Wie eine halbe Ewigkeit

Von SPOX
Held gegen den Hamburger SV: Joel Pohjanpalo
© getty

Der 2. Spieltag stand im Zeichen Joel Pohjanpalos. Der Stürmer von Bayer Leverkusen erzielte gegen den Hamburger SV innerhalb von 15 Minuten einen Hattrick, bekam aufgrund seiner späten Einwechslung aber keine Note. Bayers Joker hat einen Lauf, aber auch eine an Toren reiche Geschichte.

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Joel Pohjanpalo versetzt die Bundesliga in Aufruhr: Vier Tore in zwei Spielen, bei nur vier Torschüssen. Doch wer ist der Finne überhaupt?

Dass er weiß, wo das Tor steht, hat Pohjanpalo schon früh bewiesen: Für seinen Heimatverein HJK Helsinki erzielte er in 71 Spielen 24 Treffer, ehe ihn Bayer Leverkusen verpflichtete und umgehend an den VfR Aalen und dann zu Fortuna Düsseldorf auslieh.

"Ich mag es, dass alles hier so gut organisiert ist. Der Fußball wird wirklich schnell gespielt. Außerdem sind da die besten Fans der Welt", erklärte der Finne seinen Wechsel. Mit unterklassigen Ligen hat er ohnehin beste Erfahrungen gemacht.

Joel Pohjanpalo im SPOX-Porträt

Nachdem er bei HJK Helsinki alle Jugendmannschaften durchlaufen hatte, ging er für die Saison 2011 zu Klubi-04 in die dritte finnische Liga (Kakkonen). 26 Spiele, 33 Tore - Pohjanpalo trug die Hauptverantwortung für die Meisterschaft seines Klubs. Klubi-04 scheiterte zwar in der Relegation am Aufstieg, doch ein erstes Ausrufezeichen hatte der Jungspund gesetzt.

Furioser Start in Deutschland

Auch in der zweiten deutschen Liga bewies Pohjanpalo, dass er einen besonderen Torriecher hat. Ab dem sechsten Spieltag traf er in vier Spielen ganze sechs Mal das Tor. Dabei spielte er keine einzige Partie durch.

18 Treffer bei 77 Einsätzen im deutschen Unterhaus sind letztlich keine wirklich herausragende Quote. Sie resultierte vor allem aus seinem schwachen zweiten Jahr bei der Fortuna, in dem Pohjanpalo nur noch sporadisch zum Einsatz kam. "Wir hatten vier Trainer und eine ganze Menge Durcheinander", beschrieb er nach seinem Hattrick die Probleme.

Der Blondschopf aus Helsinki konnte sich nicht durchsetzen. Die Hoffnung, die Fortuna bei seiner Verpflichtung in ihn gesetzt hatte, verpuffte. Pohjanpalo landete auf dem Abstellgleis. In der zweiten Liga gescheitert, kein Klub interessiert. Er musste zurück zum Champions-League-Teilnehmer. Einsatzchancen? Gleich null.

Nur fügte sich der 21 Jahre alte Vollblutstürmer nicht in das vorgezeichnete Schema vom gescheiterten Talent. Im Trainingslager in Österreich arbeitete er entschlossen. Roger Schmidt erkannte, dass "Danger", wie ihn seine Teamkollegen ob der optischen Ähnlichkeit zum "Fack ju Göthe"-Charakter nennen, für Torgefahr bei der Werkself sorgen könnte.

Der Profiteur der Blessuren

Am 1. Spieltag profitierte der Finne von der Verletzung Chicharitos und traf Sekunden nach seiner Einwechslung zum Ausgleich gegen Borussia Mönchengladbach, einen Spieltag später fiel Kevin Volland aus. Wieder setzte Schmidt erfolgreich auf Pohjanpalo als Joker.

"Der Trainer hat bei der Einwechslung zu mir gesagt: Schieß ein Tor", sagte der Finne nach der Partie auf Englisch: "Ein Physio meinte sogar: 'Mach am besten drei.'"

Pohjanpalo erfüllte den Wunsch und drehte den 0:1-Rückstand im Alleingang binnen 15 Minuten. "Das waren drei Bilderbuchtore", sagte der strahlende Coach nach der Gala gegen den HSV: "Vor allem beim letzten Tor hat man gesehen, was Selbstvertrauen bei einem Spieler ausmacht."

Bitter ist der Erfolg des Talents für alle Comunio-Manager, die nach dem ersten Spieltag (oder vielleicht sogar schon davor) auf Pohjanpalo gesetzt hatten: Der Stürmer wurde erst in der 72. Minuten eingewechselt und bekommt daher keine Note. 20 Minuten beträgt die Mindesteinsatzzeit. So hat Pohjanpalo trotz seiner vier Tore bislang lediglich zwölf Punkte geholt, während Robert Lewandowski (ebenfalls vier Treffer) schon 32 Punkte bei Comunio erzielt hat.

Spielt Pohjanpalo auch in Zukunft?

Schmidt scheint ein Luxusproblem zu haben, wenn Chicharito, Volland und Stefan Kießling gleichzeitig zur Verfügung stehen: Vier Stürmer sind zu viel. Pohjanpalos Stammplatz bleibt trotzdem die Bank. "Joel ist im Augenblick ganz froh mit seiner Rolle", meinte Schmidt.

Der Finne selbst hielt sich zurück. "Ich bin froh, dass ich der Mannschaft helfen konnte", so der 21-Jährige: "Es ist egal, ob ich von Anfang an spiele oder von der Bank komme."

Pohjanpalo hat auf sich aufmerksam gemacht. 155 Spiele absolvierte er bislang im Profibereich, 46 Tore gelangen ihm dabei. Er braucht umgerechnet 1,37 Spiele für ein Tor.

Während Chicharito und Volland Angreifer sind, die gerne einmal auf die Flügel ausweichen oder sich fallen lassen, um am Spiel teilzunehmen, ist der Finne ein Stürmer der klassischen Schule: stark im Abschluss, stark im Kopfball und mit einem einzigartigen Torinstinkt ausgestattet.

Leno: "Ein Killer vor dem Tor"

"Der ist ein Killer vor dem Tor", fasste Torwart Bernd Leno zusammen.

Seine Begabung, den Instinkt, die Joker-Qualität stellte Pohjanpalo übrigens schon ganz früh unter Beweis: Bei seinem Pflichtspiel-Debüt für HJK Helsinki erzielte er am 15. April 2012 als 17-Jähriger vor 5121 Zuschauern einen Hattrick - in sage und schreibe 2 Minuten und 42 Sekunden. Schon muten die 15 Minuten, die er nun gegen den HSV benötigte, wie eine halbe Ewigkeit an.

Joel Pohjanpalo im Steckbrief

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