"Anzahl der Kriterien kann erschlagend wirken"

Für die Vereine der beiden Bundesligen sind NLZ verpflichtend
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SPOX: Unausgeschöpftes Potenzial gibt es sicherlich auch bei Klubs wie etwa Würzburg, die schnell aus dem Amateurbereich in die 2. Liga vorstoßen. Ist es für solche Vereine besonders schwer, mit ihrem LZ dem sportlichen Erfolg der Profimannschaft zu folgen?

Bonarius: Wenn man als schnell aufstrebender Klub zum ersten Mal mit unserem Kriterienkatalog in Berührung kommt, kann die Anzahl der Kriterien schon erschlagend wirken. Wir sind jetzt in der vierten Phase der Zertifizierung und aus diesem Grund gehen die Kriterien auch aufgrund des hohen Niveaus der Leistungszentren teilweise sehr ins Detail. Für einen Club, der zum ersten Mal eine Zertifizierung vor sich hat, kann der Kriterienkatalog aber auch eine Orientierung oder Inspiration sein, welche Angebote und Maßnahmen in einem LZ möglich sind. Zwischen Clubs, die gerade erst dabei sind, ihre Nachwuchsarbeit zu professionalisieren und Clubs, die seit Jahren intensiv in den eigenen Nachwuchs investieren, kann es gerade im Bereich Personal große Unterschiede geben. Die Anzahl der in Vollzeit angestellten Mitarbeiter für das LZ differiert sehr stark.

SPOX: Hilft Ihre Agentur solchen Vereinen beim Aufbau eines LZ?

Bonarius: Aktuell sind wir mit der Zertifizierung der Leistungszentren beauftragt und eine direkte Beratung für einzelne Clubs ist damit ausgeschlossen. Natürlich bekommen die Clubs nach einer Zertifizierung einen detaillierten Bericht mit Empfehlungen zur Weiterentwicklung. Zusätzlich werden diese Inhalte in den Post-Audits mit den Clubs besprochen.

SPOX: Derzeit sind LZ nur für die oberen zwei Spielklassen verpflichtend. Fänden Sie das auch für die 3. Liga sinnvoll?

Bonarius: Viele Clubs in der dritten Liga haben schon jetzt ein eigenes LZ. Es ist schwierig zu sagen, ob man die Clubs dazu verpflichten sollte. Durch eine Verpflichtung kann sichergestellt werden, dass eine Mindestanforderung gegeben ist, allerdings funktioniert die Nachwuchsarbeit nur wirklich, wenn der Club inhaltlich voll dahinter steht und es ein wichtiger Teil des eigenen Konzepts für den Gesamtverein ist.

SPOX: Hat Deutschland mit der verpflichtenden Zertifizierung ein Alleinstellungsmerkmal oder ist das auch in anderen Ländern gängig?

Bonarius: Double PASS führt dieses Konzept nicht nur in Deutschland, sondern beispielsweise auch in England, Dänemark, Japan oder den USA durch.

SPOX: Mit den identischen Kriterien?

Bonarius: Vom Grundprinzip sind die Prozesse sehr ähnlich, die Kriterien werden aber natürlich von Land zu Land angepasst. Es gibt überall verschiedene Voraussetzungen, etwa hinsichtlich des Schulsystems. Es erfolgt immer eine Anpassung an die jeweiligen Landesspezifika. Obwohl unser Firmensitz in Belgien ist, sind die Personen, die in die jeweiligen Zertifizierungen involviert sind, immer Einheimische, weil die Sprache und Wissen über die entsprechende Nation ganz entscheidend sind.

SPOX: Gibt es mittlerweile ähnliche Agenturen?

Bonarius: Das entwickelt sich gerade. Es gibt Firmen, die sich ebenfalls in der Nische Qualitätsmanagement im Sport aufstellen. Einige spezialisieren sich dabei verstärkt im Bereich Consulting mit direkten Beratungsangeboten für Clubs.

SPOX: Wie viele Mitarbeiter sind bei Double PASS für den deutschen Bereich zuständig?

Bonarius: Wir sind aktuell vier Personen.

SPOX: Wie angesehen sind deutsche LZ im europäischen Vergleich?

Bonarius: Wir müssen uns jedenfalls nicht verstecken. Die Ausbildung der talentierten Spieler ist insgesamt auf einem sehr hohen Niveau in Deutschland. Die englischen Vereine verfügen aber über enorme Gelder und Personalressourcen. Die Infrastruktur ist beeindruckend und auf einem höheren Niveau als in Deutschland. Ich glaube, dass dort ebenfalls viel passieren kann.

SPOX: Sie sagen "kann". Was macht England denn im Moment falsch?

Bonarius: Der allgemeine Prozess wurde in Deutschland mit der Einführung der LZ 2001 einfach viel früher gestartet und hat dann mit den verpflichtenden Zertifizierungen nochmal Rückenwind bekommen. Es ist einfach ein Prozess, der acht bis zehn Jahre braucht, ehe eine deutliche Entwicklung feststellbar ist.

SPOX: Fürchten die deutschen Vereine ihre englischen Konkurrenten?

Bonarius: Ich habe schon von deutschen LZ-Leitern gehört, dass sie spüren, was dort passiert. Scouts aus England sind auch nachweislich immer häufiger bei Jugendspielen in Deutschland. Welche konkreten Auswirkungen das haben wird, muss man abwarten. Ich kann allerdings nicht bestätigen, dass die Vereine Angst haben.

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