Andre Schubert im Interview: "Stöger ist ein gutes Vorbild für jeden Trainer"

Andre Schubert lobt die Arbeit von Peter Stöger
© imago
Cookie-Einstellungen

SPOX: Ist es überhaupt möglich, nach nur einer Woche eine neue Aufgabe anzunehmen? Sie haben damals nach Ihrer Zeit in St. Pauli anderthalb Jahre Pause gehabt.

Schubert: Ich musste damals aus den Erfahrungen auch erst einmal die richtigen Schlüsse ziehen. Das hat nach St. Pauli in der Tat lange gedauert, weil ich mir vieles selbst nicht eingestehen konnte. Nach meiner Zeit in Gladbach war ich mit mir im Reinen. Ich wusste, was gut war, was nicht so gut war, was ich hätte anders machen können.

SPOX: Wie fällt Ihr Gladbach-Fazit aus?

Schubert: Es war eine sensationelle Zeit. Am Ende wurde eben viel an Ergebnissen festgemacht, das ist im Profifußball so. Auch das zweite Jahr sehe ich nicht ganz so negativ. Man darf nie vergessen: Wir hatten zuvor eine unfassbar anstrengende Saison, in der wir einen Rückstand von Platz 18 auf Platz vier aufholen mussten und nebenbei Champions League spielten. Nach Platz vier spielten wir im zweiten Jahr die Champions-League-Qualifikation, weshalb wir deutlich früher anfangen mussten als alle anderen.

SPOX: Und das in einem EM-Jahr, in dem viele Spieler später dazu gestoßen sind.

Schubert: Trotzdem lief der Start sehr gut. Nach fünf Spieltagen waren wir Vierter. Nach der zweiten Länderspielpause sind wir vom Kurs abgekommen. Dafür gab es Gründe wie die Dreifachbelastung oder die Verletzten, auch eine enorme Erwartungshaltung aufgrund unserer teilweise überragenden Spiele. Und in einigen Spielen haben wir uns einfach nicht belohnt wie gegen Hoffenheim, Köln oder den HSV, wo wir zwei Elfmeter verschossen. Hätten wir zur Winterpause sechs Punkte mehr gehabt, wäre wohl nichts passiert.

SPOX: Stattdessen kam es zur Trennung.

Schubert: Natürlich hätte ich auch Dinge besser machen können, keine Frage. Und da ist die Eigenanalyse auch sehr wichtig. Allerdings habe ich auch schon im ersten Jahr gespürt, dass ich nach Niederlagen schnell in den Fokus geriet und spekuliert wurde. Dieses Grundrauschen hat sich in den Medien gehalten, ich wurde regelmäßig gefragt, warum mir nicht mehr Vertrauen entgegengebracht wird. Das ist aber wohl häufig bei Trainern aus dem eigenen U-Bereich der Fall.

SPOX: Tatsächlich konnte man das Gefühl bekommen, dass der Verein eigentlich nicht mit Ihnen weiterarbeiten möchte, aufgrund Ihres Erfolgs jedoch keine andere Wahl hatte.

Schubert: Ich habe das selbst nicht so empfunden. Aber wenn Grundvertrauen fehlt, ist das ist in einer schlechten Phase schwierig. Es ist auch im Umfeld und in der Mannschaft ein Thema. Deswegen ist es wichtig, dass alle rund um den Verein zu jeder Zeit das Gefühl haben: Der Trainer steht nicht zur Disposition.

SPOX: Welche Voraussetzungen müssen nun erfüllt sein, damit Sie wieder im Profifußball einsteigen?

Schubert: Es sollte eine reizvolle Aufgabe sein. Ich muss das Gefühl haben, etwas entwickeln zu können. Beide Seiten müssen sich zu 100 Prozent vertrauen. Aber das ist immer die Basis. Ansonsten möchte ich nichts ausschließen.

SPOX: Haben Sie die Befürchtung, den Anschluss nicht mehr zu finden?

Schubert: Nein. Es gibt Kollegen, die jeden Monat ein Gespräch haben, aber dann passiert jahrelang trotzdem nichts. Dann gibt es diejenigen, die anderthalb Jahre mit niemandem sprechen und plötzlich bei einem Verein unterschreiben. Es gibt da keinen zeitlichen Zusammenhang. Der Trainermarkt ist groß, viele gute Trainer warten auf eine neue Aufgabe. Wenn ich unbedingt etwas hätte machen wollen, hätte ich schon eine Aufgabe übernehmen können, aber es hat noch nicht gepasst.

SPOX: Nach Ihrer Zeit bei St. Pauli haben Sie einen Umweg über einen U15-Trainer-Posten beim DFB gemacht.

Schubert: Ich wollte mich einfach wieder auf Fußball konzentrieren, ohne größeres mediales Interesse. Irgendwann fragte mich mein Berater, ob eine U-Nationalmannschaft etwas für mich wäre. So hat sich die Zusammenarbeit mit dem DFB ergeben, die eine wahnsinnig wichtige Erfahrung für mich war. Ich habe wieder richtig Spaß an meinem Beruf entwickelt. Das einzige, was mir gefehlt hat, war die Matchpraxis. Dann kam das Angebot, Gladbachs U23 zu übernehmen. Das war enorm reizvoll und mit Lucien Favre hatte die erste Mannschaft einen Trainer, der sicher saß. Und Gladbach ist bekannt für seine seriöse Arbeit, die Profis waren kein Thema.

SPOX: Diese Rechnung ging dann nicht auf.

Schubert: Das war schon verrückt. Schon in den Gesprächen hatte Nachwuchsdirektor Roland Virkus zu mir gesagt, dass es natürlich im Notfall passieren könne, mal bei den Profis zu helfen. Das war für mich aber kein Faktor, schätzte ich doch gerade die Arbeit abseits der ganz großen Medien, aber dann ist es doch so passiert. Ich habe lange überlegt, am Ende hat mich die Arbeit mit den Jungs so gereizt, dass ich mich dafür entschieden habe.