Ömer Toprak beim BVB unter Lucien Favre in der Hierarchie abgerutscht: Auf dem Nullpunkt

Von Jonas Rütten
Ömer Toprak war in der vergangenen Saison noch gesetzt. In dieser Saison ist er nur Innenverteidiger Nummer drei.
© getty

Als Ömer Toprak endlich zum BVB wechseln durfte, kam er mit großen Ambitionen zu Borussia Dortmund. Fußballerisch sollte es nochmal einen Schritt nach oben gehen. Ein Jahr später ist er jedoch an einem neuen Nullpunkt angekommen. Hinter Manuel Akanji und Abdou Diallo ist er unter nur Innenverteidiger Nummer drei - und nun zu allem Überfluss auch noch verletzt.

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"Ich erhoffe mir, dass Ömer durch den Vereinswechsel neuen Schub, neuen Elan und neue Motivation bekommt - und leistungsmäßig noch mal einen Schritt nach vorne macht", sagte ein überzeugter BVB-Sportdirektor Michael Zorc über die Verpflichtung von Ömer Toprak im Juli 2017.

Gleiches hatte sich auch Toprak vorgenommen, der davon sprach, sich beim BVB persönlich weiterentwickeln zu wollen und "fußballerisch nochmal einen Schritt nach oben zu gehen". Dass Thomas Tuchel, der die treibende Kraft hinter dem Transfer war, zu diesem Zeitpunkt nicht mehr den BVB coachte, kümmerte den Innenverteidiger nur am Rande.

"Ja, natürlich wollte mich Thomas Tuchel unbedingt. Letztendlich aber habe ich mich für den Verein entschieden", sagte Toprak damals und tat den Wechsel auf dem Trainerstuhl als irrelevant ab. Im Nachhinein würde er sich diesen Satz wohl zweimal überlegen, denn der Verein, für den er sich entschieden hatte, taumelte unter dem neuen Übungsleiter Peter Bosz einer schwarz-gelben Chaos-Saison entgegen.

Ömer Toprak im ersten Jahr beim BVB: Erst Sündenbock, dann Stütze

Bosz setzte auf hohes Verteidigen, was insbesondere die Abwehrkette und die beiden Innenverteidiger schlecht aussehen ließ. Toprak, der beim Niederländer nicht immer gesetzt war, bekam Boszs taktischen Lauf ins offene Messer wohl am heftigsten zu spüren.

Denn als Toprak spielte und die Anfangseuphorie des Hurra-Fußballs verflogen war, zeigte der Fan-Finger insbesondere auf den Neuzugang, der fahrig agierte und sich leicht ausspielen ließ. Funktionäre von Bayer Leverkusen sollen bei Treffen mit Journalisten gar hinter vorgehaltener Hand betont haben, welch gutes Geschäft sie doch gemacht hatten, Toprak für zwölf Millionen Euro abzugeben.

Als Bosz gegangen wurde und Peter Stöger kam, erlebte Toprak im deutlich defensiveren System aber einen Leistungsaufschwung und war neben Sokratis gesetzt. Fußballerisch machte er zwar nicht den angestrebten Schritt nach oben, fand aber immerhin zurück zum Leistungsstandard aus Leverkusener Zeiten. Solide im besten Sinne des Wortes und ideal, um eine verkorkste Saison irgendwie noch zu einem versöhnlichen Ende zu führen.

"Für mich ist das, was er jetzt spielt, der Level, den er hat. Das heißt, er hat keine Entwicklung genommen, sondern er spielt jetzt sein Potenzial aus", sagte Stöger und führte trotz lobender Worte das eigentliche Vorhaben Topraks bei seinem Wechsel zum BVB ad absurdum.

BVB holt Abdou Diallo für 28 Millionen Euro: Quo vadis, Ömer Toprak?

So sehr Toprak auch vom Wechsel von Bosz zu Stöger profitierte, so sehr hat sich seine Situation beim BVB im Sommer wieder zu seinen Ungunsten entwickelt. Der BVB nahm 28 Millionen Euro in die Hand, um in Abdou Diallo einen Wunschspieler des neuen Trainers Lucien Favre zu holen. Eine Situation, die Toprak nur zu gut kennt.

Im Gegensatz zu Toprak kommt Diallo allerdings in den Genuss, auch unter dem Trainer spielen und trainieren zu dürfen, der ihn haben wollte. Statt des geplanten Schritts nach oben machte Toprak nun zwei Schritte zurück ins zweite Glied. Bereits im vergangenen Winter verpflichtete der BVB in Manuel Akanji einen deutlich jüngeren Innenverteidiger als Toprak für 20 Millionen Euro.

Beide sind unter Favre gesetzt und werden als "neuer Kinder-Riegel" des BVB tituliert. Auf diesen Namen taufte der Boulevard einst Mats Hummels und Neven Subotic, die trotz junger Jahre ein starkes Innenverteidiger-Duo bildeten und die erfolgreichste Zeit der jüngeren Vereinshistorie mitprägten.

Ömer Topraks Leistungsdaten beim BVB in der Saison 2017/18

WettbewerbSpielePunkte/SpielEinsatzminuten
Bundesliga261,922.017
Europa League31,33270
DFB-Pokal10,0090
Champions League60,33338

BVB vier Wochen ohne Ömer Toprak: Keine Möglichkeit der Empfehlung

Toprak hingegen teilte zu Saisonbeginn das Schicksal von Mario Götze oder Shinji Kagawa, die ebenso wie der Türke noch keine einzige Pflichtspielminute absolvierten. "Wir haben sehr viele Spieler", sagte Favre am vergangenen Freitag nach dem torlosen Remis gegen Hannover auf die Frage, warum beispielsweise Götze erneut 90 Minuten auf der Bank sitzen musste.

Gemeint hat er damit wohl, dass eben nicht alle Spieler immer spielen können, die Saison aber noch lang sei und man diese Spieler besonders dann brauchen werde. Gerade jetzt, wo viele englische Wochen vor der Tür stehen, wird auch Favre dem klassischen Rotationsprinzip in einer Saison mit Dreifachbelastung folgen und Spielern Bewährungschancen geben.

Im Gegensatz zu Götze, Kagawa oder auch zum wiedergenesenen Julian Weigl bleibt Toprak die Möglichkeit eines Empfehlungsschreibens in den kommenden Wochen allerdings verwehrt. Wie der BVB am Samstag mitteilte, fällt der Innenverteidiger mit einem Muskelfaserriss vorerst aus. 28 Tage dauert der Heilprozess im Schnitt. 28 Tage, in denen sich Akanji und Diallo weiter einspielen werden und die Startelf für Toprak in weite Ferne rücken lassen.

Anstatt des von Zorc erhofften Schritts nach vorne, ist Toprak beim BVB mittlerweile an einem Nullpunkt angelangt. Denn auch nach seiner Genesung wird er sich wohl mit der Rolle als Innenverteidiger Nummer drei begnügen müssen. Das bedeutet allerdings nicht, dass Toprak für den BVB nicht noch wichtig werden kann. Seinen großen Ambitionen, die er bei seinem Wechsel hatte, dürfte der Status quo aber dennoch widersprechen.

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