Michael Preetz von Hertha BSC im Interview: "Der deutsche Fußball muss gravierend besser werden"

Von Martin Volkmar
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Bei ihm gab es aber unmittelbar nach seiner Nominierung durch Jogi Löw Meldungen über ein angebliches Interesse von Bayern München und Borussia Dortmund. Haben Sie Angst, dass Ihnen diese Hoffnungsträger wieder weggekauft werden?

Preetz: Ich habe keine Sorge, dass diese Mannschaft auseinanderfällt. Wir haben in den letzten Jahren immer einen Spieler abgegeben und diese Einnahmen daraus in Neuverpflichtungen gesteckt, die die Mannschaft insgesamt verbessert haben. Wenn ein Spieler von uns die Chance hat, sich deutlich zu verbessern, etwa in der Champions League zu spielen, dann wird man das kaum verhindern können. Selbst Dortmund verliert fast jedes Jahr seine besten Spieler an noch größere Klubs. In Deutschland gibt es mit Bayern München nur einen Verein, der dieses Problem nicht hat.

Gibt es bei Stark denn bereits Anfragen?

Preetz: Nein, da gibt es nichts.

Über den Nachwuchs hinaus: Wie kann sich Hertha BSC aus der breiten Masse der Bundesligisten abheben?

Preetz: Heutzutage musst du dich im stetig wachsenden Wettbewerb klar positionieren, um dich abzuheben. Wir sind ein unvollendeter Klub. Die letzten beiden Meisterschaften 1930 und 1931 liegen so lange zurück, dass sich so gut wie keiner mehr daran erinnern kann. Aber wir sind der Klub einer der großartigsten Städte der Welt. Wir wollen bei uns im Verein die DNA dieser Stadt verkörpern. Vielfalt und Fortschritt, dahinter versammeln wir uns alle im Klub und für diese Werte steht Berlin und stehen wir. Es gibt keine Stadt in Deutschland, die so international ist und in der so viele Kulturen zusammenkommen - auch bei uns im Stadion und in der Kabine.

Was sagen Sie in diesem Kontext zu den rassistischen Ausfällen beim Länderspiel gegen Serbien, die ein Journalist öffentlich gemacht hat?

Preetz: Immerhin gab es mit ihm zumindest jemanden, der sich zur Wehr gesetzt und das Thema öffentlich gemacht hat. Es ist auch die Aufgabe der Vereine und des DFB, sich hier klar zu positionieren. Das ist geschehen, insbesondere Leon Goretzka hat sich bemerkenswert deutlich geäußert. Rassismus darf keinen Platz haben in unserer Gesellschaft und im Fußball. Gerade wir in Berlin müssen da aufstehen und deutlich machen, dass das nicht geht.

Sie haben sich in dieser Frage schon in den letzten Monaten klar positioniert. Ist der Eindruck richtig, dass Sie sich mehr eigene Meinung zutrauen als früher?

Preetz: Weiß ich nicht. Es mag sein, dass ich meine Meinung hier und da etwas deutlicher sage. Ich bin zwar weiterhin nicht der Typ, der sich zu allem und jedem äußern muss. Aber ich finde, dass es sich lohnt, für seine Überzeugungen zu kämpfen.

Sportlich gesehen haben Sie schon zu Jahresbeginn gefordert, dass die Bundesliga im internationalen Vergleich zulegen muss. Fühlen Sie sich nach dem Aus in der Champions League bestätigt?

Preetz: Ich wäre lieber widerlegt worden, doch die Realität ist im internationalen Vergleich auf allerhöchstem Level leider momentan so, dass die Premier League stärker ist. Der deutsche Fußball muss sich nicht verstecken, aber in einigen Bereichen aus meiner Sicht gravierend besser werden. Das ist zum Beispiel die Nachwuchsarbeit, wo wir ganz sicher nachjustieren müssen. Die Trainerausbildung ist ein anderes Feld. Und natürlich müssen wir alle daran arbeiten, uns neue Einnahmequellen zu erschließen. Immerhin zeigt aber Eintracht Frankfurt in der Europa League, dass die Bundesliga noch konkurrenzfähig ist.

National kämpfen in Lucien Favre und Niko Kovac zwei Ex-Herthaner um den Titel, die Sie bestens kennen. Wer ist Ihr Favorit?

Preetz: Ich finde es erstmal positiv für den deutschen Fußball, dass wir endlich wieder einen Zweikampf an der Spitze haben. Das tut der Liga einfach gut. Borussia Dortmund hat alle Möglichkeiten auf die Meisterschaft, aber für mich bleibt der FC Bayern der Favorit, zumal nach der Aufholjagd das Momentum sicherlich für sie spricht.

Einer von beiden holt wohl sicher die Meisterschaft. Ist Berlin und Hertha dann auch ein bisschen Meister?

Preetz: Nein. Aber wenn Bayern am Ende oben steht, hat in Niko zumindest ein gebürtiger Berliner den Titel geholt.

Wagen Sie eine Prognose, wann Hertha den ersten Meistertitel seit 1931 holt?

Preetz: Nein, da halte ich mich lieber zurück.

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