Schalkes Hoffnungsträger Ahmed Kutucu: Gelsenkirchener Bergmannssohn als Vorzeige-Malocher

Von Robin Haack
Ahmed Kutucu erzielte den Schalker Treffer in München.
© getty

Ahmed Kutucu ist der Lichtblick in einer enttäuschenden Schalker Mannschaft. Als Bergmannssohn weckt der gebürtige Gelsenkirchener große Hoffnungen.

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Als die U19-Junioren des FC Schalke 04 am Sonntagmorgen in der Bundesliga West gegen Borussia Mönchengladbach spielten, wurde der 18-jährige Ahmed Kutucu wieder einmal von seiner großen Leidenschaft gepackt. Nur rund 15 Stunden nachdem er mit den Profis beim großen FC Bayern in der Allianz Arena aufgelaufen war, ließ er es sich nicht nehmen, seine Freunde und Teamkollegen zu unterstützen - wenngleich diesmal nur als Zuschauer.

Der gebürtige Gelsenkirchener, der noch bei seinen Eltern im Stadtteil Bismarck wohnt, braucht mit seinem Fahrrad nur rund zehn Minuten bis zum Gelände seines Heimatvereins und die legt er gerne zurück. Obwohl er gerade dabei ist, den Sprung zu den Profis zu schaffen, sieht er sich nach wie vor als Teil des Teams von Trainer-Ikone Norbert Elgert.

"Ahmed ist sehr bodenständig und hebt nicht ab. Er kann es alles gut einordnen und wenn er weiter so hart arbeitet, wird er seinen Weg gehen", erklärte Christian Heidel exklusiv gegenüber SPOX und Goal, obwohl der Sportvorstand genau weiß, dass hinter Kutucu die wohl aufregendsten Tage seines Lebens liegen.

Kutucu zeigt auch gegen Jerome Boateng keine Nerven

Erst am vergangenen Freitag unterschrieb der Offensivmann seinen ersten Profivertrag auf Schalke. Es folgten sein erster Startelfeinsatz im DFB Pokal sowie sein erster Treffer in "seinem Wohnzimmer", der Veltins-Arena. "Als die Fans ausgerastet sind, hatte ich Tränen in den Augen", erklärte er nach dem Pokalspiel gegen Düsseldorf in der Sportschau. "Ich spiele seit der U12 beim FC Schalke und arbeite mich immer weiter hoch. Das wollte ich immer mal erreichen: In der Arena auflaufen und ein Tor schießen."

Einen ähnlichen Gefühlsausbruch wird der 18-Jährige auch am Samstag in München erlebt haben, als er nach etwa einer halben Stunde den zwischenzeitlichen Ausgleich für Königsblau erzielen konnte. Ohne nervös zu werden, sprintete der Oberstufenschüler kurz hinter der Mittellinie los, wurde von Weston McKennie bedient, hängte dabei Nationalspieler Jerome Boateng ab und versenkte eiskalt gegen Neuer-Vertreter Sven Ulreich.

"Er spielt frech und ist gegen den Ball sehr aggressiv. Ahmed ist immer im Sprint unterwegs und auch mit Ball super", lobte ihn sein Mannschaftskollege Bastian Oczipka nach dem Spiel in München. "Egal, ob da jetzt Boateng, Kaan Ayhan oder sonst jemand anmarschiert - das interessiert ihn nicht. Ich freue mich für den Jungen", machte auch Heidel klar.

Schalke 04 will Hype um Ahmed Kutucu vermeiden

Trotz all des berechtigen Lobes für den variablen Angreifer betonte der Sportvorstand im Gespräch mit SPOX und Goal, dass es wichtig sei, "kein Hype um Kutucu" entstehen zu lassen. Was eine solche Erwartungshaltung mit einem jungen Spieler machen kann, führte Heidel am Beispiels von HSV-Stürmer Jann-Fiete Arp aus: "Er hat drei, vier gute Spiele gemacht und wurde sofort gehypt ohne Ende. Jetzt hat er selbst Probleme, in der 2. Liga zu spielen."

Spätestens seit der Euphoriewelle um Julian Draxler, der auf Schalke seiner Zeit als kommender Superstar gehandelt wurde und schon mit Anfang 20 das Gesicht des Vereins sein sollte, hat man verstanden, dass Talente wie Kutucu von Vereinsseite so gut es geht beschützt werden müssen. Großspurige Ankündigungen rund um die Vertragsverlängerung des Knappenschmieden-Juwels suchte man Anfang des Monats dementsprechend vergeblich.

Während Kutucu nach dem 4:1-Sieg gegen Düsseldorf und seiner Auszeichnung zum Spieler des Spiels freudestrahlend Interviews gegeben hatte und die Medien den 18-Jährigen in den folgenden Tagen mit Lobeshymnen überhäuften, warteten die Reporter in der Allianz-Arena vergeblich auf den Torschützen, der am Samstagabend zugleich der einzige Lichtblick in einer schwachen Schalker Mannschaft war.

Bayern-Gerüchte um Ahmed Kutucu? Heidel klärt auf

Wohl auch, weil Kutucu vor der Begegnung mit den Münchnern in Verbindung gebracht wurde. "Ich habe ihn bewacht", versicherte Heidel. "Er war nicht in der Bayern-Kabine. Warum sollte er bei uns verlängern, wenn er nach München gehen will?"

Ihren Ursprung hatte das Gerücht der Bild in einer Aussage von Hermann Gerland, dem sportlichen Leiter des FCB-Nachwuchsleistungszentrums. Am Rande einer U19-Begegnung zwischen dem VfL Bochum und den Schalkern im Dezember 2018 wurde er auf den damaligen Doppeltorschützen Kutucu angesprochen und antwortete: "Ein guter Junge". "Mehr war da nicht", machte Heidel am Samstagabend klar.

Unabhängig vom möglichen Gerüchten rund um den FC Bayern wird auch der Rest der Bundesliga nach der eindrucksvollen Woche des Ahmed Kutucu inzwischen registriert haben, dass Schalke dort einen "guten Jungen" aus der Knappenschmiede hervorgebracht hat.

Kutucu "kann ein Vorbild für junge Spieler werden"

Als Sohn eines langjährigen Bergarbeiters verkörpert der gebürtige Gelsenkirchener vieles von dem, wofür Schalke als selbsternannter Kumpel- und Malocherklub stehen will. Das weiß auch Heidel: "Ahmed wirft sich immer voll rein. Er kann ein gutes Vorbild für die jungen Spieler werden und zeigt, was möglich ist, wenn man jeden Tag Gas gibt. Denn jedem Spieler in der Knappenschmiede stehen die Türen offen."

Dass sich Kutucu nach einem der aufregendsten Tage seines Fußballerlebens und wahrscheinlich sehr wenig Schlaf bei Wind und Regen an den Nebenplatz des alten Parkstadions stellte, um seine U19-Teamkollegen zu unterstützen, zeigt, dass sich der türkische U19-Nationalspieler voll mit Schalke identifiziert und tatsächlich das Zeug hat, ein Vorbild zu sein.

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