Das ungefährliche Offensivspiel des FC Bayern München: Was will Niko Kovac denn eigentlich?

Nach vier Pflichtspielen ohne Sieg steckt der FC Bayern in der Krise.
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FC Bayern und der Ballbesitz

Kovacs Aussagen beim Amtsantritt und in seiner WM-Kolumne zufolge: weniger oder zumindest zielführenderen Ballbesitz. Im Vergleich zur vergangenen Saison hat der durchschnittliche Ballbesitzanteil beim FC Bayern in dieser Saison aber ganz im Gegenteil sogar zugenommen. Von 64,2 Prozent auf 68,6 Prozent.

"Wir haben den Ball, aber wir haben ihn in ungefährlichen Räumen. Wir haben zu wenige Leute da, wo es dem Gegner wehtut", sagte Mats Hummels nach der Niederlage gegen Gladbach und ergänzte: "Niko Kovac ist jemand, der es theoretisch ein bisschen anders sehen will, aber wir verfallen speziell bei Rückständen in alte Muster."

Kovac will demnach also ein ballbesitzärmeres, direkteres Spiel nach vorne sehen, es mangelt offenbar an der Umsetzung der Spieler. Oder an ihrem Willen zur Umsetzung? Joshua Kimmich etwa sah sich genötigt zu betonen: "Ich glaube nicht, dass wir eine klassische Kontermannschaft sind. Wir müssen unser System schon unseren Spielern anpassen." Macht Kovac das etwa nicht?

Die Rollen von Thomas Müller, James und Robert Lewandowski

Der FC Bayern hat wegen der individuellen Klasse seiner Spieler und der Herangehensweise seiner Gegner zumeist fast automatisch mehr Ballbesitz. Damit daraus aber auch ein zielführendes Offensivspiel entsteht, brauchen die Spieler Vorgaben, wann sie sich wo aufzuhalten haben. Eine der Spezialdisziplinen von Ex-Trainer Guardiola. "Wir haben derzeit ein bisschen Probleme, die richtigen Räume zu besetzen. Gerade wenn der Gegner so tief steht, ist es wichtig, die richtigen Positionen einzunehmen, und das haben wir nicht gemacht", sagte Leon Goretzka.

Speziell die Rolle von Thomas Müller im zumeist praktizierten 4-3-3 -System ist diffus. Nominell auf der Achterposition aufgeboten, treibt er sich überall ein bisschen aber nirgends so wirklich herum. Für James, mit den besten Techniker der Mannschaft, hat Kovac dagegen noch gar keine wirkliche Rolle gefunden.

Den alternden Arjen Robben sowie Franck Ribery mangelt es bekanntlich etwas an Tempo und Robert Lewandowski wirkte nicht nur gegen Gladbach (16 Ballkontakte) völlig abgeschnitten von der restlichen Mannschaft. In den ersten sieben Pflichtspielen erzielte er acht Treffer, seitdem keinen mehr. "Wir müssen es wieder mal schaffen, dass wir vier, fünf Spieler in der Box haben und der Lewy da nicht immer komplett alleine gegen vier Verteidiger steht", findet Hummels.

FC Bayern und die Probleme mit dem "Kreieren"

Dass der FC Bayern alleine deswegen zu Torchancen kommt, weil er eben der FC Bayern ist, hat sich jedenfalls als Trugschluss erwiesen. Als nach dem Remis gegen Augsburg noch die Chancenverwertung statt der Chancenanzahl als Problem ausgemacht wurde, hatte Kovac nämlich mantraartig gesagt: "Wir werden immer unsere Chancen kreieren." Die folgenden Spiele straften ihn Lügen. Seitdem wurde nämlich wenig kreiert, gegen Gladbach exakt ein irreguläres Tor aus Abseitsposition und ein Schuss von Lewandowski.

Bei den Spielern ist immerhin das Wort "kreieren" hängen geblieben. Nach der Niederlage gegen Gladbach hieß es: "Wir haben zu wenig kreiert." (Robben) "Was uns im Moment ein bisschen fehlt - und das ist auch kein Geheimnis -, ist das Chancen kreieren." (Hummels) "Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir Chancen kreieren." (Kimmich)

Gedanken muss sich aber nicht nur über das Chancen kreieren an sich gemacht werden, sondern vor allem auch darüber, mit welchem Offensivkonzept sie denn eigentlich kreiert werden sollen. Es ist die Aufgabe des Trainers.

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