Robert Lewandowski beim FC Bayern München: Die andere Art der Erpressung

Robert Lewandowski ist der unverzichtbarste Spieler im Kader des FC Bayern München.
© getty

Robert Lewandowski hat sich in dieser Saison auf hohem Niveau noch einmal gesteigert. In der Bundesliga ist der Torjäger der größte Star, beim FC Bayern München ist kein Spieler so unverzichtbar wie er. Die ständigen Wechselgerüchte um Lewandowski nerven den Verein, sind zugleich jedoch auch die Möglichkeit, auf dem internationalen Transfermarkt mal wieder ein Exempel zu statuieren. Aber wie lange halten die Bayern der anderen Art der Erpressung stand?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Auf Spielchen hat Karl-Heinz Rummenigge keine Lust. Und er will sich schon gar nicht erpressen lassen. Nicht direkt und auch nicht unterschwellig.

Deswegen ging der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern zu Beginn der Woche mit einer klaren Ansage an die Öffentlichkeit: "Ich bin ja bekannt dafür, dass ich gerne wette", sagte er im kicker: "Die Wette nehme ich gerne an, dass Robert Lewandowski in der nächsten Saison hundertprozentig bei Bayern München spielen wird."

Im Zuge dessen erinnerte er sich ans Jahr 2009, als der deutsche Rekordmeister Franck Ribery nicht zum FC Chelsea gehen ließ. Trotz eines Angebots über 80 Millionen Euro plus Jose Bosingwa. "Von diesem Tag an wusste die ganze Fußballwelt: Gegen den Willen von Bayern München kann niemand einen Spieler von Bayern München kaufen."

Tatsächlich verloren die Bayern seither keinen einzigen Spieler ungewollt.

FC Bayern bleibt bei seiner Maxime

So ist es nicht verwunderlich, dass der FC Bayern an seiner Maxime festhalten will: Wir sind kein Verkaufsverein.

Entsprechend plant Rummenigge mit Lewandowski, einem "extrem wichtigen Bestandteil unserer Mannschaft, er ist vielleicht die beste Nummer 9, die es in Europa gibt".

In der laufenden Saison hat der 29-Jährige seinen Stellenwert noch einmal nach oben geschraubt. Er ist im Starensemble so unersetzbar wie kein anderer.

Robert Lewandowski: Statistiken seiner Bundesliga-Saisons

SaisonVereinEinsätzeTore
2010/2011Borussia Dortmund338
2011/2012Borussia Dortmund3422
2012/2013Borussia Dortmund3124
2013/2014Borussia Dortmund3320
2014/2015FC Bayern München3117
2015/2016FC Bayern München3230
2016/2017FC Bayern München3330
2017/2018FC Bayern München2523

Lewandowski hat sich gesteigert

Auf ohnehin hohem Niveau hat er sich in dieser Saison noch einmal weiterentwickelt, wie die Zahlen belegen. Lewandowski verbesserte seine Passquote (79 Prozent zu 75 in der Vorsaison), seine Schussgenauigkeit (52,1 Prozent zu 49,6 Prozent) und gab mit Abstand die meisten Torschüsse aller Bundesligaspieler ab (86, Timo Werner auf Platz zwei mit 63).

Im internationalen Vergleich brauchte darüber hinaus keiner der Topstürmer so wenige Minuten für ein Tor. Während Cristiano Ronaldo durchschnittlich alle 92,3 Minuten trifft und Liverpools Mohamed Salah 85,5 Minuten für einen Treffer benötigt, hat Lewandowski mit 81,3 Minuten pro Treffer den besten Wert. Auch in dieser Statistik steigerte er sich im Gegensatz zur Vorsaison (92,6 Minuten), als er mit 30 Saisontoren die Torjägerkanone knapp verpasste.

In diesem Jahr wird ihm das nicht passieren. Die Kanone ist ihm ebenso sicher wie seinem Team die sechste deutsche Meisterschaft in Serie. Mit Schützenhilfe des SC Freiburg (spielt gegen Schalke) könnte der FC Bayern bereits am Samstagabend im Duell mit Lewandowskis Ex-Verein Borussia Dortmund (18.30 Uhr im LIVETICKER) den Titel perfekt machen.

Lewandowski in der Champions League wichtig für den FC Bayern

Deutlich wichtiger wird die Rolle des Polen auf der Zielgerade der Saison in den Pokalwettbewerben. "Wenn wir in der Champions League weiterkommen wollen, muss Lewandowski seine beste Leistung abrufen", sagte Trainer Jupp Heynckes.

Der Trainer weiß ganz genau, wie abhängig sein Team von den Toren des Mittelstürmers ist. In der Vorsaison traf Lewandowski in jedem Champions-League-K.o.-Spiel, an dem er teilnahm. Das eine, in dem er verletzungsbedingt fehlte, sorgte später für das Ausscheiden: das Hinspiel gegen Real Madrid.

Zwar hat Heynckes seit Winter mit Sandro Wagner die gewünschte Alternative zur Verfügung. In Sachen Erfahrung, technischer Klasse und Ausstrahlung kann Wagner jedoch nicht mit Lewandowski mithalten.

