BVB und die Meister-Ansage: Schlimmstenfalls mit Freude ärgern

Der BVB will nun auch offiziell Deutscher Meister werden.
© getty

Borussia Dortmund hat sich kürzlich aus der Deckung gewagt und für den Schlussspurt der Bundesligasaison den Gewinn der Meisterschaft auch offiziell als Ziel ausgegeben. Dass sich die Tonart beim BVB somit geändert hat, ist unumgänglich wie positiv - im Titelrennen haben die Dortmunder dennoch nur wenig zu verlieren.

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Die Frage war schon lange nicht mehr ob, sondern nur noch wann. Denn dass man sich bei Borussia Dortmund intern bereits seit einiger Zeit das Ziel gesetzt hat, die bislang so erfolgreich verlaufene Bundesligasaison auch mit dem Meistertitel krönen zu wollen, ist ja sonnenklar. Wer zwischenzeitlich bis zu neun Punkte Vorsprung auf Rang zwei hat, kann nichts anderes ins Visier nehmen.

Entsprechenden Fragen, und es gab sie zuhauf, entgegneten die BVB-Verantwortlichen zunächst über Monate mit dem Mantra der Von-Spiel-zu-Spiel-schauen-Philosophie. Noch Anfang März sagte beispielsweise Sportdirektor Michael Zorc, der Gewinn der Meisterschaft sei "ja kein Muss", sondern wäre vielmehr "insbesondere nach der schwierigen Vorsaison eine riesige Sensation".

Lediglich neun Tage später hieß es dann aus Zorcs Mund: "Wir werden alles versuchen und bis zum letzten Spieltag kämpfen, um Meister zu werden." Dass diese Ansage ausgerechnet vom sonst medial so zurückhaltenden Zorc geäußert wurde, darf dann aber doch als kleine Überraschung durchgehen.

BVB und die explosionsartige Entwicklung: Positives Dilemma

Sie war und ist allerdings letztlich alternativlos für den BVB. Das weiß auch der Manager: "Alles andere wäre in unserer Situation sportlich nicht ambitioniert. Wir haben jetzt - leider - nur noch einen Wettbewerb, in dem wir die Chance auf einen Titel haben. Auf dem liegt unsere volle Konzentration. Wir sind nicht zufrieden, wenn wir am Ende Dritter oder Vierter werden."

Die Dortmunder öffneten damit nun auch offiziell die Tür für Enttäuschung und Frust, sollte es mit der Schale nicht klappen. Sie steckten ja auch seit Saisonbeginn in einem Dilemma der positiven Sorte: Die explosionsartige Entwicklung der neu formierten Mannschaft führte die Aussagen der Klub-Strategen des vergangenen Sommers beinahe ad absurdum.

Damals war von einem groß angelegten Neustart die Rede, der weitere Transferperioden und vor allem Zeit benötigen würde, ehe die Verantwortlichen das neue Gesicht auch final im Kader des BVB abbilden können würden. Plötzlich jedoch griffen die Rädchen unter dem neuen Trainer Lucien Favre schneller als gedacht ineinander, die Borussia eilte von Sieg zu Sieg und schnurstracks an die Tabellenspitze. Und spielte vor allem lange Zeit so überzeugend, dass ein anderer Meister als Dortmund kaum vorstellbar war.

BVB zahlt im Februar den Preis der eigenen Jugend

Im Februar jedoch knickte der BVB doch noch recht kolossal ein und zahlte den Preis der eigenen Jugend. Die junge, in Teilen sehr unerfahrene Truppe, schied aus DFB-Pokal und Champions League aus, verlor Selbstvertrauen und Selbstverständlichkeit und letztlich sogar die einst komfortable Tabellenführung.

Diese Gegen-Entwicklung, die im Grunde so überraschend über den Klub hereinbrach wie die zahlreichen Glanzstücke in der Hinrunde, bedeutete für Verein wie Fans naturgemäß ein einziges Ärgernis. Denn die aktuelle Bundesligasaison, das war schnell klar, bot die mit Abstand beste Chance für alle anderen Teams und natürlich speziell den BVB, den lange wenig überzeugenden FC Bayern zumindest für eine Saison mal wieder vom Thron zu stoßen.

Ärgerlich aus Dortmunder Sicht vor allem deshalb, weil man sich die Schwächephase in der Liga vorrangig gegen Mannschaften genehmigte, die allesamt schlagbar waren (zwei Punkte und zwei Tore aus den Auswärtspartien in Hannover, Düsseldorf, Nürnberg und Augsburg) - oder wie beim Duell gegen Hoffenheim einen sicher geglaubten Sieg (3:3 nach 3:0-Führung) noch fahrlässig aus den Händen gab.

Warum der BVB im Titelrennen nur wenig zu verlieren hat

So lässt sich vor dem Endspurt der Saison bilanzieren: Dortmunds neues Gesicht hat schnell schon deutliche Konturen angenommen und ist in der laufenden Spielzeit bereits vor einige Proben gestellt worden, die für die weitere Entwicklung des Teams noch von vitaler Bedeutung werden und das Wachstum der neuen Gesamtstruktur verstärken könnten.

Der Beweis, dass in diesem BVB wieder mehr Mentalität und Gier steckt als noch im Vorjahr, ist erbracht worden. Auch die Fan-Gemeinde goutiert wieder deutlich mehr, was die Schwarzgelben auf den Platz zaubern und besonders mit welcher Identifikation sowie Leidenschaft sie es tun. Und dennoch hat gerade die Negativspirale auch klar aufgezeigt, wie grün diese Mannschaft noch hinter den Ohren ist und wo der Kader weitere Verbesserungen benötigt.

Trotzdem ist es nun nicht nur unumgänglich, sondern auch positiv, dass sich in Dortmund die Tonart geändert hat und man mit dem Meisterwunsch auch nach außen dokumentiert, den bitter verlorenen Spitzenplatz im Duell mit dem FC Bayern wieder zurückerobern zu wollen. "Das zu einem gewissen Zeitpunkt zu benennen, gibt Orientierung", ist sich auch Berater Matthias Sammer sicher.

Dadurch hält man beim BVB die (An-)Spannung bei allen Beteiligten hoch - und hat im Titelrennen dennoch nur wenig zu verlieren. Denn dass der Neustart gelingt, war in Dortmund das größte Saisonziel und dieses wurde erreicht. Schlimmstenfalls sollte man sich also mit einer gewissen Freude ärgern, falls es für den BVB nach der lange so dominanten Spielzeit doch nur zum Vizemeistertitel reichen würde.

BVB: Das Restprogramm von Borussia Dortmund

DatumWettbewerbHeimAuswärts
30.03.2019BundesligaBorussia DortmundVfL Wolfsburg
06.04.2019BundesligaFC Bayern MünchenBorussia Dortmund
12.04.2019BundesligaBorussia DortmundFSV Mainz 05
20.04.2019BundesligaSC FreiburgBorussia Dortmund
26.04.2019BundesligaBorussia DortmundSchalke 04
03.05.2019BundesligaSV Werder BremenBorussia Dortmund
11.05.2019BundesligaBorussia DortmundFortuna Düsseldorf
18.05.2019BundesligaBorussia MönchengladbachBorussia Dortmund
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