"Donati spielt nur in bestimmter Unterhose"

Walter Notter ist seit 1989 Zeugwart beim 1. FSV Mainz 05
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SPOX: Sind Sie es eigentlich auch, der am Wochenende festlegt, in welcher Trikotfarbe Mainz aufläuft?

Notter: Genau, das entscheide ich. Zuhause stellt sich die Frage sowieso nur selten. Bei Heimrecht spielen wir fast immer in Rot. Auswärts müssen wir uns nach dem Gegner richten. Ich erhalte eine Mail, in der die Trikotfarbe der anderen Mannschaft angegeben ist, und gebe dann unseren Vorschlag mitsamt einer Ausweichmöglichkeit an. Das kann sehr kompliziert werden.

SPOX: Inwiefern?

Notter: Zum einen gehen gewisse Farbkombinationen per se nicht. Wir dürfen beispielsweise nicht in roten Trikots gegen grüne Bremer spielen, da das für Zuschauer mit einer Farbschwäche nicht erkennbar ist. Kommende Woche spielen wir in Frankfurt. Die haben mittlerweile weiß-schwarze Hemden, weiße Hosen und roten Stutzen. Da ist es mit unserer Kombination extrem schwierig, den Schiedsrichtern und dem Fernsehen gerecht zu werden.

SPOX: Das heißt, das machen die Vereine nicht nur unter sich aus?

Notter: In Deutschland ist es etwas komplizierter als beispielsweise in der Europa League. Da gibt man schon im Vorfeld des Wettbewerbs alle Kombinationsmöglichkeiten seiner Trikots an. Vor dem jeweiligen Spiel sendet einem die UEFA dann eine Mail zu, in der vorgegeben ist, in welchen Farben wir spielen müssen. In der Bundesliga ist das nicht so einfach, hier sind die Entscheidungen spontaner und von mehr Faktoren abhängig. Wir müssen manchmal alle drei Trikotsätze mitnehmen, um uns vor Ort noch einmal abzustimmen.

SPOX: Wobei Sie auch noch mehr Transportgut gewöhnt sind. Stichwort Trainingslager.

Notter: Trainingslager sind ein Graus! (lacht) Für jeden Zeugwart ist das wie ein Komplett-Umzug. Alles, was an Trainingsmaterialen und -kleidung hier in Mainz ist, muss mit ins Ausland.

SPOX: Das passt vermutlich gar nicht alles in den Flieger?

Notter: Nein, wir nehmen uns immer einen Transporter und stopfen den Mannschaftsbus voll. Insgesamt sind das bis zu zwei Tonnen Material. Ich fahre immer schon zwei oder drei Tage vorher los und habe dann einen schönen Roadtrip. Das ist die Zeit, in der ich auch mal Landschaften zu sehen bekomme. Da fühlt man sich frei, bevor man dann wieder in die Rund-um-die-Uhr-Arbeit mit der Mannschaft einsteigt.

SPOX: Wie gut lernen Sie die Spieler dabei wirklich kennen?

Notter: Das hängt natürlich ganz vom Spieler ab. Es gibt einige, in die man nicht so reinschauen kann. Vom größten Teil des Kaders kennt man aber die Macken und weiß, wie man sie anzusprechen hat. Zu manchen baut man einen besonderen Bezug auf. Das war bei Dimo Wache, Christian Hock oder Torsten Lieberknecht so, aber auch bei den "Bruchweg-Boys" um Andre Schürrle, Lewis Holtby, Marcel Risse und Adam Szalai. Zu solchen Jungs entwickelt man einen besonderen Draht. Man muss aber aufpassen, nicht zwischen zwei Fronten zu geraten.

SPOX: Passiert es denn häufig, dass ein Spieler mit Themen auf Sie zukommt, die er dem Trainer beispielsweise nicht anvertrauen möchte?

Notter: Sicher ist meine Arbeit auch ein Vertrauensjob. Man hört viel, in der Kabine wird viel geredet. Das Meiste davon darf natürlich nicht nach Außen gelangen. Aber das hat auch abgenommen. Früher sind die Spieler viel häufiger auf den Zeugwart zugekommen. Heute sind sie deutlich professioneller, sie lassen nur wenig an sich heran und geben noch weniger von sich selbst preis. Früher haben Spieler öfter das Gespräch gesucht, wenn es ihnen nicht gut ging, und auch das Private wurde viel häufiger thematisiert. Das höre ich in unserer jetzigen Mannschaft kaum noch.

SPOX: Ist Ihre Beziehung zu den Spielern aber dennoch intensiver als die Beziehung Trainer-Zeugwart?

Notter: Das kann man schon sagen, wobei ich mich mit allen Trainern bisher wirklich gut verstanden habe.

SPOX: Es waren schon 20 verschiedene während Ihrer Zeit bei Mainz 05!

Notter: Schon so viele? (lacht)

SPOX: Ganz offenbar! Wie besonders war unter all denen eigentlich Jürgen Klopp für Sie? Er war über sieben Jahre Chefcoach ...

Notter: ... und vorher habe ich ihn als Spieler schon kennengelernt. Kloppo war für jeden im Verein eine besondere Person. Er hat sich in seiner Art nie verändert und kann mit Menschen sehr gut umgehen. Mit Jürgen hatte ich ein extrem gutes Verhältnis. Er kam immer mal und hat mir auf die Schulter geklopft und hat gemerkt, wenn es mir selbst mal nicht so gut ging.

SPOX: Gab es einen besonders einprägsamen Moment mit ihm?

Notter: Nein, Jürgen ist einfach Jürgen. (lacht) Er ist auf jede Art und Weise besonders und deshalb so schwierig zu beschreiben.

SPOX: Und deshalb auch nicht mit einem etwas analytischeren Thomas Tuchel vergleichbar?

Notter: In Sachen Emotionalität schenken sich die beiden nichts! Da ist der Eine genauso verrückt wie der Andere. Dass beide heute weltweit einen so großen Erfolg haben, macht mich als Mainzer und ehemaliger Weggefährte natürlich stolz. Deshalb vermisst man Kloppo oder Thomas auch ab und zu mal - so eine gemeinsame Zeit ist nie abgehakt. Es wäre aber auch schlimm, wenn es anders wäre.

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