FC Bayern - Philippe Coutinhos Debüt in Robert Lewandowskis Schatten: Magier mit Aufholbedarf

Von Dennis Melzer
Philippe Coutinho gab am Samstag sein Bundesliga-Debüt.
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Bei dem 3:0-Sieg gegen den FC Schalke 04 zeigte Philippe Coutinho erstmals im Trikot des FC Bayern München, worauf sich die Fans freuen dürfen - aber auch nachvollziehbare Defizite.

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Philippe Coutinho kam es ganz gelegen, dass sich der ganze Rummel nach der Partie zwischen Schalke 04 und Bayern München auf mehrere Schultern verteilte. Der Brasilianer steht spürbar ungerne im Rampenlicht, wirkt stets freundlich, vor allem aber schüchtern, wenn er vor Kameras und Mikrofone tritt. Dank Robert Lewandowski, der den Rekordmeister an diesem spätsommerlichen Abend im Alleingang zum Sieg geschossen hatte, war Coutinho nur der zweitgefragteste Mann in der Mixed Zone.

Dennoch kam er nicht um eine Stellungnahme herum. Immerhin hatte er, der von sämtlichen Verantwortlichen als strahlkräftiger Weltstar gepriesen wurde, nachdem er den Weg von Barcelona in die bayrische Landeshauptstadt gefunden hatte, kurz zuvor sein heiß erwartetes Debüt im FCB-Dress gefeiert.

33 Minuten lang hatte Coutinho die Möglichkeit, in der Veltins Arena zu zeigen, worauf sich - Trainer Niko Kovac zufolge - ganz Fußball-Deutschland freuen darf, andeuten, warum sich die gesamte Bundesliga glücklich schätzen sollte, einen wie ihn als neues Familienmitglied gewonnen zu haben.

Philippe Coutinho: "Es war unglaublich"

"Es war unglaublich", beschrieb Coutinho den Moment, als er für Thomas Müller ins Spiel kam. "Ich hatte mich zuvor sehr auf meinen ersten Einsatz gefreut." Es sei ein "schöner Abend" gewesen, weil sein neuer Arbeitgeber, den der 27-Jährige grundsätzlich mit allen möglichen Superlativen charakterisiert, das Duell mit 3:0 für sich entschieden hatte. Berechtigterweise wies der Neuzugang allerdings auch mehrfach darauf hin, dass er erst seit wenigen Tagen in München sei und dementsprechend noch nicht einschätzen könne, wie Mitspieler X tickt oder welche Laufwege Teamkollege Y präferiert.

Auf dem Feld angekommen, nahm Coutinho gleich seine Lieblingsposition ein, auf der Zehn. Der Mittelfeldmann forderte die Kugel, verteilte sie wahlweise daraufhin wieder oder entschloss sich selbstbewusst, ins Dribbling zu gehen. Jene Tätigkeit, die zu seinen Hauptstärken gezählt wird.

In einer Situation schickte er beispielsweise zunächst Weston McKennie mit einer einfachen Körpertäuschung ins Kino, ehe er Daniel Caligiuri gleich darauf einen Beinschuss verpasste, infolgedessen aber einen zu durchsichtigen Versuch unternahm, einen Freistoß zu schinden. Ein wenig Zauberei in einer Partie, die nicht mit vielen magischen Momenten aufwartete. "Das Spiel ist sehr intensiv. Das ist mein erster Eindruck", fasste Coutinho zusammen.

Niko Kovac zu Coutinho: "Es fehlt noch ein bisschen Kraft"

Sein Coach äußerte sich zum ersten Auftritt des namhaftesten Sommerzugangs insgesamt zufrieden: "Ich finde, dass man heute schon gesehen hat, welche Fähigkeiten er am Ball hat. Wie er sich löst und die Räume beläuft und bespielt", sagte Kovac bei Sky und spielte damit gewiss auch auf die Affinität Coutinhos für Kurzpasskombinationen an, die der Edeltechniker einige Male durchblicken ließ.

"Es fehlt aber noch ein bisschen Kraft. Das ist aber ganz normal", gab der Kroate allerdings zu bedenken. Im ZDF-Interview konkretisierte Kovac, warum der Offensivmann derzeit noch Fitnessrückstände aufweist: "Er kann nach zweieinhalb Wochen (kehrte aufgrund der Copa America erst spät aus dem Urlaub zurück, Anm. d. Red.) und einem Trip nach Amerika gar nicht den Stand von denen haben, die schon seit sechs Wochen trainieren. Es besteht kein Zweifel, dass er noch an seiner Fitness arbeiten muss."

Sportdirektor Hasan Salihamidzic hatte indes nur Lobeshymnen für Coutinhos Debüt in petto. "Bei Philippe sieht man, was für ein feiner Fußballer er ist", erklärte Brazzo und schob nach: "Wie er den Ball an- und mitnimmt, ist kaum zu fassen. Es macht Spaß, ihm beim Fußballspielen zuzusehen."

Auch Kapitän Manuel Neuer hob die Qualitäten seines neuen Mannschaftskameraden hervor. "Er ist ein positiver Typ, der alles geben möchte. Er war anfangs noch etwas zurückhaltend, aber auf dem Platz möchte er immer helfen und den Ball haben", verriet der Bayern-Schlussmann. "Als Brasilianer möchte er natürlich mit dem Ball spielen. Das hat man heute in der einen oder anderen Situation gesehen." Es sei gut für die Münchner, mit Coutinho einen Spieler bekommen zu haben, "der über Weltklasse-Niveau verfügt", sagte Neuer abschließend.

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Philippe Coutinhos Zahlen überzeugen

Und was sagen Coutinhos Zahlen zum Debüt? 89,3-prozentige Quote bei 28 gespielten Pässen (zum Vergleich: Müller spielte in mehr als der doppelten Einsatzzeit weniger Pässe und brachte davon lediglich 65 Prozent an den Mitspieler), 80-prozentige Zweikampfquote sowie 36 Ballaktionen. Mehr als ordentliche Werte für einen Zehner. "Er hat angedeutet, dass er ein ganz wichtiger Spieler werden kann", befand TV-Experte Lothar Matthäus, der sich in den vergangenen Tagen ohnehin als Coutinho-Fan geoutet hatte.

Der "kleine Magier", wie Coutinho genannt wird, war jedenfalls am Ende froh, als er nicht mehr über sich sprechen musste, sondern schließlich dem wirklichen Protagonisten des Abends die Bühne überlassen konnte. "Er ist eine Legende. Ein großartiger Spieler und ein toller Typ", schwärmte Coutinho mit Blick auf Dreierpacker Lewandowski. "Ich habe seine Qualitäten schon im Training gesehen und kann ihm zu seinem Hattrick nur gratulieren." Und schon war er verschwunden, dorthin, wo er sich lieber aufhält. Außerhalb des Rampenlichts.

Philippe Coutinho im Steckbrief

geboren12. Juni 1992 in Rio de Janeiro
Größe1,72 m
Gewicht72 kg
PositionOffensives Mittelfeld
starker Fußrechts
StationenCR Vasco da Gama, Inter Mailand, Espanyol Barcelona, FC Liverpool, FC Barcelona, FC Bayern
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