eng genug bei Toni. Meyer hatte nach 45 Minuten ein Einsehen und nahm den Holländer zur Halbzeit vom Feld.

Die Lehren des Spiels: Was für unerklärliche Aussetzer sich die Bayern-Defensive in dieser Saison leistet, ist mit Worten kaum zu beschreiben. Bochum war von den Verantwortlichen beim FCB als einmaliger Ausrutscher angesehen worden, nun erlebten Klinsmann und Co. - gerade als alles für den Rekordmeister zu laufen schien - ein böses Deja-vu.

Zuvor hatten die Bayern eine abgeklärte Leistung gezeigt. Mit einfachen Mitteln waren die Gäste zu zwei Treffern gekommen und wollten diese vermeintlich sichere Führung wie schon hunderte Male zuvor über die Zeit schaukeln - was gründlich in die Hose ging. Dramatischer ist nur noch, dass der FCB es anschließend nicht mehr schaffte, für die letzten zehn Minuten den Schalter umzulegen.

Gladbach hingegen muss man ein Kompliment für seine Moral machen. Mausetot waren die Hausherren, mit dem Anschlusstor ging jedoch ein Ruck durch die Mannschaft. Zuvor hatte sich die Defensive aber einmal mehr nicht gerade bundesligareif gezeigt. Quintessenz: Die Gladbacher kassieren viel zu simple Gegentore. Das Timing im Zweikampf stimmt bei Levels, Brouwers und Co. selten, dazu sind die Herren der Abteilung Defensive unglaublich hüftsteif und langsam. Trotz des Punktgewinns muss man sagen: Mit diesem Personal wird es verdammt schwer, die Klasse zu halten.

Offensiv werden die Probleme dann noch viel dramatischer, denn wirklich alles, was sich jenseits der Mittellinie abspielt, läuft über Marko Marin. Baumjohann hat gute Ansätze, steckt aber viel zu schnell auf, und Friend dient lediglich als Prellbock (flache Bälle) bzw. Abrissbirne (hohe Bälle). Meyer kann eigentlich nur auf neues Personal in der Winterpause hoffen - oder darauf, dass sich bis Ende der Saison drei Mannschaften noch dusseliger anstellen.

Bei Bayern kommt derweil Luca Toni immer besser in Form. Schon ist das Offensivspiel neben Ribery um eine Aktion reicher. Nur Klose schafft es noch nicht, neben dem Italiener ein ordentliches Spiel hinzulegen.

Der 13. Spieltag der Bundesliga im Überblick