Hoeneß: "Freispruch wäre normal gewesen"

Von Ben Barthmann
Uli Hoeneß saß wegen Steuerhinterziehung in Haft
© getty

Uli Hoeneß saß wegen Steuerhinterziehung 21 Monate in Haft. Die Zeit habe ihn geprägt, auch wenn er sich ungerecht behandelt fühlt. Nach seiner Entlassung wurde er wieder Präsident des FC Bayern München. Die aktuelle Kaderstruktur sieht er im Gegensatz zu vielen Kritikern nicht als Problem.

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"In diesem Spiel habe ich klar gegen die Medien verloren", sagte Hoeneß bei einer Gesprächsrunde in der Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein, die der Schweizer Blick zitiert. "Ich bin der einzige Deutsche, der Selbstanzeige gemacht hat und trotzdem im Gefängnis war. Ein Freispruch wäre völlig normal gewesen."

Hoeneß war um März 2014 zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden. Er verbrachte letztlich 21 Monate in Haft und wurde nach seiner vorzeitigen Entlassung im November 2016 erneut zum Präsidenten des FC Bayern gewählt.

40 Millionen Euro Strafe

Letztlich entschied sich Hoeneß dazu, die Strafe zu akzeptieren, da er seine Familie schützen wollte: "Täglich waren 10 bis 12 Journalisten vor unserem Haus. Tag und Nacht. Sie haben in VW-Bussen übernachtet. Das wollte ich meiner Familie nicht mehr zumuten." Er verzichtete auf eine Revision am Bundesgerichtshof.

Er habe "über 40 Millionen Strafe gezahlt, inklusive 18 Millionen Zinsen und 2 Millionen Kirchensteuer". In der JVA Landsberg habe er "viele Dinge erlebt, über die ich nicht sprechen möchte. Ich habe Erfahrungen fürs Leben gemacht", erzählte Hoeneß.

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Er habe sich als so guter Häftling wie möglich präsentiert und sei immer wieder auf die Menschen zugegangen. "Das größte Kompliment gab's für mich am letzten Tag von der Direktorin des Gefängnisses, die als sehr hart gilt. Sie sagte zu mir: 'Herr Hoeneß, Sie sind der Erste, der rausgeht und zwei Fanklubs hat. Einen bei den Beamten, einen bei den Gefangenen.'"

Die akzeptierte Strafe hätte sein Ansehen in der Öffentlichkeit durchaus zum Positiven gewendet. "Ich dachte, es hängt mir ein Makel an, ich werde vielleicht geächtet. Doch das Gegenteil war der Fall", sagte Hoeneß. "Wenn ich früher nach Bremen kam, haben die Leute 30 Minuten lang 'Hoeneß, du Arschloch!' geschrien. Das hat schon wehgetan. Jetzt war ich kürzlich wieder dort, da wollten 500 Leute ein Selfie mit mir machen. Da wusste ich, es war total richtig, das Urteil anzunehmen."

Kaderplanung beim FC Bayern

Nun warten große Herausforderungen aus sportlicher Sicht auf Hoeneß. Der Kader des FC Bayern steht vor einschneidenden Umwälzungen. Mit Philipp Lahm und Xabi Alonso hören zwei Führungsspieler am Ende der Saison auf, Arjen Robben und Franck Ribery gehen in ihr letztes Vertragsjahr. "Die Medien machen ein Theater, wie wenn wir ein Altersheim hätten", sagte Hoeneß. "Jedes Mal, wenn der Ribery nach 70 Minuten raus muss, ruft er mich am Abend an und sagt: 'Jetzt habe ich genug, ich gehe!'"

Der Präsident versucht jedoch, zu beschwichtigen. "Schauen sie sich mal die Abwehr von Juventus Turin an, da ist keiner unter 33. Und die werden wahr­scheinlich, so wie ich das sehe, Champions-League-Sieger dieses Jahr, die werden Real schlagen."

Ihm sei es "völlig wurst", wie alt Robben oder Ribery auf dem Papier wären, solange sie ihre Leistungen auf dem Platz konstant zeigen würden. "Das Problem für die Jungen ist ja, dass sie im Moment keine Chance bekommen. Es muss jetzt gelingen, im Schatten dieser Spieler Junge heranwachsen zu lassen, die rechtzeitig die Chance kriegen", merkte Hoeneß aber durchaus kritisch gegenüber Trainer Carlo Ancelotti an.

Trotzdem zählt der FC Bayern für Hoeneß neben Real Madrid und Juventus zu den drei besten Mannschaften Europas. "Und da wird sich auch so schnell nichts ändern."

Uli Hoeneß im Steckbrief

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