Lewandowski ein größerer Star als, Neuer, Robben oder Ribery

Lewandowski ist aktuell der größte Star in der Bundesliga. Im Gegensatz zu Leon Bailey seit Jahren konstant. Im Gegensatz zu Marco Reus oder Manuel Neuer quasi nie verletzt. Im Gegensatz zu Arjen Robben oder Franck Ribery im perfekten Fußballalter.

Nicht zuletzt deswegen wiederholen sich die Gerüchte um einen möglichen Wechsel zu einem internationalen Topklub. Vor allem das Thema Real Madrid kocht regelmäßig hoch.

Zwar hat der Angreifer selbst öffentlich nie klar und deutlich einen Wechselwunsch geäußert. Lewandowski ist nicht Pierre-Emerick Aubameyang oder Ousmane Dembele. Er streikt nicht, trägt seinen Wunsch nicht offensiv nach außen. Er bedient sich anderer, subtilerer Mittel, lässt Gerüchte, gestreute Meldungen, Körpersprache und Subtext sprechen.

Aufsehenerregendes Interview: Macht bei den Spielern

Im September etwa sorgte er mit einem Interview im Spiegel für Aufsehen, in dem er sagte, die Macht in Transferangelegenheiten liege mittlerweile auf Spielerseite: "Wenn ein Spieler wirklich wechseln will, kann er das auch in der Regel durchsetzen."

Eine Aussage, die Rummenigge sauer aufstieß: "Leider ist sein Berater, Herr Barthel, hier der Spiritus Rector. Das Interview ist bewusst am FC Bayern vorbei organisiert worden", sagte dieser damals zur Bild: "Die Macht der Spieler sehe ich auch nicht so groß, wie Lewandowski mit einem Blick in seinen Vertrag auch feststellen kann. Er hat bis 2021 ohne Ausstiegsklausel unterschrieben."

Beraterwechsel zu Zahavi schürt Spekulationen

Ende Februar bekamen die Spekulationen erneut Futter, als sich Lewandowski von seinem Berater Cezary Kucharski trennte und stattdessen die Arbeit mit Pini Zahavi aufnahm. Der 74-Jährige hatte in der Vergangenheit bei zahlreichen Transfers im Hintergrund die Strippen gezogen und unter anderem den 222-Millionen-Euro-Transfer von Neymar zu Paris Saint-Germain eingefädelt. Zahavis Kontakte zu Real sind exzellent.

Zu seinem Antritt haute der 74-Jährige direkt einen raus: "Ihn wollen die besten Vereine der Welt haben. Real Madrid? Wir werden sehen. Jetzt muss ich meine Arbeit machen."

Wenige Tage später gab es auf dem Trainingsplatz an der Säbener Straße einen offenen Konflikt mit Mats Hummels, der seinem Teamkollegen mangelnde Einstellung vorwarf.

Lewandowski ist ein kühler Karrieremensch

Lewandowski selbst blieb ruhig. "Wenn ich jetzt als Bayern-Spieler über diese Real-Spekulationen nachdenken würde, wäre es nicht gut für mich. Ich bin Spieler des FC Bayern und will hier alles geben", sagte er kühl.

Kühl ist das Verhältnis von Lewandowski zu seinem Job ohnehin. Er ist keiner, der sich nach Toren emotional aufs Wappen klopft. Trotz seines sportlichen Wertes ist er kein Publikumsliebling, keine Identifikationsfigur.

Lewandowski ist ein erfolgsorientierter Karrieremensch, der einen Schritt nach dem anderen macht. Daraus machte er weder bei Lech Posen noch beim BVB einen Hehl. Dass er Real Madrid potentiell als weiteren Schritt nach oben sehen könnte, deutete er in seinem Spiegel-Interview an, als er den Vereinsbossen des FC Bayern vorwarf, zu wenig Risiko auf dem Transfermarkt zu gehen und damit möglicherweise eine Weiterentwicklung zu verpassen.

Robert Lewandowski: Saison-Statistik 2016/2017 und 2017/2018

Rummenigge will an Maxime festhalten

Vieles ist unausgesprochen in der Personalie Lewandowski. Und doch steht vieles zwischen den Zeilen. Auch die jüngsten Berichte der AS, die Münchner würden sich bereits mit einem Abgang befassen, riechen nach bewusster Platzierung. Nach Stimmungsmache.

Noch kann sich Rummenigge nicht vorstellen, seine Maxime über den Haufen zu werfen: "Was soll uns motivieren, eine andere Richtung einzuschlagen?"

Sollte Real nach einem möglichen Aus in der Champions League die ganz dicken Geldkoffer auspacken und Lewandowski mit einer Summe um die 200 Millionen Euro locken, steht jedoch die Abwägung der sportlichen Wichtigkeit gegen das gestörte Klima in Verein und Umfeld an. Die Bayern könnten zu dem Schluss kommen, dass ein wechselwilliger Spieler die Werte des Klubs nicht angemessen vertritt. Argumente für einen Transfer ließen sich finden.

In diesem Fall hart zu bleiben, wäre die größtmögliche Machtdemonstration des FC Bayern auf dem Transfermarkt. Der Verein würde ein nie dagewesenes Exempel statuieren. Bislang jedenfalls will sich Rummenigge nicht erpressen lassen. Und eine Wette gewinnen.

Artikel und Videos zum Thema