Kommentar zu Ribery: Die Führung des FC Bayern macht sich unglaubwürdig

Karl Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß bei der Jahreshauptversammlung im November.
© getty

Die Verantwortungsträger des FC Bayern München appellieren an die unantastbare Würde des Menschen, verfolgen diese Maxime in ihrem Klub aber selbst nicht. Das macht sie zunehmend unglaubwürdig. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Nino Duit.

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"Die Würde des Menschen ist unantastbar", zitierte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge bei der legendären Pressekonferenz im Oktober aus Artikel 1 des Grundgesetzes. Er sah sich dazu genötigt, weil die Führung des FC Bayern mit der medialen Berichterstattung über seine Spieler unzufrieden war. Zu kritisch, respektlos und teilweise angeblich sogar falsch. Manche Spieler sollen als "Altherrenfußballer" bezeichnet worden sein. So etwas macht man doch nicht mit Weltmeistern und Champions-League-Siegern!

Der Verweis auf Artikel 1 des Grundgesetzes ist aber auch ein Statement, an dem sich Rummenigge und in dessen Namen der ganze FC Bayern seitdem messen lassen muss. Wer Würde einfordert, der sollte Würde auch selbst leben.

Erstmals scheiterte das noch bei dieser Pressekonferenz, als Präsident Uli Hoeneß die Leistung des Ex-Spielers Juan Bernat "einen Scheißdreck" nannte. Würdeloses Nachtreten. Dann revidierte er seine einige Monate zuvor getätigte Aussage, der deutsche Nationalspieler Mesut Özil habe jahrelang einen "Dreck" gespielt, in "Mist". Würdeloser Sarkasmus. Nach Kritik von Mitglied Johannes Bachmayr bei der Jahreshauptversammlung mutmaßte Hoeneß, dass dieser "wahrscheinlich von außen gesteuert" sei. Würdelose Unterstellung. Getoppt wird das alles durch den Umgang des Vereins mit den Aussetzern seines Spielers Franck Ribery. Speziell bei der sogenannten "Goldenes-Steak-Affäre".

Der FC Bayern hätte Ribery suspendieren müssen

Wer sein Privatleben wie Ribery mit Posts in den sozialen Netzwerken öffentlich macht, der muss damit rechnen, dass sich die Öffentlichkeit eine Meinung darüber bildet und diese ebenfalls teilt. Es wird positive Rückmeldungen geben, es wird negative Rückmeldungen geben. Vor allem bei polarisierenden Familienerlebnissen wie dem theatralischen Salzen eines mit 24 Karat Blattgold überzogenen Steaks.

Über die negativen Rückmeldungen war Ribery aber offenbar so überrascht und erbost, dass er den entsprechenden Verfassern, laut Ribery "Neider und Hater, die durch ein löchriges Kondom entstanden sein müssen", in einem über seine sozialen Netzwerke verbreiteten Statement Tipps für ihr Sexualleben gab: "F**** eure Mütter, eure Großmütter und euren gesamten Stammbaum." Eine im deutschen Fußball in dieser Form bisher noch nie dagewesene verbale Entgleisung.

Wenn es den Verantwortungsträgern des FC Bayern also tatsächlich um die Würde der Menschen geht, hätten sie Ribery alleine für dieses Statement umgehend suspendiert. Im Anschluss hätte es immer noch die Möglichkeit gegeben, sich über das weitere Vorgehen Gedanken zu machen. Zu überlegen, unter welchen Umständen eine Begnadigung vermittelbar wäre. Stattdessen bekam Ribery aber lediglich eine "hohe Geldstrafe", die nicht genau beziffert wurde. Wobei die exakte Summe ohnehin egal ist: Ribery wird sie nicht wehtun. Das Einzige, was ihn womöglich zum Nachdenken gebracht hätte, wäre, ihm das zu nehmen, was er am liebsten macht: Fußballspielen.

Die Verantwortungsträger schauen weitestgehend tatenlos zu

Dieses Statement war bereits die zweite Handlung Riberys innerhalb weniger Wochen, die eine Suspendierung rechtfertigt hätte. Auch im November sah sich Ribery öffentlicher Kritik ausgesetzt. Der französische TV-Reporter Patrick Guillou hatte ihn für seine Leistung beim Bundesligaspitzenspiel bei Borussia Dortmund (2:3) kritisiert. Ribery reagierte damals genau so, wie er nun im Internet reagierte. Er schlug in blinder Wut zurück - und weil sein Kritiker im damaligen Fall im gleichen Stadion war (und nicht ungreifbar im Internet) eben nicht nur per Statement, sondern per Watschn. Eine nicht zu tolerierende Handlung, die für Ribery aber folgenlos blieb. Mit einer Entschuldigung bei Guillou war es getan.

Die Verantwortungsträger des FC Bayern schauen weitestgehend tatenlos zu, wie sich einer ihrer prominentesten Spieler in beachtlicher Regelmäßigkeit anderen gegenüber würdelos benimmt - kurz nachdem sie Würde im Umgang mit den eigenen Spielern eingefordert hatten. Damit macht sich die Klubführung zunehmend unglaubwürdig.

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