Michael Köllner vom 1. FC Nürnberg im Interview: "Als Mensch wirst du kaum noch wahrgenommen"

Michael Köllner übernahm Anfang März 2017 das Traineramt beim 1. FC Nürnberg.
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Sie haben in Ihrer Zeit als Cheftrainer den FCN vor dem Abstieg in die 3. Liga bewahrt und ihn dann in die Bundesliga geführt. Nun jedoch sagen viele, man müsse alle Register ziehen, um eine realistische Aussicht auf den Klassenerhalt zu haben. Geraten Ihnen Ihre Verdienste zu schnell in Vergessenheit?

Köllner: Sie werden nicht vergessen, zudem es ja auch nicht nur meine Verdienste waren. Daran hatten sehr viele Menschen einen Anteil. Daher glaube ich, dass die öffentliche Wahrnehmung eine andere ist. Angesichts der Menschen, die auf Social Media Stimmung machen, ist die entscheidende Frage für mich: Ist das wirklich repräsentativ und was sagt mir dabei mein eigenes Gefühl? Wenn ich spüre, dass die grundsätzliche Stimmung bei den 50.000 Anhängern in unseren 750 organisierten Fanclubs kippt, dann kann ich mir Gedanken machen.

Machen Sie sich momentan Gedanken?

Köllner: Nein. Es ist manchmal nur schade, wie undifferenziert sich sogar einige Medien auf die Internet-Polemiken stürzen und glauben, diese seien ausnahmslos die öffentliche Meinung. Ich erfahre in meinem Alltag aber auch ganz andere Reaktionen. Natürlich hinterfrage ich mich entgegen anders lautender Überlieferungen auch durchaus selbstkritisch. Dass aktuell nicht jeder 'Weiter so, Köllner!' schreit, ist mir klar. Mir geht es um eine realistische Einschätzung. Vor allem von denjenigen, die nah an der Mannschaft sind - und da gehören gewisse Teile der Fans auch dazu. Die Qualität unserer Spieler reicht eben nicht für Platz sechs und es hat seinen Grund, dass viele von ihnen zuvor noch kein Bundesligaspiel gemacht haben. Es wird aber kein Mensch als fertiger Bundesligaspieler auf die Welt kommen und es kann im Leben nicht immer jeder jubeln. Es macht doch den Reiz des Sports aus, dass es Gewinner und Verlierer gibt. Das sind Momentaufnahmen. Diese bedeuten allerdings nicht, dass sich das Blatt nicht wieder wenden kann.

Mittlerweile scheint die Öffentlichkeit aber nach solchen Schwarz-Weiß-Kriterien zu verlangen.

Köllner: Natürlich. Das sind gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, aber davon lasse ich mich nicht treiben. Ich würde auch niemals versuchen, gekünstelt irgendwie anders herüberkommen zu wollen, nur um besser dazustehen. Ich weiß, was ich als Trainer zu tun habe und ich weiß auch, dass unsere sportliche Aufgabe schwer ist. Ich habe aber nach wie vor ein großes Vertrauen in meine Mannschaft - und das hat sich seit dem vergangenen Sommer nicht verändert. Die Spieler sind nicht schlechter geworden, im Gegenteil. Wir müssen jetzt aber sicherlich ein paar Mechanismen verändern, um die Mannschaft besser auszubalancieren.

Sportvorstand Andreas Bornemann hat Ihnen eine Jobgarantie ausgestellt. Glauben Sie, dass letztlich dennoch die üblichen Mechanismen greifen werden, um das Ziel Klassenerhalt zu erreichen - auch in der Hoffnung, im nächsten Jahr weiterhin in der wirtschaftlich viel lukrativeren Bundesliga zu spielen?

Köllner: Das kann ich Ihnen nicht definitiv sagen. Aber kann man sich denn ausschließlich in der Bundesliga wirtschaftlich derart komplett verändern? Oder müsste man nicht im Umkehrschluss perspektivisch schon im ersten Jahr in die Mannschaft investieren, um auch in einem möglichen zweiten Jahr den Klassenerhalt zu schaffen? Sprich: Könnte diese Mannschaft, sollte sie in Jahr eins den Klassenerhalt schaffen, ihn auch in Jahr zwei schaffen - oder muss ich stattdessen frühzeitig einen wie auch immer gearteten Umbruch einleiten? Wer kurzfristig nur auf die wirtschaftlichen Komponenten schaut, um sportlich zu überleben, wird es schwer haben, langfristig Kontinuität zu erreichen.

Im Sommer sagten Sie, dass Sie nicht vom Hof gejagt werden wollen. Ist die Möglichkeit größer, dass Sie von sich aus hinschmeißen, als dass Sie zu lange auf Ihrem Stuhl kleben?

Köllner: Ich kann nicht für den Verein sprechen. Wenn ich eines Tages denken sollte, ich bin mit meinem Latein am Ende, dann werde ich die Konsequenzen daraus ziehen. Es wird alles so kommen, wie es kommen soll. Ich vertrete folgende These aus voller Überzeugung: Am Ende wird alles gut, und wenn es nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.